Gemeinsam stark, wenn schnelle Hilfe gefragt ist

von Ria Garcia

Für einen kurzen Fotomoment haben sie die fleißigen TiComplex-Monteure vertreten. V.l..n.r.: Dr. Alexander Winkels (WKE), Jens Thiermann (Timocom), Michael Küpping (Stadtwerke), Beigeordneter Michael Pfleging und Christian Frank (WBG). Foto: Ria Garcia

Erkrath hilft, immer wieder aufs Neue, wie gerade die WBG, Timocom Gründer Jens Thiermann, der Wirtschaftskreis Erkrath und die Stadtwerke.

Der Krieg in der Ukraine und die vielen geflüchteten Menschen, überwiegend Frauen und Kinder, stellt auch Erkrath wieder vor neue Herausforderungen. Innerhalb kurzer Zeit sind cirka 350 geflüchtete Menschen in Erkrath angekommen. Viele sind privat untergekommen. 30 hat Erkrath vor drei Wochen nach einem Hilfeersuchen aus Düsseldorf aufgenommen. Direkte Zuweisungen aus Arnsberg gibt es aktuell nicht. Nach der Flut, die die Unterkunft in der Freiheitstraße unbewohnbar machte, gab es ein Zuweisungsstopp, das noch bis Juni gilt. Aber die Situation sei schwierig, noch wisse man nicht, wie viele Menschen aus der Ukraine auch hier nach Erkrath kommen, schildert Beigeordneter Michael Pfleging.

Inzwischen ist die neue Unterkunft Gruitener Straße fertiggestellt. Dort sind die nach der Flut in Langenfeld untergebrachten Menschen eingezogen. In der Freiheitstraße entsteht derweil eine Containerlösung, um wieder mehr Raum zur Unterbringung zu haben. “Wir prüfen auch noch einmal eine mögliche Unterbringung im ehemaligen Hotel Arcadia”, berichtet Pfleging über die Anstrengungen der Stadt, alle Unterbringungsmöglichkeiten auszuschöpfen, denn das Bürgerhaus soll letztendlich nur eine kurzfristige Lösung sein und bald wieder frei gezogen werden. Noch seien nicht alle Geflohenen, die hier in Erkrath angekommen sind erfasst. Tagesaktuell werden die Zahlen der hier erfassten Menschen an die Bezirksregierung Arnsberg übermittelt.

“Inzwischen werden 22 Kinder in einer Willkommensklasse im Schulzentrum Rankestraße unterrichtet. 14 oder 15 Kinder besuchen eine Grundschule. “Gerne würden wir auch für Grundschulen eine Willkommensklasse einrichten”, schildert Pfleging die Situation der Kinder. Hilfe gäb es aktuell durch den Verein Du-Ich-Wir, der mit ukrainischen Deutschlehrerinnen unterstützt.

Was können wir tun?

Die WBG Erkrath hatte kurzfristig zugesagt, 30 Wohnungen für die Unterbringung von aus der Ukraine geflüchteten Menschen zur Verfügung zu stellen. Das Manko: Fast alle Wohnungen sind mindestens renovierungsbedürftig und müssen mit Mobiliar, Elektrogeräten und Haushaltsgegenständen ausgestattet werden.

Vor etwa zwei Wochen hatte sich Timocom Gründer Jens Thiermann schon an Kämmerer Thorsten Schmitz gewandt und gefragt, wie er in der aktuellen Situation helfen könne. Thiermann sagte zu, dass Timocom die Ausstattung von zehn Wohnungen übernehme. “Ein wenig später sagte ich dann 20 Wohnungen zu und nachdem bekannt war, das 23 Wohnungen der insgesamt 30 in der Bachstraße im gleichen Haus sind und der Rest sich auf Häuser in der Beethovenstraße verteilt, haben wir uns dann darauf verständigt, dass wir 23 Wohnungen übernehmen”, berichtet Jens Thiermann über den weiteren Ablauf. Auch Timocom ist Mitglied im WKE und dort hatte Kämmerer Thorsten Schmitz das Projekt vorgestellt.

Sieben Wohnungen und die darin untergebrachten Menschen

“Wir haben uns spontan entschlossen, für zehn Wohnungen die Ausstattung zu übernehmen”, erzählt Dr. Alexanders Winkels vom WKE. Fünf Firmen, die Mitglied im WKE sind, haben dafür bereits 25 Tsd. Euro zur Verfügung gestellt. “Auch der WKE selbst wird finanzielle Mittel zur Verfügung stellen”, so Winkels. Die eigentliche Herausforderung sei es, das ganze Projekt ‘handwerklich zu stemmen’. Aus den zehn Wohnungen wurden schließlich sieben in der Beethovenstraße, nachdem Jens Thiermann und der WKE sich die Situation näher angeschaut hatten.

“Die sieben Wohnungen in der Beethovenstraße verteilen sich über mehrere Gebäude und sind in sehr unterschiedlichem Zustand. Einige sind hoch renovierungsbedürftig”, berichtet Winkels. Aber darunter gibt es Glückfälle, wie die Wohnung einer Seniorin, die in ein Heim übersiedelt und hochwertiges Mobiliar zurück lässt. Ab Anfang Mai sollen dort Renovierungsarbeiten beginnen. Andere Wohnungen folgen etwas später. Örtliche Händler unterstützen den WKE. So können notwendige Elektrogeräte zum Selbstkostenpreis eines lokalen Elektrohändlers erworben werden. Ein großer Baumarkt hat zugesagt Malerbedarf, Küchen und andere Möbel zu liefern. Aber die Unterstützung des WKE soll nicht mit dem Einzug der Ukrainer enden. “Für drei Wohnungen gibt es bereits Patenschaften. Das sind drei Personen, die sich aus dem WKE auch um die Menschen kümmern, als Anspechpartner zur Verfügung stehen”, erklärt Dr. Alexanders Winkels. Der Einzug von Familien in der Beethovenstraße wird voraussichtlich erst im Sommer abgeschlossen sein. In den Wohnungen können jeweils zwei Erwachsene und zwei Kinder und eventuell einem Baby Platz finden.

Glasfaser für Online-Unterricht und Kontakt zu Verwandten in der Heimat

Fast noch viel wichtiger als eine lebenswerte Unterkunft, die den Geflüchteten hier bei uns einen sicheren Ort und das Gefühl ein vorübergehendes Zuhause gefunden zu haben gibt, ist die Möglichkeit Kontakt zur Ukraine halten zu können. Dort leben Ehemänner, Brüder und weitere Verwandte noch immer in dem Land, das von Krieg beherrscht wird und nur der Kontakt übers Internet lässt die Geflüchteten hier wissen, dass es ihren Angehörigen noch halbwegs gut geht. Auch für die Kinder ist ein guter Internetanschluss wichtig, denn in der Ukraine gelingt, womit wir uns hier während Corona oft schwer getan haben: Die Kinder nehmen am Online-Unterricht ihrer ukrainischen Schulen teil und haben Kontakt zu ihren Lehrern.

In der Bachstraße wird es kurz ‘laut’. “Mit einer Kernbohrung bringen wir Glasfaser bis in den Sozialraum im Dachgeschoss”, erklärt Michael Küpping, Leiter Vertrieb der Stadtwerke. Die Aufgabe den aus der Ukraine geflüchteten Menschen den Kontakt zu ihren Angehörigen zu ermöglichen und für die Kinder die Teilnahme am Online-Unterricht zu schaffen, haben die Stadtwerke übernommen. “Die Leitungen in der Straße liegen schon. Wir müssen die Anschlüsse nur in die Häuser bringen.”

Ein beispielloser Akt

Michael Pfleging, seit September 2021 Beigeordneter in der Stadt Erkrath, ist beeindruckt vom Engagement und schnellem Handeln. Er hatte sich bereits vor seiner Wahl im Juni über Erkrath informiert und zeigte sich schon vor Amtsantritt von der Vereinslandschaft in Erkrath beeindruckt. Was er aber im Moment in Erkrath erlebt, bezeichnet er ‘als beispiellosen Akt’. “Ich sage ganz, ganz herzlichen Dank im Namen der Stadt und der Fraktionen im Rat.”

In der LKW Halle bei Timocom werden nun Möbel vormontiert

“Wir haben natürlich den Vorteil, dass wir sofort entscheiden können, da es sich um unser eigenes Kapital handelt. Im WKE müssen erst die Mitglieder entscheiden”, erklärt Jens Thiermann. 23 Wohnungen in der Bachstraße ‘in einem Rutsch’ auszustatten, sei auch einfacher und schneller zu lösen, als die sieben verteilten Wohnungen in der Beethovenstraße. Und so montierten gestern schon Mitarbeiter von TiComplex, die normalerweise für die Liegenschaften von Timocom zuständig sind, in der LKW-Halle wie am Fließband Betten und Schränke eines schwedischen Möbelhauses vor, während in den Wohnungen in der Bachstraße bereits Malerarbeiten laufen. “Die Entscheidung das Mobiliar dort zu kaufen, ist allein deshalb gefallen, weil wir im Bestellsystem direkt sehen konnten, dass die Sachen vorrätig sind”, erzählt Thiermann. Bis zum 25. April sollen die Wohnungen in der Bachstraße komplett bestückt werden. “Dann finden dort 83 Erwachsene, 20 Babys und Kleinkinder und 23 Kinder eine Unterkunft”, was für die Bachstraße vorgesehen ist, während sich im Hintergrund schon fertig montierte Kinderbettgestelle stapeln. 16 Küchen müssen neu ausgestattet werden. Am 27. April sollen die Elektrogeräte angeliefert und mit Unterstützung des Handwerkerkreises angeschlossen werden. “Am 9. Mai kann dann hoffentlich die Wohnungsübergabe erfolgen”, ist Jens Thiermann zuversichtlich.

30 Wohnungen von der WBG Erkrath

Das spontane Angebot der WBG 30 Wohnungen für aus der Ukraine geflüchtete Menschen zur Verfügung zu stellen, kam für die Stadt in dieser Situation ‘wie gerufen’. Viele Menschen in Erkrath haben sich allerdings gefragt, woher diese 30 freien Wohnungen in Erkrath plötzlich kommen. “Hier handelt es sich um Wohnungen, die leer gezogen wurden, um Grundsanierungen durch zu führen, oder weil Häuser abgerissen werden sollen, um an gleicher Stelle Neubauten zu errichten”, erklärt WBG Vorstand Christian Frank.

Das Haus Bachstraße 7 hatte die WBG von der Reinhold-Pose-Stiftung übernommen, nachdem klar war, dass die notwendige Sanierung des Hauses die Mittel der Stiftung deutlich übersteigen würde. Zur Sanierung sollte das Haus nach und nach frei gezogen werden. Zu Beginn des Ukraine Krieges waren bereits 23 Wohnungen leer.

Auch die Wohnungen in den Gebäuden auf der Beethovenstraße 9 bis 21 werden nach und nach leer gezogen. Hier sind jedoch Abriss und ein Neubau im Bestand an gleicher Stelle geplant. “Hier steht noch ein Bebauungsplanverfahren an und das dauert in der Regel länger”, erklärt Christian Frank. “Für uns war es selbstverständlich, die Wohnungen in dieser Notlage erst einmal zur Verfügung zu stellen.” Frank lobte die Abstimmungen mit Michael Pfleging und seinem Team, die schnell und unbürokratisch gelaufen seien. “Ich war kürzlich auf einer Tagung der Wohnungswirtschaft und erwähnte das Projekt. So etwas in der Art gibt es in anderen Städten nicht so”, schildert er das Feedback anderer Vertreter der Wohnungswirtschaft.

Info: Wolfgang Soldin stellte das Projekt ‘als eines, dass nicht bis August warten kann’ bei der Auftaktveranstaltung für Unternehmen anlässlich des Aktionstags der Wirtschaft vor und viele Unterstützungsangebote von örtlichen Unternehmen bilden eine frühe Projektbeteiligung des diesjährigen Aktionstags. Einmal mehr zeigt sich hier die ‘Starke Gemeinschaft Erkrath‘.

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