Willkommenskultur mit 2 Jahren Wartezeit?

von Ria Garcia

Foto: aykapog auf Pixabay

„Von einer vorzeitigen Antragstellung unter Berufung auf die Gesetzesänderung raten wir dringend ab“, heißt es auf dem Homepage vom Kreis Mettmann zum Thema Einbürgerung.

Der Kreis führt aus, dass durch die Gesetzesänderung mit weiteren Verzögerungen der Bearbeitung aller Anträge gerechnet werden muss. Schon jetzt liegen die Bearbeitungszeiten bei über einem Jahr, wird ausgeführt. Mit diesen Bearbeitungszeiten ist der Kreis Mettmann kein Einzelfall. Schon vor einem Jahr berichtete das ZDF, dass viele Menschen in Großstädten ein oder auch anderthalb Jahre auf die Einbürgerung warten müssen. Aber wie lange werden Menschen, die eine Einbürgerung anstreben nun künftig warten müssen, wenn im Kreis schon jetzt eine Bearbeitungszeit von über einem Jahr angegeben wird? Die Gesetzesänderung dürfte bewirken, dass deutlich mehr Menschen einen Antrag stellen werden. Warten sie dann künftig anderthalb oder gar zwei Jahre oder vielleicht noch länger? Wir werden versuchen diese Fragen in der kommenden Woche mit der Kreisverwaltung zu klären und deren Einschätzung hier zu ergänzen.

Geschaffenes Recht und fehlende Werkzeuge / Personal?

Die Gesetzesänderung sollte Gutes bewirken. Nancy Faeser, Bundesministerin des Innern und für Heimat der Bundesrepublik Deutschland, nannte es „Wertschätzung für Menschen, die ins Land kommen“. Nur, wie will man das Gute erreichen und die Wertschätzung zeigen, wenn es in den Kommunen offensichtlich an Personal fehlt, die Einbürgerungsanträge in der Geschwindigkeit, wie sie eingehen, auch abzuarbeiten?

Ein Weg wäre vielleicht die digitale Antragstellung, die im Rahmen des Online-Zugangsgesetzes ja auch kommen müsste/sollte. Es gibt sie sogar schon, aber leider nicht überall. Zum Zeitpunkt unserer Recherche waren es gerade einmal zehn Kommunen, Landkreise oder Stadtstaaten. Der Kreis Mettmann ist nicht dabei. Dabei könnte die Online-Antragstellung die Kommunen und natürlich auch des Kreis Mettmann bei der Flut der Anträge entlasten. Ein großer Teil unserer türkischen Mitbürger, die bisher gezögert haben sich einbürgern zu lassen, weil sie ihre türkische Staatsbürgerschaft hätten abgeben müssen und damit nicht mehr in der Lage gewesen wären für ihre in der Türkei verbliebenen Eltern / Verwandten etwas in der Türkei zu regeln, sind durchaus in der Lage sich in einem Online-Verfahren zurecht zu finden. Auf der Seite des BAMFs gibt es sogar die Möglichkeit den notwendigen Einbürgerungstest (den wahrscheinlich viele Deutsche auf Anhieb nicht bestehen würden) online zu üben.

Wann kommt der Online-Einbürgerungsantrag für alle?

Die entsprechende Seite im Netz gibt es und an gerade einmal zehn Orten ist die Online-Antragstellung offensichtlich auch schon möglich. Wir haben recherchiert, wie es in NRW mit dem Antragsservice aussieht. Der Online-Einbürgerungsantrag war/ist ein Pilotprojekt, dass im Juli 2021 an den Start ging. Fast drei Jahr später hätte man als Bürger erwartet, dass das Pilotprojekt beendet ist und die Erfahrungen der Kommunen längst in ein ‚Go live‘ für alle anderen Kommunen eingeflossen wären. Passend zur Gesetzesänderung wäre das ein guter Start gewesen, der eine Willkommenskultur spiegelt. Aber offensichtlich ist das alles noch nicht soweit. Woran es bisher scheitert oder ob das Pilotprojekt insgesamt gescheitert ist, wissen wir nicht, aber auch dieser Frage wollen wir weiter nachgehen.

Auf der Homepage des Ministeriums in NRW heißt es dazu unter dem Punkt digitale Antragstellung:
Künftig sollen Einbürgerungsinteressierte auch online einen Antrag stellen können. In NRW wurden im Rahmen der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes die ersten Grundlagen für die digitale Antragstellung gelegt.
Der digitalen Antragstellung soll ein sogenannter Quickcheck vorgeschaltet werden. Dieser soll eine erste Möglichkeit sein, mit der interessierte Personen mit einfachen Fragen ihre Chancen auf eine erfolgreiche Einbürgerung prüfen können, bevor sie entsprechende Anträge stellen.

Wann „künftig“ aus Sicht des Ministeriums sein wird, ist dort leider nicht zu entnehmen.

Einbürgerung in Erkrath

Bei all dem ist die Einbürgerung für Menschen in Erkrath noch mit einer weiteren Hürde versehen. Während Einbürgerungswillige aus Haan, Heiligenhaus, Hilden, Langenfeld, Mettmann, Monheim a.R. und Wülfrath für die Antragstellung Termine bei der Stadtverwaltung Ihres Wohnortes vereinbaren können, ist das in Erkrath seit einiger Zeit nicht mehr möglich. Erkrath hat sich den Städten Velbert und Ratingen angeschlossen, die aber in der Vergangenheit über Kreis-Service-Center verfügten in denen die Anträge angenommen wurden. Nach deren Schließung hatten es die beiden Städte abgelehnt die Aufgaben in den Rathäusern zu übernehmen, da sowohl die Räumlichen als auch die personellen Kapazitäten fehlten. Erkrath war die einzige Stadt, die den bis Ende Juni 2022 bestehenden Service im Rathaus nicht weitergeführt hat. Einbürgerung für Erkrather dauert seit dem noch länger. Daran haben auch Anträge zur Wiederaufnahme des Service nichts geändert. Sie wurden mehrheitlich abgelehnt.

Bleibt zu hoffen, dass es kurz- bis mittelfristig Änderungen gibt, die die Bearbeitungsdauer verkürzen, damit Menschen die sich einbürgern lassen möchten, nicht so unendlich lange darauf warten müssen und am Ende doch noch ein bisschen mehr Willkommenskultur erfahren.

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