Handwerk hautnah auf dem Handwerkermarkt

Von Ria Garcia

Foto: Lutz Wulfestieg

Wie kreativ, vielseitig und ‘lecker’ Handwerk sein kann, konnten Besucher des Handwerkermarkts am Samstag und Sonntag auf dem Gerberplatz an insgesamt 16 Ständen erleben.

Mit den Pagodenzelten der Aussteller wirkte der Gerberplatz von weitem wie eine kleine Zirkuslandschaft und die einzelnen Demonstrationen dazu, was Handwerk alles kann, hatten auch eine Menge Unterhaltungswert. Die Besucher konnten an vielen Ständen selbst aktiv werden, sich zum Beispiel am Stand der Schreinerei Nicolay ein Frühstückbrettchen anfertigen, bei der Dachdeckerei Grau Schiefer zurecht hämmern, sich am Stand von Böhlert im virtuellen Schweißen üben oder den kleinen Bagger von Gartenzeit bedienen, was von Klein und Groß rege genutzt wurde.

Besucher konnten hautnah erfahren, wie viel ‘Kunst’ immer noch im Handwerk steckt, etwa am Stand der Dachdeckerei Grau, denn aus Schiefer, Messing und anderen Materialen kann man auch wunderschöne Blumentöpfe herstellen. Aber längst stehen neben handwerklichem Geschick auch viele technische Hilfsmittel in den unterschiedlichen Berufen bereit, die einstmals schwere Handarbeiten zu ‘leichten Aufgaben’ machen. Etwa der Bagger, der bei den Besuchern so beliebt war und der im Arbeitsalltag von Gartenzeit zum Einsatz kommt. Einer der Chefs, Thomas Reinsdorf, erklärte uns, das neben dem Mikrobagger auch Vakuumgeräte zum Einsatz kommen, mit denen Gartenzeit die Gärten der Kunden in ‘Wohlfühl-Oasen’ umgestaltet. Neben Ausbildungsplätzen bietet Gartenzeit auch Praktikumsplätze für alle, die erst einmal in die Gartenwelt hineinschnuppern möchten. “Wir würden gerne auch mehr weibliche Auszubildende gewinnen”, sagte uns Reinsdorf und damit ist er nicht allein. Frauen sind im Handwerk willkommen. Wie sagte Axel Nölling noch bei der diesjährigen Ausbildungsmesse in der Stadthalle? “Sie bringen ein ganz besonderen Spirit mit.”

Die Ausnahme unter den Handwerkern: Der einzige Betrieb, der uns auf dem Handwerkermarkt frei heraus sagte, dass er eigentlich jedes Jahr genügend Bewerber hat, war die Schreinerei Nicolay. Der Werkstoff Holz scheint auch auf angehende Auszubildende eine besondere Faszination auszuüben und der Beruf des Schreiners bietet von Handarbeit bis High Tech und Planung am Computer jede Menge. Und wer am Stand das außergewöhnliche Schubladenelement bewunderte, gewann eine Vorstellung davon, wie individuell Möbelstücke aus einer Schreinerei sein können oder eben passgenau mit Einbauten.

Auf der Bühne präsentierte Moderator Jan Schmidt an beiden Tagen, den viele von Poetry-Slams kennen, unterhaltsam mit den jeweiligen Handwerkern unterschiedliche Themen. Von Fernsehtechnik mit der Entwicklung der Bildschirmtypen von Plasma hin zu LED und deren Stromverbrauch bis hin zum Imprägnieren von Steinen, um sie für den Außen- und Terrassenbereich witterungsbeständig zu machen, gab es mit ‘Show-Charakter’ viel Wissenswertes zu erfahren. Wie tief die Imprägnierung in den Stein eindringt, ließ Axel Nölling dann von Moderator Jan Schmidt vorführen, der mit Hammer und Meißel den Stein in der Mitte teilen musste, damit alle das Ergebnis betrachten konnten.

Ausbildung im Handwerk, Energiewende und Erreichen der Klimaziele

Der rote Faden, der sich durch die gesamte Veranstaltung des Handwerkermarktes zog waren die Themen Nachhaltigkeit und Ausbildung. So konnten Besucher an den Ständen nicht einfach nur etwas mehr über die Handwerksbetriebe oder auch über Dienstleistungen und Handel erfahren, sie konnten sich ganz gezielt zu Ausbildungsmöglichkeiten informieren und so waren die vielen Live-Vorführungen auch eine Möglichkeit für Schüler einmal ‘zu schnuppern’.

Am Sonntag waren dann auch Vertreter der Kreishandwerkerschaft und der Handwerkskammer Düsseldorf vor Ort, die ‘Rede und Antwort’ standen und jede Menge Informationsmaterial für künftige Auszubildende im Gepäck hatten. “Klebt Euch nicht am Asphalt fest, nutzt Eure Hände lieber aktiv, um die Klimaziele zu erreichen und die Energiewende mitzugestalten”, geben sie gerne der jüngeren Generation, hier vor allem der Bewegung ‘Die letzte Generation’ mit auf den Weg. Und damit kommen sie auf den wichtigen Punkt, der die Geschwindigkeit beim Erreichen der Klimaziele und bei der Energiewende entscheidend mit beeinflusst: Der Fachkräftemangel.

Handwerk hat unglaublich viel zu bieten und nirgendwo gibt es so viele Chancen sich selbständig zu machen, wie im Handwerk. Mit einer Ausbildung im Handwerk hat man im wahrsten Sinne des Wortes ‘etwas in der Hand’. Während die fortwährende Entwicklung Künstlicher Intelligenz (KI) voran schreitet, ist abzusehen, dass in einigen akademischen Berufen künftig deutlich weniger Vertreter der jeweiligen Berufsgruppe gebraucht werden, weil KI einige ersetzen wird. Im Handwerk kann weder KI, noch Automatisierung die Handwerker ersetzen. Häufig ist eine praktische Ausbildung, die man dem Studium voranstellt, auch die Eintrittskarte in den Berufseinstieg nach dem Studium, denn nichts geht über Praxiserfahrung. In vier Jahren Abitur plus Beruf? Im Handwerk geht das. Ganz viel über die Karrieremöglichkeiten im Handwerk findet sich auf der Homepage der Handwerkskammer Düsseldorf. Mit dem Trialen Studium bieten sich auch für Abiturienten viele Möglichkeiten im Handwerk und mit der Lehrstellen- und Praktikumsbörse der HWK lassen sich auch gleich freie Stellen recherchieren.

Zukunft im Handwerk

Sie sind Arbeitgeber und Zukunftsgestalter, die Handwerksunternehmen in Erkrath. Handwerkskammer und Kreishandwerkerschaft zeigten die Karrierewege im Handwerk auf und die Betriebe präsentierten sich und ihre Arbeit. Auch zum Mitmachen. Besucher konnten sich übrigens an einem Gewinnspiel beteiligen. Wer die richtige Lösung einreichte, konnte mit ein wenig Glück einen von drei 500 Euro Gutscheinen gewinnen, der bei einem Mitglied des Handwerkerkreises (aus dem Baugewerbe) bei einer Beauftragung eingelöst werden kann.

Made in Germany kommt wieder

Der Krieg in der Ukraine, die Energiekrise und unterbrochene Lieferketten lassen viele Unternehmen umdenken. So auch die Goebel GmbH mit Sitz in Erkrath. Das wachsende, international agierende Unternehmen, das sich auf die Entwicklung, Herstellung und den Vertrieb von Verbindungselementen für die Isoliertechnik und die Industrie rund um die Niettechnik spezialisiert hat, holt die Produktion nach Deutschland, genauer: nach Erkrath. “Mitte des Jahres soll die Produktion vor Ort beginnen”, erfuhren wir am Stand auf dem Handwerkermarkt und verabredeten uns dazu, beim Produktionsstart aus dem Unternehmen zu berichten. Auf die Energiekrise hat Goebel mit einer eigenen Solaranlage auf dem Dach reagiert.

Fleisch und Wurst, aber bitte nachhaltig

Das Highlight auf der Bühne gab es dann am Sonntag, denn da konnten die Besucher Marius Hanten auf der Bühne beim Zerlegen einer Rinderkeule zusehen, viel über die einzelnen Teile, aber auch Tierhaltung und nachhaltiges Handeln im Metzgerei-Handwerk erfahren. Während Marius auf der Bühne – fast wie in einer Kochshow im Fernsehen – hantierte und erklärte, stand Vater Dirk Hanten neben der Bühne am Grill. “Ich hab da mal was vorbereitet …”, heißt es an dieser Stelle in Kochshows und das hatte man in der Landmetzgerei Hanten natürlich auch. Das Publikum erfuhr von Dirk Hanten, dass die Brasilianer alles ‘am Spieß’ grillen, was das aufwändige einzelne Wenden des Grillguts überflüssig macht. Er hatte ‘gereifte’ Stücke vom Tafelspitz, der in Deutschland und Österreich traditionell eher im Kochtopf landet, und Würstchen vorbereitet. Picanha (Tafelspitz) und Würstchen durften die Zuschauer natürlich im Anschluss kosten. Während Marius Hanten noch auf der Bühne hantierte, übernahm Dirk Hanten öfter die Erklärungen, wie “Das ist die Beinscheibe, für die, die noch richtig Suppe kochen können”. Hanten erklärte die wesentlichen Unterschiede zwischen Industriefleisch in der Billigproduktion und nachhaltigem Handeln von der Tierhaltung bis zur Schlachtung.

Wenn der Beruf Berufung ist: Susanne Schütze und LaRoseMobile

Was auf dem Handwerkermarkt immer wieder spürbar wurde: Das die Aussteller aus dem Handwerk das was sie tun gerne tun. Hier ist der Beruf vielfach auch Berufung. Das hat auch Susanne Schütze für sich erfahren, die mit ihren Laden ‘LaRoseMobile’ an der Ecke Düsselstraße / Freiheitstraße hat. 1993 hat sie ihren Meister in Floristik gemacht, seit 1999 ist sie selbständig. “Ich habe vorher andere berufliche Erfahrungen gesammelt, aber erst in der Floristik habe ich das gefunden, was ich wirklich gern tue und das ist bis heute so”, erzählt sie uns. Rosen hat sie, wie der Name des Ladens vermuten lässt, viele und in besonders schönen Arten, am Stand. Susanne Schütze liebt es zum Großmarkt zu fahren, auch wenn das bedeutet noch in der Nacht aufzustehen, um dann um vier Uhr morgens dort vor Ort zu sein. Nach so vielen Jahren kennt man sich, ist sich sympathisch und tauscht sich aus. Susanne Schütze kauft gerne bei den regionalen Anbauern. “Die haben im Moment auch ganz schön zu kämpfen”, weiß sie, dass die gestiegenen Kosten, vor allem Energiekosten, auch die Anbauer belasten.

Während wir uns unterhalten schaut eine ihrer Stammkundinnen vorbei. “Sie bindet die schönsten Sträuße”, verriet sie lachend. Und sie kennt natürlich auch die Vorlieben ihrer Kunden und bringt passende Blumen vom Großmarkt mit. Übers Aufhören denkt Susanne Schütze noch nicht nach. Vielleicht findet sich ja in den kommenden Jahren ein Mensch mit ähnlichem Herzblut, sodass sie ihre Zeiten reduzieren kann und eine spätere Nachfolge sicherstellen kann. Nirgendwo gibt es so viele Chancen schon in jüngeren Jahren ‘sein eigener Chef zu sein’, wie im Handwerk. In vielen Betrieben steht in den kommenden Jahren die Nachfolgeregelung an und die ist an vielen Stellen nicht wie früher einmal durch die eigenen Kinder gesichert.

Ehrengäste bei der Eröffnung

Zur Eröffnung am Samstag waren einige Ehrengäste vor Ort. Bundestagsabgeordneter Dr. Klaus Wiener hatte die Schirmherrschaft übernommen. Axel Nölling, der Vorsitzende des Handwerkerkreises dankte ihm bei der Begrüßung dafür. Dank sprach er auch seinen Handwerkskollegen und den Kollegen der Abteilung Handel und Dienstleistung aus, ohne deren Einsatz der Handwerkermarkt nicht möglich gewesen wäre. Genauso danke er Stadt und Wirtschaftsförderung für die Unterstützung und der Kirche, die mit dem Gerberplatz das Grundstück für die Veranstaltung zur Verfügung gestellt hatte. Der Handwerkermarkt stand unter dem Motto ‘Nachhaltigkeit und Ausbildung’. Und darauf gingen auch Dr. Wiener, Bürgermeister Christoph Schultz und Stadtwerke Geschäftsführer Gregor Jeken in ihren Grußworten ein. “Ohne das Handwerk wäre Erkrath nicht was es heute ist”, betonte Bürgermeister Christoph Schultz in seinem Grußwort.

Beim Handwerkermarkt präsentierten sich: Blümchen Sanitär und Heizungsbau | Böhlert GmbH Bauschlosserei und Metallbau | Carsten Hink Bedachungs GmbH | Fliesenlegermeister Michael Wemmers | Gartenzeit GmbH | GM Elektrotechnik Giovanni Maso | Jürgen Nölling – Malerwerkstatt GmbH | Landmetzgerei Dirk Hanten | Lucas & Frank Nicolay Schreinerei GmbH | OL-Technik Stephan Smeets | Olaf Grau – Dachdeckermeister GmbH | Orthopädie Schuhtechnik Büchel | LaRoseMobile Susanne Schütze Floristikmeisterin | Goebel GmbH | Gäste: Stadtwerke Erkrath, Kreishandwerkerschaft Mettmann | Handwerkskammer Düsseldorf | Mit einem Bastelangebot: Naturschutzzentrum Bruchhausen

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