Taubenhaus: Kosten vs Tierschutz

von Ria Garcia

350 Unterschriften von Anwohnern und Geschäftsleuten übergibt die Intiative Taubenhaus zu Beginn der Sitzung der Verwaltung. Foto: Ria Garcia

Tierschutz hat in Erkrath keine besonders große Lobby, dass mussten Bürger am vergangenen Mittwoch im Ausschuss für Umwelt und Planung zur Kenntnis nehmen.

„Wir haben 350 Unterschriften bei Anwohnern und in den Geschäften rund um den Hochdahler Markt gesammelt. Die möchten wir gleich der Verwaltung übergeben“, sagte uns Ehepaar Korthorst vor Sitzungsbeginn. Sie wünschen sich eine unter dem Tierschutzgedanken stehende Lösung für die vielen Tauben am Hochdahler Markt. Etwa 15 Unterstützer der ‚Initiative Taubenhaus‘ nahmen als Besucher an der Sitzung teil. Noch einmal viele waren wegen der ‚Hasenwiese‘ da, über die wir getrennt berichten.

Taubenhaus – kein neues Thema

Bereits in 2011 (Vorlage 7/2011) beschäftigte sich die Verwaltung mit der Taubenpopulation auf dem Hochdahler Markt und den Arkaden (Europaplatz). Damals nannte die Verwaltung neben der Möglichkeit ein Taubenhaus einzurichten alternativ den Einsatz eines Falkners, um die Tauben zu vertreiben. Im Ausschuss wurde das Thema schließlich mit einem Klärungsauftrag an die Verwaltung vertagt. 2012 landete das Thema erneut, mit einer ergänzten Vorlage, auf der Tagesordnung. Es wurde zwar beraten, ein Beschluss wurde allerdings nicht gefasst, da es nach damaliger Einschätzung fast keine Tauben mehr auf dem Markt gäbe.

Rund 10 Jahre später, April 2021, landete das Thema Taubenhaus dann aufgrund von zwei voneinander unabhängigen Bürgeranträgen erneut auf der Tagesordnung des Ausschusses (wir berichteten). Die Verwaltung wurde mit einer Bestandsschätzung der Taubenpopulation und der Prüfung zur Errichtung eines Taubenhauses in der Nähe des Hochdahler Markts beauftragt.

Ist eine für Mensch und Taube verträgliche Lösung in Sicht?

Nach mehr als einem Jahr beantragte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nun, dass die Verwaltung im Ausschuss für Umwelt und Planung berichten sollte, was seit dem geschehen sei. Eine Schätzung des Taubenbestands war nicht erfolgt. Die Stadt gab an, keinen geeigneten Dienstleister gefunden zu haben und nannte eine Zahl von 100 Tauben, die die Antragstellerin (Bürgerantrag) in ihrem Antrag genannt hatte. 2011 stand schon einmal die Zahl von 300 Tauben im Raum. In der Verwaltungsvorlage (130/2022) wurden schließlich auch die möglichen Kosten zur Errichtung und Unterhaltung eines Taubenhauses genannt. Mit 10 bis 15 Tsd. Euro wurde die Errichtung veranschlagt, monatlich 1.200 Euro wurden für Futter, Fütterung und Säuberung geschätzt. Laut Verwaltung seien die Errichtungs- und Folgekosten im Verhältnis zum Nutzen zu bewerten, sodass der Beschlussvorschlag der Verwaltung lautete:

Zur Vergrämung von Tauben auf dem Hochdahler Markt sind weitere Maßnahmen – auch mit privaten Grundstückseigentümern – anzustreben. Das Fütterungsverbot ist konsequent durchzusetzen und Futterquellen sind zu beseitigen. Auf die Errichtung eines Taubenhauses wird daher zum jetzigen Zeitpunkt verzichtet.

Wie angekündigt wurde zu Beginn des Tagesordnungspunkts die Unterschriften an die Verwaltung übergehen. Vereinbart wurde darüber hinaus, dass in der anschließenden Diskussion jede Fraktion einmal zu Wort kommt und dann in einer Sitzungsunterbrechung auch die Anwesenden Besucher Rederecht erhalten.

Peter Knitsch (Grüne) argumentierte für die Errichtung eines Taubenhauses und konnte nicht verstehen, dass gerade an dieser Stelle mit den Kosten argumentiert werde, hier ginge es vor allem um den Tierschutz. Hans-Georg Saur (FDP) tat kund, dass die Errichtung eines Taubenhauses aufgrund der Kosten abzulehnen sei. „Da sind mit die Erkrather Steuerzahler lieber.“ Helmut Rohden (CDU) erinnerte an die Ausschusssitzung im letzten Jahr, in der auch der Düsseldorfer Tierschutzverein zu Wort kam. „Dabei ist nicht klar geworden, ob die Taubenpopulation damit langfristig dezimiert werden kann.“ Mit Blick auf die freiwillige Haushaltssicherung sah er die Kosten als nicht vertretbar. Hans-Dieter Hall (AfD) fragte, wo die Leute seien, die die Tauben füttern und die Eier austauschen. „Was nutzt es, wenn ein Taubenhaus gebaut wird und keiner geht hin.“ Peter Urban (SPD) tat kund, dass er Tauben gut fände, wenn sie bei ihm zu Hause auf dem Baum säßen, nicht aber auf dem Pflaster, das sie dann verunreinigen. Markus Lenk (Die Linke) berichtete, dass seine Fraktion recherchiert habe und bei der Stadt Augsburg eine Lösung mit Taubenschlägen gefunden hätten, die deutlich billiger zu bauen seien. „Man muss nur die passenden Plätze finden. Ich empfehle der Verwaltung, sich mit der Stadt Augsburg in Verbindung zu setzen und sich zu informieren.“ Bernhard Osterwind (BmU) ist der Meinung, dass ein Taubenhaus in der Stadt nicht ausreichen wird, auch in Alt-Erkrath und Unterfeldhaus müsse langfristig darüber nachgedacht werden.

Tauben sind sich als Paar ein Leben lang treu, erklärte Christa Becker, Vorsitzende
des Tierschutzvereins Erkrath, in ihrem Redebeitrag.
Foto: Ashithosh U. / Pexels

Die Bürger kommen zu Wort

Christa Becker, Vorsitzende des Tierschutzvereins Erkrath, ergriff schließlich als erste das Wort. Sie erinnert daran, wie lange es gedauert habe, bis die Kastrationspflicht für Katzen eingeführt worden sei. „Die war ein voller Erfolg“, kann sie berichten. „Jetzt geht es um die Tauben.“ Christa Becker macht noch einmal deutlich, wie sehr die Zahl der Stadttauben mit den Brieftauben in Zusammenhang steht. „60 Prozent der Brieftauben geht auf dem Rückflug verlustig.“ Sie erklärt, dass Tauben die ihren Weg in den heimischen Taubenschlag nicht zurückfinden, die ‚Looser‘ und damit wertlos für den Züchter sind.

Sie appelliert an den Ausschuss der Einrichtung eines Taubenhauses zuzustimmen. „Unsere Mitglieder sind nicht die jüngsten, sodass wir die Pflege eines Taubenhauses nicht selbst übernehmen könnten, aber wenn die Stadt für die Pflege sorgt, machen wir uns für die Finanzierung eines Taubenhauses am Hochdahler Markt stark“, bietet sie an und schließt mit den Worten „Ich hoffe, Sie werden nie als Taube wiedergeboren.“

In weiteren Redebeiträgen von Bürgern erfahren die Ausschussmitglieder, dass Stadttauben sehr ortstreu sind und immer wieder brüten. „Vergrämung erzeugt Leid.“ Tauben, die artgerecht gefüttert würden, hätten normalen Taubenkot, der fest und hart sei. Die Antragstellerin aus dem letzten Jahr, wies noch einmal darauf hin, dass der Tierschutzverein Düsseldorf bereit wäre, in diesem Projekt mit Erkrath zusammenzuarbeiten. Als optimalen Standort hatte man die Wiese hinter dem Bürgerhaus und dem TSV ausgemacht.

„Dachstandorte haben wir nach Rücksprache mit dem Tierschutzverein Düsseldorf ausgeschlossen. Wegen der schweren Futtersäcke, aber auch wegen des abzutransportierenden Kots. Die Standort von Taubenhäusern sollten darüber hinaus gut anfahrbar sein“, ließ Jörn Wessendorf, Fachbereichsleiter Stadtplanung, den Ausschuss wissen. Die Betreuung könne vom Tierschutzverein Düsseldorf übernommen werden, wenn Erkrath für die Kosten aufkäme. Ralf Lenger (FDP) fand die Idee des Taubenhauses gut. Eine einmalige Investition sei auch okay, aber keine dauerhaften Kosten. Ein angeregter Runder Tisch mit Bürgern, an dem gemeinsam nach Lösungen gesucht werden könnte, fand keine Mehrheit.

Kein Taubenhaus für Erkrath

Bürgermeister Christoph Schultz sprach sich schließlich noch einmal dafür aus, der Taubenproblematik durch Vergrämungsmaßnahmen und Fütterungsverbote zu begegnen und so fand der oben genannte Verwaltungsvorschlag schließlich – zur Entrüstung der Anwesenden Bürger der Intitiative Taubenhaus – eine Mehrheit und Erkrath bekommt wohl auch in den nächsten 10 Jahren kein Taubenhaus. Während die Mitglieder der Initiative die Stadthalle verließen, eilte Bürgermeister Christoph Schultz ihnen hinterher. Die Sitzung lief aufgrund der fortgeschrittenen Stunde weiter, während draußen noch lautstark diskutiert wurde.

Als wir etwas später die Sitzung verließen, trafen wir die Mitglieder der Initiative und auch die ursprüngliche Antragstellerin noch vor der Stadthalle. Letztere kämpfte mit den Tränen, ob so viel Missachtung von Tierschutz. „Dieser Beschluss bedeutet, dass die Tauben hungern und leiden müssen und an der Verschmutzung am Hochdahler Markt wird sich auch nichts ändern.“ Das Ehepaar Korthorst, das zu Beginn der Sitzung 350 Unterschriften von Anwohnern und Geschäftsleuten übergeben hat, konnte auch nicht fassen, was gerade entschieden wurde.

Es geht auch anders
Recherchiert man ein wenig zum Thema Taubenhaus, bemerkt man schnell, dass es auch anders geht. Nicht nur Düsseldorf hat Taubenhäuser eingerichtet, auch in Wuppertal gibt es sie schon seit Jahren und auch die Stadt Neuss setzt man auf Taubenhäuser hat sogar einen Taubenschlag auf dem Dachboden des Neusser Rathauses untergebracht. Darüber hinaus finden sich auf der Homepage vorbildliche Erklärungen zum Taubenprojekt. Es gibt viele weitere Projekte. Hier sind nur einige wenige in der näheren Umgebung genannt.

Die ‚weiße‘ Taube ist ein Symbol für Frieden, aber die meisten Menschen haben verlernt, das mit der ‚lebenden Taube‘ zu verbinden. Die Taube ist als Brieftaube teil unseres immateriellen Kulturerbes und die Beringung ist die Garantie für eine gesunde und artgerechte Fütterung, solange die Brieftaube ihren Weg in den heimischen Taubenschlag immer wieder zurückfindet. Tut sie es nicht, lebt sie möglicher Weise bald in der Stadt bei den vielen anderen Tauben, die als ‚Ratten der Lüfte‘ beschimpft werden und sich von Essensresten ernähren, die der Mensch achtlos zurück lässt. Dadurch oft krank und geschwächt, sorgen sie dennoch unermüdlich für Nachwuchs. Stadttauben sind keine ‚Wildtiere‘. Anders als Stadttauben meiden Wildtauben den Menschen.

1 Kommentar

  1. Die Ratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat gegen den Beschluss des Ausschusses, kein Taubenhaus einzurichten, Einspruch eingelegt. Das Thema wird daher in der öffentlichen Ratssitzung am 06. September (Stadthalle Erkrath, 17:00 Uhr) erneut behandelt. Wir appellieren an den Bürgermeister und die anderen Fraktionen, ihre negative Haltung zu überdenken und im Sinne des Tierschutzes zu handeln! Durch das großzügige Angebot des Tierschutzvereins, die Investitionskosten für das Taubenhaus zu tragen, sind die Kosten für die Stadt überschaubar!

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*