Gemeindefest mit ‘Sonnenenergie’

von Ria Garcia

Evangelisches Gemeindefest in Alt-Erkrath. Foto: Lutz Wulfestieg

Nach Corona-bedingter ‘Auszeit’ konnte die evangelische Gemeinde am vergangenen Samstag endlich wieder ihr Gemeindefest feiern. Mit ganz viel Sonne.

Die Sonne spielte am vergangenen Samstag eine ganz besondere Rolle beim Gemeindefest, aber dazu später mehr. Sie schien jedenfalls beim Gemeindefest, sehr zur Freude der Besucher, aber auch derer, die rund um die Evangelische Kirche in der Bahnstraße für Besucher engagiert waren. Neben dem Fairtradestand für Haiti waren das vor allem Aktionen für Kinder. Es konnte gebastelt werden und kleine Stühle und Tische luden die Jüngsten zum Malen ein oder sie konnten sich beim Kinderschminken gleich selbst ‘bemalen lassen’. Wobei die jungen Damen auch nicht nein sagten, wenn sich ‘im Herzen Kindgebliebene’ bereit erklärten, sich eine Sonne ins Gesicht malen zu lassen, denn die spielte, wie schon erwähnt, eine ganz besondere Rolle. Wer gerade auf Diät war, hatte schlechte Karten, denn das Kuchenangebot, zu dem viele Gemeindemitglieder beigetragen hatten, war einfach viel zu verlockend.

Jede Menge Programm und Führungen

Für Langeweile blieb kaum Zeit, denn nach der Andacht und Begrüßung gab es auch für die Erwachsenen noch so einiges an Programm, aber das spielte sich überwiegend im Inneren ab. In der Kirche traten der Chor Mixtour, der Posaunenchor und auch der Flötenkreis auf und soviel Musik veranlasste dann auch einmal zu einem kleinen Tänzchen. Daneben gab es viel Gelegenheit zum Austausch und Gesprächen.

In mehreren ‘Zeitfenstern’ konnten Besucher an Führungen teilnehmen und dabei das Haus Bavier & Bodelschwingh erkunden. Beliebt waren vor allem die Turmführungen und Orgelerklärungen.

Orgel- und Turmführungen

Auch wir haben uns einer solchen Führung angeschlossen und haben uns für den Glockenturm und die Orgel entschieden. Es ging über die schmalen steilen Treppen nach oben. “Beim Bau der Kirche 1831 waren die Menschen durchschnittlich 1,40 bis 1,45 m groß”, wusste Baukirchenmeister Gerrit Mallock unterwegs zu erzählen. Früh genug, damit der ein oder andere hier und da mal den Kopf ein wenig einziehen konnte.

Bevor es dann höher in den Glockenturm ging, gab es einen kleinen Halt an der Rückseite der Orgel, die im Kircheninnenraum auf der Empore steht. In den letzten drei Monaten wurden die einzelnen Orgelpfeifen gereinigt. 1.200 Stück sind es insgesamt, wie Geritt Mallock berichtete. Eine solche Reinigung, die zwischen 30 und 50 Tsd. Euro kostet, ist alle 15 Jahre notwendig, erfuhren wir unterwegs. In diesem Jahr war die Reinigung aber vor allem deshalb notwendig geworden, weil nach einem Regenschaden die alte Pliesterdecke in Teilen herabfiel und Staub und Schutt auch vor den Orgelpfeifen nicht halt machten. Aber was ist denn nun eine Pliesterdecke, haben wir uns gefragt und einen kleinen Ausflug in die Geschichte und die Besonderheiten denkmalgeschützter Gebäude unternommen.

Plister oder auch Pliester

Fündig geworden sind wir bei Wikipedia zum Beruf des Pliesterers oder auch Plisterer und im ‘Katechismus der Baukonstruktionslehre’ von 1881 sowie im ‘Illustrierten Baulexikon Band III’ in der vierten überarbeiteten Auflage von 1883.

Schriftübersetzung:
Was versteht man unter einer Plisterdecke?
Eine verschalte Decke, an welche Stroh mit Hülfe von Plistern (gespaltenen Haselnußruten) festgenagelt, gegen welches dann der Strohlehm geworfen und hierauf glattgestrichen wird.
Anstelle der verschalten Decke tritt zuweilen eine Wellerdecke, deren Balken dann mit Stroh oder Rohr benagelt werden, worauf der Putz folgt.
Von der Plisterdecke ist sehr wohl die Spalierdecke zu unterscheiden, bei welcher die Balken mit Latten benagelt werden, gegen welchen Rost dann der Strohlehm (auch wohl Heilehm) entweder von unten geworfen, oder aber durch welchen der Strohlem von oben her durchgedrückt und dann glattgestrichen wird.
Quelle: Katechismus der Baukonstruktionslehre, 1881

Schriftübersetzung:
Pliesterlatte, f., frz. latte à plâtrer, engl. plasterlath, dies sind entweder schwache, sehr schmale od. breitere, auf den Grat oder dergleichen kanälirte Latten, f. Fig. 2869-72, welche an Stelle der Berohrung beim Deckenputz verwendet werden. Ueber die Pliesterlattenmatten, auch Deckengewebe genannt, von Kahls in Chemnitz, f. Deckenputz.
Quelle: Illustriertes Baulexikon Bd. 3, 1883

Hoch zum Glockenturm

Dann ging es weiter nach oben zuerst in den ‘Dachstuhl’ und dann zuletzt in zweier oder dreier Gruppen nach oben in den Glockenturm zu den drei Glocken, von denen die größte deutlich älter ist, als die Kirche selbst. Genauer gesagt von 1685. Wie überall während des zweiten Weltkriegs wurden Kirchenglocken zu Munition eingeschmolzen. Auch die Glocke der evangelischen Kirche hat dieses Schicksal geteilt. Einige der eingesammelten Glocken überdauerten den Krieg schließlich, wie die, die heute in der ev. Kirche im Glockenturm hängt. Die Weberei de Weerth hatte sie gefunden und gespendet.

Von der Vergangenheit in eine ‘sonnige Zukunft’

Die evangelische Kirchengemeinde Erkrath-Unterbach freut sich darüber, dass es ihr als erster Kirche im Rheinland gelungen ist, eine Photovoltaik-Anlage auf einem denkmalgeschützten Kirchengebäude zu installieren und damit im Sinne der Leitlinie ‘Bewahrung der Schöpfung‘ der Evangelischen Kirche im Rheinland einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz geleistet zu haben. Das konnten sich dann auch alle Besucher des Gemeindefestes einmal näher ansehen. Mit einer 3D-Brille und einem Drohnenflug ganz nah ran. Oder an einem Muster-Solarpanel, das den Aufbau auf dem Kirchendach demonstriert, denn dafür gab es einiges zu beachten.

“Wir sind da unter den Kirchen Vorreiter”, verrät uns Baukirchenmeister Gerrit Mallock. “Viele fragen uns: Wie macht Ihr das?” Bürgermeister Christoph Schultz hatte in seiner Ansprache zum Gemeindefest eine Antwort darauf: “Herr Mallock hat sehr oft bei uns angerufen und Druck gemacht.” Die Ausschreibung für das Projekt ‘Photovoltaik-Anlage’ hatte das Deutsche Energie Zentrum (DEZ) gewonnen. “Wir haben als einzige sieben von sieben Kriterien der Ausschreibung erfüllt. Und wir sind von der oberen und unteren Denkmalschutzbehörde zertifiziert”, sagte uns Florian Jersch (DEZ) später, der mit Kollegen vor Ort war. Von der Beantragung der Förderung über die Anmeldung und den Aufbau hat DEZ alles aus einer Hand abgewickelt und dabei auch mit den Stadtwerken zusammengearbeitet. Im Rahmen des Denkmalschutzes musste die Anlage einige Anforderungen erfüllen, wie beispielsweise Schwarzglas zur optischen Anpassung ans Kirchendach. Außerdem durfte sie nicht spiegeln. “Wir haben die Solarpanele deshalb zusätzlich foliert”, erklärte Jersch.

Wie viel Energie das Projekt ‘Sonnenstrom vom Kirchendach’ produziert, können alle online über diese Seite verfolgen. Auf dem Kirchendach in Alt-Erkrath leisten die Module 60 kw peak, aufgeteilt in zweimal 29,8 kw peak. Eine zusätzliche E-Ladesäule mit 11 kw hat der Strom vom Dach auch ermöglicht. Und auch in Unterbach gibt es künftig jede Menge Sonnenstrom, der auf den Dächern von ev. Kirche und Kita produziert wird. Dort wurden insgesamt 90 kw peak installiert.

Mit Spenden unterstützen

Ganz schön viel umgesetzt in den letzten Jahren. Dachreparatur, Reinigung der Orgelpfeifen und nun auch noch ganz viel Sonnenenergie als Beitrag zum Klimaschutz. Und das in einer Zeit, in der die Einnahmen aus der Kirchensteuer immer weiter schwinden und die Gemeindearbeit auch finanziert werden muss. Auch wenn es für die Photovoltaik Förderung gab, muss ein guter Teil in der Gemeinde finanziert werden. Spenden sind deshalb willkommen.

Spenden für den Sonnenstrom vom Kirchendach | Spenden für die Gemeindearbeit

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