Das perfekte Konzept: Arbeiten 4.0

von Ria Garcia

Ob am großen Besprechungstisch (vorn) oder am gemütlichen Beistelltisch (Hintergrund mit Luisa Schlüter und Alexander Hülsberg): Bei Timocom sind Raum und Zeit der Arbeit flexibilisiert. Foto: RG

Mit dem TEAMocom Space startete Timocom im November 2021 mit einer Testphase in eine neue Arbeitswelt und die entwickelt sich derzeit rasant weiter.

Während auf dem TEAMocom Space (wir berichteten) die Testphase noch nicht beendet ist, entwickeln sich parallel schon andere Bereiche weiter. “Die Pandemie hat die zeitliche Planung etwas verzögert, so dass nicht alle Teams innerhalb eines halben Jahres auf dem TEAMocom Space waren und wir verlängert haben”, erklärt Luisa Schlüter, HR Business Partner und zuständig für das Thema New Ways of Working bei Timocom. Ende September soll die Testphase abgeschlossen sein. Der ‘Multi-Space’ im Obergeschoss, wie ihn Luisa Schlüter bezeichnet, hat inzwischen zu vielen Erkenntnissen geführt. “Er steigert die Kreativität und die Produktivität”, so Schlüter. Räumliche Hierarchien hat man aufgehoben. Auch Vorgesetzte sitzen nicht mehr abgeschottet im Einzelbüro. Das kommt gut an und hat den ‘schnellen Dienstweg’ geebnet, weil alle viel häufiger miteinander kommunizieren.

“Wir haben eine zweite Fläche im Erdgeschoss umgestaltet und neu eingerichtet”, berichtet uns Alexander Hülsberg, Strategischer Projektmanager im General Management, bei unserem Gespräch vor Ort. Bereits in der Testphase hatten Mitarbeiter erkannt, das der sehr offene TEAMocom Space im Obergeschoss für die ‘Vieltelefonierer’ aus den Abteilungen Sales und Finance nicht ganz optimal ist. Anders, als auf der ersten Fläche hat man hier einige Zwischenwände der Einzelbüros erhalten, um einen besseren Schallschutz zu erzielen. Seit Fertigstellung dieses zweiten Bereichs sind in der verbleibenden Testphase jeweils zwei Teams für zwei Wochen vor Ort. Während eines Rundgangs durch diesen neuen Bereich erhalten wir ganz nebenbei ein Feedback: “Ich fühle mich hier wie zu Hause”, erklärt einer der Mitarbeiter grinsend. Auch hier gibt es unterschiedliche Bereiche für Teammeetings oder Einzelgespräche und natürlich die ‘Coffee-Bar’ als zentralen Treffpunkt für die kleine Pause zwischendurch. Und während draußen Temperaturen von über 30 Grad herrschen, sind die Arbeitsflächen angenehm klimatisiert.

Impressionen des zweiten – neugestalteten – Bereichs

Mehr Teamgeist – weniger Raumbedarf

Mit der Abkehr von geschlossenen Büros auf langen Gängen hat sich einiges verändert. “Wir arbeiten crossfunktional und abteilungsübergreifend, das war virtuell nicht abbildbar”, erklärt Hülsberg. Früher seien Begegnungen im Unternehmen häufig eher zufällig gewesen. Inzwischen sei das Büro zu einer Art ‘Kulturtankstelle’ geworden. “Die Teams brauchen auch eine Home-Area”, so Alexander Hülsberg. Erst jetzt zeige sich der Mehrwert der Umgestaltung. Die neuen Arbeitsumgebungen hätten das ‘Silo-Denken’ aufgebrochen. Auch das ‘Meins-Deins’-Denken sei aufgelöst, denn den typischen Schreibtisch-Container, in dem Mitarbeiter ‘ihr Arbeitsmaterial’ aufbewahren, gibt es bei Timocom nicht mehr. “Es gibt Schränke, in denen Mitarbeiter auch mal persönliche Dinge einschließen können”, erklärt Luisa Schlüter, dass man dafür eine andere Lösung bereit gestellt habe.

Zu Beginn des bei Timocom gestarteten Veränderungsprozesses habe man an einem ganz anderen Punkt gestanden, erklärt Luisa Schlüter. “Wir haben uns gefragt: Wo geht die Reise hin?” Auf der einen Seite galt es ganz viel Flexibilität zu schaffen, auf der anderen Seite die Waage zu halten, damit der Team-Zusammenhalt nicht verloren geht. Dabei war Timocom bereits lange vor der Pandemie, 2018, einer der ersten Arbeitgeber in der Region, der mit Homeoffice-Angeboten flexiblere Arbeitsmodelle schuf. Damals wurden die 360 Mitarbeiter des Unternehmens mit Laptop und Headset ausgestattet und konnten fortan einen Tag pro Woche von zu Hause oder anderen Orten aus arbeiten.

Als dann in der Pandemie plötzlich ‘Hardware’ zur Mangelware wurde, weil zahlreiche Unternehmen, Verwaltungen aber auch Schulen Mitarbeiter oder Schüler mit Laptops und Tablets ausstatten wollten, war Timocom bereits bestens vorbereitet. Als nach dem Lockdown die Rückkehr in die Unternehmen möglich war, kamen zuerst die Mitarbeiter zurück, die ihre Arbeitsbedingungen im Homeoffice vielleicht nicht als so ganz optimal empfunden haben und das kann viele Gründe haben. Zu laut, zu heiß, zu wenig ungestört, zu einsam …

Auch bei Timocom kehrte ein Teil der Mitarbeiter in die Büros zurück, während viele noch im Homeoffice blieben. Die ‘Büros der Vergangenheit’ vermittelten dabei den Eindruck ‘allein zu sein’, weil sich die wenigen Mitarbeiter vor Ort oft kaum begegneten. Das gab schließlich den Anstoß nicht nur die Arbeit selbst zu flexibilisieren, sondern auch die Räumlichkeiten zu verändern. “Vor der Pandemie waren wir im Begriff ein dritte Gebäude zu planen, um Platz für die wachsende Belegschaft zu schaffen. Jetzt haben wir unser zweites Gebäude leergezogen und haben alles auf das Hauptgebäude konzentriert”, vermittelt Alexander Hülsberg, dass die Flexibilisierung auch zu deutlich weniger Flächen- und Raumbedarf führt. Nur etwa 30 Mitarbeiter sind bei Timocom nach dem Lockdown noch regelmäßig vor Ort. Das zweite Gebäude, in dem in der Pandemie auch das Impfzentrum des Kreises untergebracht wurde, wird langfristig nicht mehr benötigt und soll weiter vermietet werden.

Gemeinsam gestalten

Zweimal im Jahr führt Timocom eine Mitarbeiterbefragung durch und erfährt dadurch auch viel darüber, was sich Fach- und Führungskräfte für die Zukunft wünschen. “Wenn wir auch künftig noch genügend neue Mitarbeiter gewinnen wollen, müssen wir versuchen das ‘perfekte Konzept’ zu finden”, erklärt Luisa Schlüter. Daraus seien die sehr innovativen Flächen entstanden, auf denen Arbeit Spaß mache, aber auch ganz andere Modelle. Gab es 2018 noch das 4:1 Modell fürs Homeoffice, können Mitarbeiter inzwischen auch bis zu 100 Prozent im Homeoffice arbeiten. “Wenn wir zum Beispiel einen Mitarbeiter gewinnen können, der mit seiner Familie in München lebt, muss er nicht umziehen”, so Schlüter.

Workation: 120 Tage im Jahr arbeiten von wo aus man will

Bei einer internationalen Belegschaft kam aber in der Mitarbeiterbefragungen auch immer wieder der Wunsch hoch, zeitweise aus dem Ausland heraus arbeiten zu können. “Das war eine Herausforderung, für die wir auch versicherungstechnische Fragen lösen mussten. Inzwischen haben wir mit einer innovativen Software mit Risikoabwägung einen smarten Weg gefunden.”

‘Workation’ (aus Work für Arbeiten und Vacation für Urlaub entstanden) heißt das neue Modell, das den Timocom Mitarbeitern pünktlich zum Ferienbeginn in diesem Jahr auch das Arbeiten aus dem Ausland heraus ermöglicht und das für bis zu 120 Tage pro Jahr.

Wo die Reise hingeht?

“Wir versuchen gerade das perfekte Konzept zu finden”, sagt uns Luisa Schlüter. Wenn Ende September die Testphase ausläuft sollen alle daraus gewonnenen Erkenntnisse für dieses ‘perfekte Konzept’ ausgewertet werden. Auf dem besten Weg dahin ist Timocom schon länger, wie die Bewertungen bei und die Auszeichnungen von Kununu zeigen. Mit europaweit mehr als 500 Mitarbeitern, wächst Timocom weiter. Aktuell sind mehr als 30 Jobs ausgeschrieben.

Wikipedia über Timocom

Kommentar: Der stetig zunehmende Fachkräftemangel wird früher oder später dazu führen, dass auch andere Unternehmen, bei denen nicht ‘vor Ort produziert wird’, flexiblere Arbeitszeitmodelle schaffen, die deutlich mehr Homeoffice-Lösungen bieten. Das ist nicht nur gut für Arbeitnehmer und Familien, das ist vor allem auch gut für die Umwelt: Weniger CO2-Ausstoß und Staus durch Berufspendler, weniger Flächenbedarf fürs Gewerbe und damit weniger Versiegelung, was im Rahmen des spürbaren Klimawandels eindeutig als Vorteil gewertet werden muss.

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