Buchtipp: Heimkehr

von Stephan Frank

Foto: Ingrid / Pixabay

Stephan Frank hat für unsere Leserinnen und Leser Wolfgang Büschers Buch “Heimkehr” rezensiert.

Wolfgang Büscher, Jahrgang 1951, hat neben vielfach ausgezeichneten Reportagen für führende Zeitungen in Deutschland einige Reiseführer und Wanderbücher auf höchstem Niveau verfasst.

In seinem neuesten Werk „Heimkehr“ – inzwischen auch als preiswertes Taschenbuch veröffentlicht – kehrt er an den Ort seiner Kindheit im Grenzgebiet zwischen Franken und Sachsen zurück. Das Elternhaus ist leergeräumt, die Mutter liegt sterbend im Altenheim. Der Autor dieses autofiktionalen Textes – vieles ist biographisch belegt, weniges hingegen erfunden – entschließt sich in dieser Situation, Frühjahr, Sommer und Herbst in einer abgelegenen Jagdhütte im Wald zu verbringen, eine Unterkunft ohne Strom und fließendem Wasser, ausgestattet nur mit dem Notwendigstem.

Sicherlich wird in dem Buch das etwas komplizierte Verhältnis zwischen Mutter und Sohn thematisiert. Die Mutter wollte, dass ihr Sohn nach ihrem Tod in das einst vom Großvater selbst gebaute Haus zieht und so die familiäre Tradition fortsetzt. Den Sohn hingegen zog es erst zum Studium in die Großstadt, wo er dann auch seinen Beruf ausübte und so die Erwartung der Mutter enttäuschte. Trotz allem gibt es einen versöhnlichen Abschied voneinander: „Wir wollten nichts mehr, beide nicht, wollten nichts voneinander, den anderen nicht ändern noch ihm unbedingt etwas mitgeben, … Es war alles getan und gesagt, es war gut.“

Der eigentliche Fokus des Textes liegt aber auf dem Leben im Wald. Wer hier allerdings ein Aktualisierung von Henry David Thoreaus „Walden, or Life in the Woods“, eine Verklärung des deutschen Waldes, eine Romantisierung des Eremitenlebens oder gar Esoterisches erwartet, wir enttäuscht. Das Leben im Wald ist zwar eine Existenz mit Bäumen und Tieren, aber die sozialen Kontakte zum Förster, den Waldarbeitern und den Einwohnern der umliegenden Dörfer werden aufrecht erhalten und gepflegt, wirklich allein ist der Protagonist nie. Selbst moderne Technik in Form von effektiven Maschinen für die Arbeit im Wald wird berücksichtigt.

Letztlich geht es in dem Buch um eine Betrachtung der Welt, des Lebens in Deutschland im 21. Jahrhundert unter Berücksichtigung der Geschichte: Angefangen mit der Missionierung durch Bonifatius im 8. Jahrhundert, über die Reformation, die Weltkriege bis hin zur Gegenwart.

Was das Buch so empfehlenswert macht, ist die weltoffene Sicht auf die Gegenwart, deren kritische Analyse verbunden mit durchaus meditativen Betrachtungen, und das alles in einem anspruchsvollen wie ansprechendem Stil, aber trotzdem unterhaltsam und entspannend.

Wolfgang Büscher: Heimkehr. Hamburg 2021.
Rowohlt Verlag. ISBN 978-3-499-00274-8

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