Sorgenkind: Krankenhäuser und Notfallversorgung im Kreis

von Ria Garcia

Foto: Jana Witt

Ratingen | Kaum ist der Schreck über die Insolvenz der Kplus-Gruppe verdaut, in der letztendlich das Haaner Krankenhaus schließen musste und nur das Hildener einen neuen Träger fand, da droht die nächste Schließung in Ratingen.

Das St. Marien Krankenhauses in Ratingen hat ein Schutzschirmverfahren beantragt. Die Suche nach einem Investor oder neuen Träger brennt. Die Suche läuft schon länger, bisher erfolglos. Inzwischen ist die finanzielle Schieflage so groß, dass es ohne Schutzschirmverfahren nicht mehr geht. Für drei Monate sind die Gehälter der Mitarbeitenden, die eine Abtretungserklärung unterzeichneten, gesichert. Wenn bis dahin keine Lösung gefunden ist, könnte es eng werden.

Ist das St. Marien Krankenhaus nach dem St. Josef Krankenhaus in Haan, das nächste Krankenhaus das schließen muss? Die Schließung hätte nicht nur Auswirkungen für die mehr als 87 Tsd. Einwohnerstadt Ratingen, sie beträfe den gesamten Kreis mit seiner niedrigen Krankenhausbettendichte. Immer öfter stehen Rettungsdienste vor der Herausforderung, dass sie nicht die nächstgelegenen Krankenhäuser anfahren können, weil die Kapazitäten erschöpft sind. Die Belegschaft des St. Marien Krankenhaus kämpft auch deshalb um ‚ihr Krankenhaus‘ und hat eine Petition gestartet, die innerhalb weniger Tage schon mehr als 7.500 Mitzeichner gefunden hat. Wir haben mit einer Intensivkrankenschwester gesprochen, die seit mehr als drei Jahrzehnten in Ratingen tätig ist.

Was wird aus den Senioren?

Andrea ist seit 35 Jahren Intensivkrankenschwester in Ratingen. Neben dem Krankenhaus gehören zum Träger St. Marien-Krankenhaus GmbH auch noch ein Seniorenheim und eine Haus, das Wohnen mit Service für Senioren bietet. Andrea sorgt sich vor allem um die Senioren, die im Notfall eine schnelle Versorgung im St. Marien-Krankenhaus erfahren. „Ratingen ganz ohne Notfallversorgung ist nicht vorstellbar. Schon jetzt weiß die Leitstelle oft nicht wohin mit den Notfällen“, schildert sie ihre Gedanken. Sie selbst schätzt die Arbeit in einem Krankenhaus für die Grund- und Regelversorgung, vor allem die fast schon familiäre Atmosphäre, die auch Patienten spüren. Das Krankenhaus ist in ihren Augen nicht nur für die Senioren in den angeschlossenen Einrichtungen wichtig. „Es ist das einzige Krankenhaus in einer fast 90 Tsd. Einwohnerstadt. Unser Haus kooperiert darüber hinaus auch mit dem Fliedner Krankenhaus (Anm. d. Red.: Krankenhaus für psychische und psychosomatische Erkrankungen), das seine Notfälle zu uns schickt.“ Andrea und ihre Kollegen sehen tagtäglich, wie schwierig die Notfallversorgung im Kreis ist. „Die Rettungswagen haben oft Schwierigkeiten schnell ein Krankenhaus zu finden, das sie anfahren können“, sorgt sich Andrea auch um die Gesamtsituation im Kreis.

Ein Blick zurück auf die Kplus-Insolvenz

Der Kreis Mettmann hat eine vergleichsweise niedrige Krankenhausbettendichte. Entsprechend groß war die Sorge in der Bevölkerung, als die Nachricht der Insolvenz der Kplus-Gruppe, ehemaliger Träger des St. Josef Krankenhaus in Haan und des St. Josefs Krankenhaus in Hilden, durch die Medien ging. Ohne eigenes Krankenhaus fühlten sich auch Erkrather von den drohenden Schließungen betroffen. Das Haaner Krankenhaus ist inzwischen Geschichte, dort entsteht eine Praxisklinik für ambulante Operationen. Das Hildener Krankenhaus wurde von den Franziskanerinnen zu Olpe übernommen und bildet nun gemeinsam mit dem Langenfelder Krankenhaus die die GFO Kliniken Mettmann-Süd. Wir berichteten im Zusammenhang mit den geplanten Erweiterungen am EVK Mettmann.

Ein Vergleich der Krankenhausbettendichte

Die Zahl der über 65-jährigen im Kreis ist hoch. Eine wohnortnahe Notfallversorgung deshalb umso wichtiger. Schon mehrfach wurde die vergleichsweise niedrige Krankenhausbettendichte im Kreis erwähnt. Was aber heißt ‚vergleichsweise niedrige Krankenhausbettendichte‘? Wir haben recherchiert und versucht die Zahlen zusammenzutragen. Statista.com liefert eine Übersicht nach Bundesländern und deutschlandweit. Die Bettendichte ist pro 100 Tsd. Einwohner (Stand 2022) angegeben. Deutschlandweit lag sie bei 573,3 pro 100 Tsd. Einwohner. NRW liegt in der Statistik mit 625,9 im Mittelfeld. Die höchste Bettendichte hat mit 715,4 Thüringen, die niedrigste mit 478 Baden-Württemberg.

Und wie hoch ist die Bettendichte im Kreis?

In Tabellen haben wir die recherchierten Zahlen zu den Krankenhäuser im Kreis zusammengetragen. Ob die Zahl der Intensivbetten nach dem Zusammenschluss der Krankenhäuser in Hilden und Langenfeld so noch stimmt oder ob möglicherweise auch hier eine Aufstockung der Bettenzahl geplant ist, ließ sich über den aktuellen Internetauftritt der Häuser nicht ermitteln, so dass wir die Zahlen ersteinmal unverändert übernommen haben.

Wir haben anhand der verfügbaren Zahlen die Krankenhausbettendichte vor der Kplus-Insolvenz errechnet, die Zahlen nach dem Wegfall des Haaner Krankenhauses festgehalten, die Zahlen mit der geplanten Aufstockung im EVK dargestellt und die möglichen Zahlen nach Wegfall des Ratinger Krankenhauses festgehalten.

Bleibt Ratingen erhalten, kommt der Kreis Mettmann – nach Aufstockung der Bettenzahl im EVK Mettmann, die noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird – auf 284,2 Betten pro 100 Tsd. Einwohner. Für einen dichtbesiedelten Kreis mit einem großen Bevölkerungsanteil an über 65-jährigen eine extrem niedrige Bettendichte im Vergleich zum Bundesdurchschnitt. Schließt Ratingen, sinkt die Bettendichte noch weiter auf 245,2 Betten pro 100 Tsd. Einwohner.

Demonstration für den Erhalt des Ratinger Krankenhauses

Neben der laufenden Petition soll es eine Demonstration für den Erhalt des Ratinger Krankenhauses geben. Der Termin wird noch rechtzeitig bekannt gegeben. Die Initiatoren hoffen auf zahlreiche Teilnahme, damit sich die Situation im Kreis für Patienten nicht noch weiter verschlechtert.

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