Höhere Unfallzahlen, vor allem bei Pedelecs

Landrat Thomas Hendele und Heiner Mies (Leiter Direktion Verkehr) bei der Präsentation der Verkehrsunfallzahlen 2022. Foto: RG

Mit einem Plus von 6,37 % bei den Verkehrsunfallzahlen kündigte sich im letzten Jahr die Rückkehr ‘zur Normalität’ nach Corona an. In Erkrath stiegen die Zahlen sogar um 9,7 %.

Die gute Nachricht für Erkrath: Im vergangenen Jahr gab es in der Stadt keine Verkehrsunfälle mit Todesfolge. “Wir haben wieder steigende Unfallzahlen, aber noch weit unter denen von 2018 und 2019”, kommentierte Landrat Thomas Hendele die Entwicklung im Kreis. 2020 und 2021 lagen die Zahlen Corona-bedingt durch deutlich weniger Verkehr auf den Straßen entsprechend niedrig. Auch wenn in Erkrath im letzten Jahr niemand bei einem Unfall zu Tode kam: Kreisweit starben 12 Menschen. Davon sei immer noch jeder einzelne einer zu viel, so Hendele. “Wenn man überlegt, dass wir der dicht besiedelte Kreis Deutschlands sind und dazu noch ein typischer Transitkreis, sind das immer noch sehr, sehr gute Zahlen”, erklärt Hendele. Bei der Verunglücktenhäufigkeitszahl (VHZ – Verunglückte pro 100 Tsd. Einwohner) liegt der Kreis Mettmann mit 346 auch deutlich unter der Zahl von NRW (433). Hendele dankte den Mitarbeitern im Bereich Verkehr, die mit ihrer Präventionsarbeit einen wichtigen Anteil an den insgesamt gemäßigten Zahlen haben.

“Es gibt Fälle, die kann man gar nicht wirklich als Verkehrsunfalltod bezeichnen”, erklärte Heiner Mies (Leiter Direktion Verkehr). Er nannte das Beispiel, bei dem ein Dreijähriger im parkenden Auto die Handbremse löste. Als der Vater den ins Rollen geratenen Wagen stoppen will, kommt ihm ein anderer zur Hilfe, gerät aber dann unter die Räder und wird überrollt. Der Mann verstarb. Auch dieser Fall wird in der jährlichen Statistik gezählt. Auch eine 87-Jährige Pedelec-Fahrerin, die nach einem Alleinunfall ohne Helm verstarb, sei in der Statistik enthalten. “Hier gab es keine Zeugen. Möglicher Weise erlitt sie einen Herzinfarkt und stürzte infolge dessen”, gab er zu bedenken. Sorgen machen vor allem die – im Verhältnis zu anderen Verkehrsteilnehmern – steigenden Unfallzahlen mit Pedelecs. “Die Zahl ist deutlich zu hoch”, kommentierte Heiner Mies den Anstieg um 60,4 %.

Sorgenkind Pedelecs

In Haan und Hilden war vor allem mittwochs eine Häufung von Unfällen mit Pedelecs festzustellen, was möglicher Weise in Zusammenhang mit den Markttagen stehe, während hier ein Rückgang in den Sommerferien festzustellen war. “Auch da werden wir noch hinter kommen”, kündigte Mies an, dass man – wo möglich – Maßnahmen ergreifen wolle, um die Unfallhäufigkeit zu senken. Das gälte auch für alle anderen Unfallarten. Gibt es irgendwo Unfallschwerpunkte versucht die Polizei in Zusammenarbeit mit den Kommunen Maßnahmen zu ergreifen, die gegen steuern. Bei Unfällen mit Pedelecs und E-Scootern gibt es im Kreis ein Nord-Süd-Gefälle, so Mies. “Das liegt möglicher Weise daran, dass es im Süden E-Scooter und Pedelec Verleih gibt”, erklärte er. So könne man im Südkreis rund 3.000 Räder an 30 verschiedenen Stationen ausleihen. Möglicher Weise fehle es den Ausleihenden an Fahrerfahrung. “Das ist unser großes Sorgenkind”, bezeichnete Mies dann auch die wachsende Zahl Pedlec-Fahrer und die damit einhergehende Unfallhäufung. Ein Drittel dieser Unfälle seien ‘Alleinunfälle’.

Insgesamt seien 111 Senioren mit dem Fahrrad oder Pedelec verunfallt. Das sei eine Zunahme von 20,11 %, so Heiner Mies. Er bedauert, dass es für Pedelecs noch keine Prüfbescheinigung gäbe, denn die kämen auf deutlich höhere Geschwindigkeiten als etwa ein Mofa. “Ich kann nur jedem empfehlen, ein Training zu absolvieren und einen Helm zu tragen. Der Kopf hat keine Knautschzone”, verdeutlichte Landrat Thomas Hendele, das ein Sturz auf den Kopf schwere Folgen habe. Niemand solle sich überschätzen. Schon im mittleren Alter ließen die Fähigkeiten nach und das höhere Eigengewicht der Pedelecs tue ein Übriges.

Trainings bietet bisher vor allem die Kreisverkehrswacht unter dem Titel ‘Fit mit Pedelec und E-Bike‘. Neu hinzu kommt in diesem Jahr ein Projekt, dass ‘das Training zu den Pedelec-Fahrern bringt’, wie etwa an den Panorama Radweg. “Mit diesem Projekt können wir 100 Menschen pro Tag erreichen, während die Zahl der Teilnehmer bei den Sicherheitstrainings auf 15 begrenzt ist”, erklärte Landrat Hendele. Mit ‘an Bord’ sind ein Parcour, bei dem auch Slalom Fahren geübt werden kann, Erklärungen zu Licht und Dunkelheit auf dem Pedelec, evtl. eine VR-Brille, um den Blickwinkel von LKWs einzuschätzen, ein Radarwagen, der deutlich macht, ‘wie schnell man wirklich fährt’ und mehr.

E-Bike-Training in Erkrath: Wer an einem Training vor Ort teilnehmen möchte, hat am 29. April * die Möglichkeit. Dann veranstaltet der Seniorenrat in Zusammenarbeit mit der Verkehrswacht ein Training auf dem Parkplatz des Toni-Turek-Stadions. (Anmeldung siehe Ankündigung hier.)
* Der Termin ist ausgebucht. Ersatztermin am 3. Juni. Näheres auf der Homepage des Seniorenrats.

Unfallfluchten im ‘Dauerhoch’ – Alkohol am Steuer

Hoch liegt nach wie vor die Zahl der Verkehrsunfallfluchten, zwar sei auch hier noch nicht wieder die Zahl von 2019 erreicht, so Mies, aber es gäbe einen Anstieg. Dabei liegt die Aufklärungsquote im Kreis unter Landesdurchschnitt. “Ein Fünftel der Anzeigen erfolgt inzwischen online und in sehr schlechter Qualität”, erklärte Mies, was die Aufklärung erschwere. Den Nachweis der erfolgten Anzeige benötigen die Geschädigten für die Versicherung. Aber so fehle die Spurensicherung, durch die die Aufklärung vereinfacht würde. “Wir versuchen im Onlineverfahren auf die Meldung auf der Wache hinzuweisen.” Die Polizei hat inzwischen neue Koffer für die Spurensicherung, die bessere Kameras und vieles andere enthalten, auch würden die Mitarbeiter der Wachen entsprechend geschult. Außerdem setze man vermehrt auch auf OSINT (Open Source Intelligence) und durchkämme die sozialen Medien nach Hinweisen. Nutzerbeiträge wie “Ach ich hatte einen Unfall, war aber nicht so schlimm” können dabei Hinweise geben.

Vermehrt kommen auch Unfallfluchten vor, bei denen Personen angefahren wurden. “Es gibt wenige Unfälle, die man nicht bemerkt. Das ist vollkommen unverständlich”, kommentierte Landrat Hendele die Verkehrsunfallfluchten mit Personenschäden. Er hofft, dass die Polizei die Aufklärungsquote im kommenden Jahr verbessern kann.

Gestiegen ist im vergangenen Jahr auch die Zahl der Unfälle unter Einfluss von Betäubungsmitteln und Alkohol. Besonders letztere haben zugenommen. “Wir vermuten, dass dieser Anstieg mit der Zunahme der Krisen wie Corona und der Energiekrise einhergeht”, sagte Hendele. Was das Erkennen von Rauschmittelkonsum betrifft, setze die Polizei vor allem auf Schulungen. Zweimal jährlich schule man 10 Polizistinnen und Polizisten.

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