Der Stadtweiher hat eine Zukunft

Von Ria Garcia

Foto: Archiv/Ria Garcia

Im September 2021 glaubten Anwohner dem Gutachter Beck nicht, der prognostizierte, dass der Stadtweiher in seiner ursprünglichen Größe nicht zu erhalten sei und sie sollten Recht behalten.

Am vergangenen Dienstag kam die Begleitgruppe Stadtweiher zusammen, um zum letzten Mal vor Erstellung des neuen Gutachtens über die Ergebnisse informiert zu werden. Moderiert wurde auch diese Sitzung von Thomas Scholle (plan-lokal). Außerdem standen für Fachfragen Dr. Jan Echterhoff von der Kommunal Agentur und Johannes Günterberg (Stadt Erkrath, Abteilungsleiter Grün) für Fachfragen zur Verfügung.

Dr. Klaus Haaken, Projektleiter von Björnsen Beratende Ingenieure GmbH (BCE) fasste die bisher bekannten Ergebnisse mit den letzten Untersuchungen und Berechnungen zusammen. Und die Ergebnisse stimmen positiv. Ob der Stadtweiher ohne Eingriffe aber auch Hitzeperioden, die sich über mehrere Jahre strecken, schadlos übersteht, ist nicht sicher. Zwar würde er voraussichtlich nicht trocken fallen, wie sich aber die Wasserqualität verändert, wenn der Füllstand deutlich absinkt, lässt sich nicht prognostizieren.

Dass der Stadtweiher sich wieder füllen würde, davon waren viele Anwohner im September 2021 überzeugt und ihr emotionales Auftreten bei einer Veranstaltung, in der eigentlich darüber gesprochen werden sollte, wie die Umgestaltung des auf ein Drittel verkleinerten Stadtweihers erfolgen soll, hat schließlich zur Überprüfung des vorgelegten Gutachtens geführt.

Zur Historie der neuen Untersuchung

Schon der erste Anstauversuch, der zum Jahresende 2021 unternommen wurde, zeigte, dass sich der Weiher deutlich schneller füllte, als das Ingenieurbüro Beck vorausgesagt hatte. Im Januar 2022 war er bereits bis 90 Zentimeter gefüllt. Die Anwohner fühlten sich bestätigt. Aber so voll wie einst wurde er nicht. Der Grund schien schnell erkannt: Das defekte Ablaufbauwerk ließ viel mehr Wasser durch, als der Bergisch-Rheinische Wasserverband als sogenannte Grundabgabe an den Sedentaler Bach gefordert hatte. Anfang des Jahres wurde das Ablaufbauwerk provisorisch abgedichtet und von Januar bis März stieg der Wasserstand auf seine maximale Höhe von 1,40 Meter an.

Inzwischen wurde auch ein neues Grundwassermodell erstellt, zu dem aus dem Gutachten Beck Daten fehlten. Dabei wurden einige Daten optimiert und ein Wasserbilanzmodell erstellt. Anders als im ersten Gutachten, dass für die Berechnung der Niederschlagsmengen die Messstation am Düsseldorfer Flughafen wählte, flossen in das neu erstellte Modell die Messdaten von der Sternwarte Hochdahl ein. Außerdem wurde das Modell von einem 2D in ein 3D Modell umgewandelt, die Randbedingungen optimiert und die Entnahmebrunnen Sedental und Sandheide berücksichtigt. Mit allen nun vorliegenden Daten wurden Prognoserechnungen mittels Klimaprognosen für die Wasserbilanz im langjährigen Mittel von 2023 bis 2050 erstellt. Dabei wurden auch mehrere, aufeinanderfolgende, Hitzejahre berücksichtigt.

Trocken fallen würde der Stadtweiher auch in seiner derzeitigen Größe nicht, wenn auch der Wasserstand auf einen Tiefststand von 70 Zentimetern fallen könnte. Dr. Haaken stellte mittels dieses Bilanzmodells fünf Varianten, und der Bedeutung, beziehungsweise Veränderung in der Bilanz vor. Variante 1 beschrieb den Ist-Zustand ohne weitere Eingriffe. Variante 2 beinhaltete die mögliche Abdichtung der Weihersohle. Variante 3 bezog die Grundabgabe an den Sedentaler Bach mit ein. Variante 4 beinhaltete die zusätzliche Einleitung von Niederschlagswasser. Variante 5 betrachtete die Abdichtung der Bachsohle des Sedentaler Bachs zwischen Sandfang und Stadtweiher. Betrachtet wurde auch eine Kombination aus den Varianten 4 und 5, die sich zwar nicht so extrem, wie Variante 2 auswirken würde, aber in Hitzejahren den Wasserstand auch nicht so extrem absinken lassen würde, als wenn man gar nichts unternimmt oder nur Variante 4 oder 5 umsetzt.

Wassergüte und der ‘illegale’ Stadtweiher

Was bisher überhaupt nicht Gegenstand der Betrachtung war sind die Gewässergüte mit Berücksichtigung des Phosphatgehalts, Algenwachstum oder möglichen Geruchsbelästigungen und die Gewässerökologie, die die Uferbepflanzung und eventuellen Fischbesatz beinhalten würde. Eine nette Anekdote trat bei den Arbeiten von Björnsen Ingenieure auch zutage: Eigentlich ist der Stadtweiher ein bisher nicht endgültig genehmigter Weiher, denn es gibt lediglich eine Zulassung zum vorzeitigen Baubeginn, die die obere Wasserbehörde der Bezirksregierung vor 50 Jahren am 5. Juni 1973 erteilte. Das Forderung eines nachträglichen Planfeststellungsverfahren wurde nie erfüllt. Es fehlten Unterlagen, um das Verfahren abzuschließen. Das soll nun nachgeholt werden und nach 50 Jahren kann dann endlich die abschließende Genehmigung erteilt werden.

Ende Juni sollen alle Ergebnisse für die Beratungen in Ausschüssen und Rat vorliegen. Diese werden dann erstmals am 24. August 2023 in einer Vorlage für den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung in die Beratungen einfließen. Bürgermeister Christoph Schultz dankte Dr. Haaken für seine Ausführungen und kommentierte diese: “Dieses Ergebnis haben wir vor mehr als 20 Monaten zwar erhofft, aber vielleicht nicht erwartet.” Der ganze Prozess habe gezeigt, wie wichtig Wasser sei. Nicht alle Ideen, die aufgekommen seien, seien umsetzbar oder finanzierbar. Die Gruppe würde nun enden, die Arbeit gehe aber weiter. Der Stadtrat müsse nun den Planungswettbewerb beschließen.

Begleitgruppenmitglieder und Besucher kommen zu Wort

Peter Knitsch (Grüne) danke allen Teilnehmern, die vor fast zwei Jahren bei der Bürgerveranstaltung dabei waren: “Sie haben das erreicht. Vielen Dank dafür.” Außerdem sprach er sich dafür aus, dass die Begleitgruppe fortgeführt wird und die Bürger weiter beteiligt werden. Eine Abdichtung der Weihersohle schloss er eher aus. Er sprach sich für die Varianten 4 und 5 aus. “Die Abdichtung des Ablaufbauwerks hätte man schon vor Jahren machen können. In Zukunft sollten solche Vorschläge ernster genommen und zeitnah umgesetzt werden”, äußerte sich Knitsch. Das nun vorliegende Ergebnis sei hart erkämpft, nun müsse auch das Weiherumfeld gepflegt werden. Auch wollte er mehr über die Trinkwasserentnahme der Stadtwerke wissen.

Helmut Rohden (CDU) interessierte sich für weitere Entscheidungen vor allem für die entstehenden Kosten. Leonhard Kern-Wagner (FDP) äußerte sich erfreut über das vorliegende Ergebnis. Über die Optionen müsse man sprechen und dafür seien auch die Kosten von Bedeutung. Die Beteiligung der Bürger hielt er für selbstverständlich. Reparaturen sollten auch aus seiner Sicht künftig frühzeitig erfolgen.

Dr. Haaken erklärte in Bezug auf die Trinkwasserentnahme, dass man diese nicht weiter verfolgt habe, weil man ihr keine größere Bedeutung beigemessen hätte. Der Weiher läge auf einer geologischen ‘Scholle’. “Dort gibt es keine einzige Messstelle.” Vielleicht sei durch eine neu installierte Messstelle später einmal ein Vergleich möglich. Die Messstelle würde aber nur das oberflächennahe Grundwasser erfassen. Tiefere Schichten würden nicht gemessen.

Zu möglichen Kosten äußerte sich Johannes Günterberg aus dem zuständigen Fachbereich: “Die Abdichtung der Weihersohle würde drei bis dreieinhalb Millionen Euro kosten.” Die Kosten für Variante 4 konnte er nicht beziffern, da hier auch private Eigentümer beteiligt seien. Diese wollte er – soweit möglich – nachreichen. Variante 5 konnte er nur vorsichtig schätzen. Die Abdichtung des Bachbetts wäre über etwa 60 Meter nötig. Grob geschätzt seien dass 200 bis 300 Tsd. Euro.

Markus Lenk (Linke) war der Meinung, dass man fast 2 Jahre verschwendet hätte und in dieser Zeit das Umfeld des Stadtweihers verkommen lassen habe. Bei Regen bilde sich ein paralleler Bach. Außerdem sei der Zuweg zur Brücke abgesunken. “Wir müssen jetzt mal zeitlich Druck machen und den Zustand verbessern.” Peter Knitsch gab ihm Recht. Vertretbare Maßnahmen sollten schon zeitnah umgesetzt werden. “Der Zaun muss so schnell wie möglich weg”, forderte er.

Den Zaun verteidigte Bürgermeister Christoph Schultz mit der Verkehrssicherungspflicht. Er verwies auf ein Urteil aus Hessen, in dem ein Bürgermeister in zweiter Instanz zu Schadensersatz verklagt wurde, weil er der Sicherungspflicht nicht nachgekommen sei. Dort waren drei Kinder in einem Teich ertrunken. Das Urteil beschäftigt inzwischen viele Kommunen, die überprüfen, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um der Verkehrssicherungspflicht ausreichend nachzukommen. Johannes Günterberg bestätigte, dass auch Erkrath eine Einschätzung der Kommunalversicherung erhalten habe, die besagt, der Stadtweiher sei so nicht genügend gesichert. An welcher Stelle und aus welchem Grund, wurde nicht näher erläutert. Schaut man sich das Urteil aus erster Instanz in Hessen an, dann fallen einige Besonderheiten auf. Welche Maßnahmen am Ende für den Stadtweiher notwendig sind, muss hier sicher noch abschließend geklärt werden. Reinhard Herder verwies darauf, dass das Urteil nur eine steile Stelle betroffen hätte und man diesen Aspekt berücksichtigen müsse. Hier solle man noch einmal mit der Versicherung sprechen.

Ein Bauzaun führt quer durch den Stadtweiher. Foto/Archiv: ML

Helmut Kampka brachte eine weitere Überlegung ins Spiel. Er wollte wissen, wie sich eine Erhöhung des maximalen Wasserstands, durch Erhöhung des Ablaufbauwerks auswirken würde. “Das wäre ein Schritt, um den Weiher 20 bis 30 Zentimeter tiefer zu machen und damit weniger Verdunstung zu erreichen.” Dr. Haaken bestätigte, dass “je größer das Volumen des Weihers, desto größer der Puffer”. Die Frage, ob das Gelände eine solche Erhöhung überhaupt zulasse, müsste indes erst geprüft werden. Auch Lars Busch und Toni Nezi (SPD) kamen zu Wort, die sich zu Wasserbewegung und der einst im Weiher befindlichen Fontäne äußerten.

Ein Besucher äußerte sich dazu, dass der Zaun im Wasser eine Gefahr für Vögel sei. Außerdem würden im Bereich der Brücke schon wieder Einkaufswagen im Wasser versenkt, die früher der ansässige Anglerverein regelmäßig herausgeholt hätte. Die seitlich gekippten Einkaufswagen wirkten sich wie eine Reuse aus. “Ist perspektivisch angedacht, wieder einen Anglerverein hier anzusiedeln?”, wollte er wissen. Johannes Günterberg versprach wegen des Zaunteils innerhalb der Stadtweiher zu schauen. “Das Fischereirecht stellt besondere Anforderungen, aber kontaktieren Sie uns gerne. Wenn wir wissen, ob Interesse besteht einen Anglerverein aufleben so lassen, werden wir uns damit befassen.”

Anmerkung der Redaktion: Die Protokolle der Sitzungen der Begleitgruppe, sowie die Präsentationen von Björnsen Beratende Ingenieure werden auf der Homepage der Stadt Erkrath veröffentlicht. Sie finden sich in der rechten Spalte unter Dokumente zum Download. Bei Fertigstellung dieses Artikels fehlten Protokoll und Präsentation aus der letzten Sitzung noch.

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