Tierschützer fassungslos zur Taubenhaus-Entscheidung

Dieses Bild wird auch in Hochdahl bleiben. Statt Art-gerechter Fütterung im Taubenhaus lesen die Stadttauben die 'Brotkrumen' auf, die Passenten zurücklassen oder hinwerfen. Foto: Manfred Richter auf Pixabay

Für den Bau eines Taubenhauses und Art-gerechtes Futter wollten sie bereits selbst aufkommen, nun aber lehnte der Rat auch die Übernahme von jährlich 7.000 Euro für die Betreuung ab.

Es hätte alles gut werden können. Einen Standort hatten die Tierschützer für das Taubenhaus bereits gefunden. Den Bau wollten sie selbst finanzieren und auch das Geld für das Futter aus Spenden und Eigenmitteln aufbringen. Da im Tierschutzverein Erkrath keine jungen Mitglieder aktiv sind, die sich auch um Fütterung, Tausch der Eier gegen Attrappen und Beseitigung des Kots hätten kümmern können, wäre der Tierschutzverein Düsseldorf mit personeller Unterstützung eingesprungen. Das sollte über einen Minijob geregelt werden und genau dafür erbat man von der Stadt den jährlichen Zuschuss von circa 7.000 Euro. Mit welchem Betrag bisher die Beseitigung von Kot auf dem Hochdahler Markt zu Buche schlägt, wurde nicht erörtert.

Rückblick

Recherchiert man im Ratsinformation mit dem Suchwort Tauben, ist die älteste Erwähnung von Oktober 2010. In der Vorlage 181/2010 ging es um den Hochdahler Markt und die Hochdahl-Arkaden. Neben Mängeln des Bodenbelags wurde auch die Verunreinigung durch Tauben thematisiert, deren Population mit etwa 300 angegeben wurde. In der Vorlage 7/2011 wird erstmals ein Taubenhaus als Möglichkeit die Population zu kontrollieren erwähnt, aber als ‘kostengünstige Alternative’ auch der Einsatz eines Falkners genannt. Eine Entscheidung wird im März 2011 vertagt und die Verwaltung beauftragt Kosten für einen Falkner zu ermitteln, Tierschutzbedenken zu klären und und Kontakt zu dem Verein Düsseldorf Stadttiere aufnehmen. Im Januar 2012 stand das Thema dann erneut auf der Tagesordnung. Eine Abstimmung gab es offenbar nicht.

Ein Bürgerantrag brachte das Thema im Dezember 2020 (Vorlage 308/2020) erneut auf die Tagesordnung und wurde in den Ausschuss für Umwelt und Planung im April 2021 (Vorlage 85/2021) verschoben und dort mit einem weiteren Bürgerantrag zur Behandlung der Stadttauben behandelt. Hier wurde die Verwaltung schließlich mit einer Bestandsschätzung beauftragt und ein Antrag der Grünen beschlossen, der die Verwaltung beauftragte die Kosten für die Errichtung eines Taubenhauses zu ermitteln. (Beschluss)

Dann hörte man erst einmal nichts mehr, bis die Fraktion Die Grünen/Bündnis 90 das Thema im Juli 2022 wieder in Erinnerung brachte, um zu erfahren, was inzwischen von der Verwaltung unternommen wurde. Gleichzeitig stellte die Fraktion einen Antrag zur Errichtung eines Taubenhauses. (Vorlagen 130/2022 und 138/2022) Trotz 300 Unterschriften von Anwohnern und Geschäftsleuten am Hochdahler Markt, die die Initiative übergeben konnte, stimmte der Ausschuss für Umwelt und Planung in der Sitzung schließlich für den Beschlussvorschlag der Verwaltung. (Wir berichteten.) Da gegen den Beschluss Einspruch erhoben wurde, stand das Thema gestern erneut auf der Tagesordnung.

Beratung und Abstimmung in der Ratssitzung am 27. Oktober

Nach der Entscheidung im August hatte sich Bürgermeister Christoph Schultz mit den Tierschützern getroffen und sich mit Ihnen ausgetauscht. “Er zeigte wirklich Verständnis für unser Anliegen”, sagte uns Bibi Potzél, die den Bürgerantrag zur Errichtung eines Taubenhauses im letzten Jahr gestellt hatte und so war es auch der Bürgermeister, der nach Aufrufen des Tagesordnungspunktes den Sachstand mitteilte, der nun nur noch 7.000 Euro jährliche Kostenübernahme durch die Stadt zum Gegenstand der Entscheidung machte.

“Wir begrüßen, dass Gespräche stattgefunden haben”, äußerte sich Peter Knitsch. “Ich appelliere an CDU und SPD, die sich in Mails negativ zu dieser Kostenübernahme geäußert haben, das noch einmal zu überdenken.” Er führte an, dass die kleine Summe in keinem Verhältnis zu dem Leid stünde, dass den Tieren durch Vergrämung und Fütterungsverbote zugefügt werde.

Auch das Ehepaar Korsthorst wohnte der Sitzung wieder bei. “Wir würden den Kompromiss annehmen und weiter versuchen die finanziellen Löcher zu stopfen”, erklärte er im Namen der Tierschützer. Verwunderung drückte er noch einmal darüber aus, dass der ursprüngliche Bürgerantrag aus dem letzten Jahr ‘einfach so verschwunden’ sei, bis die Grünen daran erinnert hätten. Zu den Erfolgen eines Taubenhauses berichtete er, dass in Düsseldorf inzwischen rund 70 Tsd. Taubeneier ausgetauscht wurden. “Ein Dachdecker hat mir berichtet, dass in Hochdahl schon Rattengift in Dachrinnen ausgestreut wird. Das ist dann auch eine Gefahr für alle anderen Vögel”, berichtete er, dass die ‘Taubenbekämpfung’ in Hochdahl schon bedenkliche Formen angenommen hätte. Auch Bibi P. meldete sich zu Wort: “Ich werde schon von Geschäftsleuten angesprochen, wann das Taubenhaus denn nun kommt.”

Ralf Lenger (FDP) äußerte Bedenken, dass ein Taubenhaus wirksam etwas verändern würde. “Die Leute werden die Tauben trotzdem füttern.” Er plädierte dafür dass die Stadt eher für die einmaligen Kosten eintreten solle, die die Errichtung eines Taubenhauses entstehen lassen, als für eine regelmäßige Verpflichtung für die Personalkosten zur Betreuung. Bernhard Osterwind (BmU) pflichtete ihm in sofern bei: “Wie kann es sein, dass wir weitere Leistungen aufnehmen, wo wir an anderer Stelle sparen.” Dennoch halte seine Fraktion den Tierschutz für ein Rechtsgut mit hohem Stellenwert, weshalb sie zustimmen würden. Er wünschte sich allerdings regelmäßige Berichte (alle fünf Jahre) des Tierschutzes über die Entwicklung. Die Effekte in Großstädten würden zeigen, dass es funktioniert. Das Fütterungsverbot könne aus seiner Sicht bleiben, wenn die Tiere im Taubenhaus gefüttert werden.

“Das kommt nicht oft vor, aber ich stimme Ralf Lenger vollkommen zu”, sagte Detlef Ehlert. “Dem Tierschutz fehlt der Nachwuchs und dann haben wir das irgendwann doch wieder alles an der Backe”, äußerte er Bedenken. Das wolle die SPD so nicht und würde deshalb nicht zustimmen. Reinhard Knitsch zitierte von den Erfolgen an anderen Orten aus einer Fachzeitschrift, die den Ratsmitgliedern von den Tierschützern zur Verfügung gestellt wurde und appellierte an den Rat zuzustimmen.

In der anschließenden Abstimmung wurde die Übernahme von 7.000 Euro jährlich mehrheitlich vor allem mit den Stimmen aus CDU, SPD und FDP abgelehnt. Eine Ausnahme bildeten Regina Wedding und der Bürgermeister, die dafür gestimmt hatten. Enttäuscht verließen die Tierschützer daraufhin die Ratsitzung.

Was bestehen bleibt, ist der Beschluss aus August, der Vergrämungsmaßnahmen und das Fütterungsverbot beinhaltete, aber ist das rechtlich überhaupt haltbar? Ein Gutachten der Tierschutzbeauftragen des Landes Berlin, Dr. Kathrin Herrmann, kommt zu einem anderen Schluss. National Geographic berichtete im Februar darüber. Mehr darüber in einem 46 Seiten umfassenden PDF, der Berliner Tierschutzbeauftragten.

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