Für und Wider Mobilfunkmasten

Dipl.-Ing. Jörn Gutbier, Vorsitzender des Vereins diagnose:funk. Foto: RG

Zwischen 35 und 40 Besucher folgten aufmerksam den Ausführungen von Dipl.-Ing. Jörn Gutbier, Vorsitzender des Vereins diagnose:funk, der in seinem Vortrag im Lokschuppen wesentliche Informationen zum Thema zusammenfasste.

Eingeladen hatten zu dieser Informationsveranstaltung die Bürgerinitiative verantwortungsvoller Umgang mit Mobilfunk und der Bürgerverein Hochdahl. Ein geplanter Sendemast der Telekom hatte zur Gründung der Initiative geführt, die seit dem Fragen und Anträge an Politik und Verwaltung adressierte. Die Bürgerinformationsveranstaltung, die sie nun in Eigenregie ins Leben gerufen hatten, hätten sie sich eigentlich von der Stadt gewünscht.

Zu Gast war auch Herbert Cremer, Mitglied des Solinger Vereins Wellenbrecher e.V.. Bevor Jörn Gutbier mit seinem Vortrag begann, sprach er über den 5G Ausbau in Solingen. “Solingen ist Spitzenreiter im Ausbau von 5G, noch vor München”, berichtete er. Mitte 2021 hatte die Stadt bereits begonnen ein eigenes 5G-Testfeld aufzubauen. Der WDR berichtete. Auch in Solingen habe es im Vorfeld keine Infoveranstaltung für Bürger gegeben, so Cremer. “Wir werden deshalb nun vermehrt Bürgeranträge stellen. Solingen ist weit voraus, nicht aber mit Bürgerinformationsveranstaltungen.” Nur eine offene und transparente Herangehensweise sei fair für Bürger.

Herbert Cremer, Mitglied des Solinger Vereins Wellenbrecher e.V. mit
Daniela Günzel, Bürgerinitiative veranwortungsvoller Umgang mit Mobilfunk. Foto: RG

Vom Mobilfunk-kritischen Widerstand zum Verein diagnose:funk

Zu Beginn des Vortrags gab Jörn Gutbier einen kurzen Überblick über die Entstehung des Vereins, der heute rund 1.000 Mitglieder zählt. Ging es in der Anfangszeit um 2004 noch darum Mobilfunkausbau zu verhindern, hat sich die ehemalige Bewegung 2008 neu formiert und 2009 schließlich den gemeinnützigen Verein diagnose:funk gegründet, der sich selbst als Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation versteht, die sich für umweltverträgliche Funktechnik und Schutz vor Elektrosmog einsetzt. Die an diesem Abend ausgelegten Flyer und umfangreichen Broschüren verdeutlichten die intensive Auseinandersetzung des Vereins mit der Thematik. Die Stiftung Risiko-Dialog St.Gallen nahm 2016 im Auftrag des BfS (Bundesamtes für Strahlenschutz, Deutschland) unter dem Aktenzeichen / FKZ BFS AG-F 3 – 03776 / FM 8865 divergierende Risikobewertungen im Bereich Mobilfunk vor und wählte aus über 50 Organisationen die aus, die sich für eine vertiefte Analyse eignen. Mit dabei: diagnose:funk.

Unschädlich, weil unterhalb der gesetzlich festgelegten Grenzwerte?

Mit den ersten Smartphones seit 2007 und der Einführung des 4G Standards und dem ‘Internet to go’ ab 2010, hätten sich viele ‘von den Vorteilen der Technik’ benebeln lassen, so Gutbier in seinem Vortrag. Die in Deutschland aktuell gültigen Grenzwerte für nicht ionisierende elektromagnetische (nicht erwärmende) Strahlung beruhen auf Empfehlungen der International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection (ICNIRP), einem in Deutschland eingetragenen Verein, der 1992 gegründet wurde und weltweit den Standard für die gesetzlichen Grenzwerte zum Schutz vor elektromagnetischer Strahlung setzte. Das Recherche Netzwerk Investigate Europe, ein Zusammenschluss von investigativen Journalisten, bezeichnete den ICNIRP als ‘geschlossenen Club’, dessen Unabhängigkeit fraglich ist, führte Gutbier aus. Ein Bericht im Tagesspiegel im Januar 2019 erläutert die Zusammenhänge.

Zahlreiche Studien haben sich seit Einführung des Mobilfunks mit möglicherweise schädlichen Wirkungen beschäftigt. Die vor vielen Jahren größte Sorge, dass die Nutzung von Mobiltelefonen ein vermehrtes Auftreten von Gehirntumoren mit sich bringt, hat sich nicht bestätigt, wie einer dpa Meldung (hier auf MDR.de veröffentlicht) zu entnehmen ist. Eine Entwarnung insgesamt in Bezug auf gesundheitliche Risiken im Zusammenhang mit Mobilfunkstrahlung ist das indes nicht.

In seinem Vortrag gab Jörn Gutbier mit einer Folie einen Überblick über die Anzahl veröffentlichter Studien zur Erforschung von EMF (Elektromagnetischen Feldern). In Bezug auf die Studien scheiden sich die Geister. Während die einen argumentieren, dass in Studien keine negativen gesundheitlichen Effekte nachgewiesen werden konnten, zitieren andere Studien, die eben diese Effekte nachgewiesen haben. “Der weitaus größere Teil der in der Datenbank Medline zur EMF-Forschung hinterlegten Studien zeigt negative Auswirkungen”, erklärt Gutbier.

Quelle: Folienvortrag Jörn Gutbier, diagnose:funk

Alle angeführten Studien stammen aus der Zeit vor der Einführung des 5G Standards. Einiges lässt sich aus den Erfahrungen sicher ableiten, auswertbare Studien zu 5G gibt es jedoch bisher nicht. Auch wurde noch keine Technikfolgenabschätzung für 5G vom Bundestag beauftragt.

Verantwortungsvoller Umgang mit Mobilfunk

Die in Hochdahl gegründete Bürgerinitiative hat den verantwortungsvollen Umgang mit Mobilfunk zum Ziel. Daniela Günzel betonte in der Infoveranstaltung deshalb auch noch einmal, dass es nicht darum ginge Mobilfunk zu verhindern oder nur ‘dafür zu sorgen, dass kein Sendemast vor dem eigenen Haus gebaut wird’. Vielmehr will die Initiative transparente Verfahren mit Bürgerinformation und am Ende eine gute Versorgung mit Mobilfunk bei geringstmöglicher Strahlenbelastung für alle Bürger erreichen.

Aktuell beauftragt die Stadt einen Gutachter mit der Standortsuche für einen Mobilfunkmasten in Hochdahl, der neben der Versorgung der Bahn (was letztendlich zum von der Telekom geplanten Bau eines neuen Mobilfunkmasten führte) auch die Lücken in der Versorgung vor Ort schließt.

Ein Beispiel, wie eine solch intelligente und strahlungsarme Versorgung aussehen könnte, hatte Jörn Gutbier ebenfalls als Beispiel in seinem Folienvortrag, am Beispiel des Netzausbaus ohne und mit Mobilfunkkonzept (das es in Erkrath schon einmal gab und das sich sowohl die Bürgerinitiative, als auch einige Fraktionen wieder gewünscht hätten).

Quelle: Folienvortrag Jörn Gutbier, diagnose:funk

Eigenverantwortung im Umgang mit Mobilfunk

Keine Frage: Das Internet ist nicht mehr wegzudenken. Beruflich wie auch privat. Und immer noch kämpfen viele mit dem ‘mangelnden’ Mobilfunkempfang. Auf den Netzausbau in Kommunen haben Bürger nur bedingt Einfluss. “Kein Mobilfunkbetreiber spricht mit Bürgern. Die sprechen immer nur mit offiziellen Vertretern der Gemeinde”, macht Gutbier klar. Deshalb läge es auch in der Verantwortung der Gemeinden den Ausbau zu steuern, sowohl in Bezug auf die Versorgung, als auch auf die möglichst geringe Strahlenbelastung. Auch in Bezug auf WLAN an Schulen müsse man sich Gedanken machen. So sei die Smartphonenutzung in den höheren Jahrgängen an der Tagesordnung und die zahlreich installierten Apps, die ständig aktualisiert werden, sorgen auch für höhere Strahlung in Klassenräumen. Er selbst plädiert für das Ausschalten von Smartphones während der Unterrichtszeit. Auch jeder Einzelne könne etwas tun, um die Strahlenbelastung zu minimieren. Zu Hause mehr das Festnetz zum Telefonieren nutzen und öfter mal ‘offline’ gehen, wenn das Netz nicht benötigt wird.

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