Buchtipp: Elternhaus

von Stephan Frank

Foto: Ingrid / Pixabay

Stephan Frank hat für unsere Leserinnen und Leser Ute Manks Roman „Elternhaus“ rezensiert.

In dem Buch geht es um die Geschichte einer traditionellen Familie. Die Eltern, wohl der Kriegsgeneration angehörend, sind alt geworden. Der Vater, der sein Haus selbst gebaut hat, und die Mutter, die sich stets um die Familie und deren Belange gekümmert hat und darüber hinaus als Putzfrau das Familieneinkommen aufgebessert hat, diese beiden Personen sind dem Alltag nicht mehr recht gewachsen und benötigen immer mehr Hilfe. Sie haben drei Töchter, die äußerst unterschiedliche Lebensentwürfe verfolgen.

Da ist die Älteste, Sanne genannt, die sich im Wesentlichen an den Eltern orientiert: Schule, Lehre, Hochzeit, Hausbau und zwei inzwischen erwachsene Kinder, die das Elternhaus bereits verlassen haben. Sanne, die unweit der Eltern wohnt, kümmert sich aufopferungsvoll um sie. Sie besitzt bereits ihr Elternhaus und setzt durch, dass die Eltern auf Grund ihrer Situation in eine altersgerechte Wohnung umziehen und will das Elternhaus verkaufen. Die mittlere Schwester, Petra, hat den sozialen Aufstieg geschafft: Nur sie hat ein Studium erfolgreich absolviert, wohnt weit weg in einer Großstadt, hat eine komfortable Wohnung, ein gutes Einkommen und genießt ihr Leben als Single. Sie hat allerdings seit vielen Jahren eine lockere Beziehung zu einem verheirateten Mann. Und da ist schließlich die jüngste Schwester, Gitti genannt, eine alleinerziehende Mutter, die etwas unstet lebt.

Im Wesentlichen befasst sich das Buch mit der Frage: Welche Bedeutung hat ein Elternhaus als der Ort, an dem die Eltern mit ihren Kindern jahrelang gelebt haben, als andauerndes Zentrum einer Familie. Und darüber hinaus geht es um das Problem, wie mit den im weitesten Sinne hilfsbedürftigen Eltern umgegangenen werden soll. Es sind also Fragestellungen, die uns alle wahrscheinlich früher oder später betreffen werden. Für die äußerst pragmatisch handelnde Sanne, die sich als einzige Tochter wirklich um die Eltern kümmert,  ist das Vorgehen klar: Die Eltern müssen das Haus verlassen und in eine adäquate Wohnung umziehen. Es wird nicht darüber diskutiert, schon gar nicht im Familienkreis, Alternativen werden nicht gesucht und die hilflos wirkenden Eltern fügen sich ihrem Schicksal.

Die jüngere Schwester Petra ist dagegen entsetzt, als sie davon erfährt, insbesondere darüber, dass das Elternhaus verkauft werden soll. Da sie jedoch weit weg wohnt, erfährt sie immer als Letzte was ihre Familie betrifft. Meist wird sie von Gitti verspätet informiert, die sich als Vermittlerin zwischen ihren beiden älteren Schwestern sieht. Und hier taucht das nächste Problem auf: die mangelnde Kommunikation zwischen allen Beteiligten. Die Eltern diskutieren nicht mit den Kindern über den Umzug und den Hausverkauf. Die Schwestern reden auch nicht miteinander; alte, längst vergangene Rivalitäten verhindern dies. Sanne ist darüber hinaus auch nicht in der Lage, ihre Eheprobleme mit ihrem Mann zu besprechen. Ganz im Gegenteil: Sie schweigt und setzt eher auf zerstörerische Taten gegen ihren Haushalt und sich selbst.

Insgesamt gesehen haben wir mit dem Buch „Elternhaus“ einen Roman vorliegen, der sich umfassend mit einem Thema befasst, dem wohl jeder einmal ausgesetzt sein wird, nämlich dem Umgang mit zunehmend hilfsbedürftigen Eltern im Spannungsfeld zwischen Fürsorge, Verantwortung und Bevormundung. Gleichzeitig erleben wir, wie mangelnde Kommunikation das Zusammenleben einer Familie gefährdet. Das Werk, im Wesentlichen aus den unterschiedlichen Perspektiven der Schwestern Sanne und Petra gesehen, ist spannend und ansprechend geschrieben: Ein äußerst empfehlenswertes Buch!

Ute Mank: Elternhaus

München 2023. dtv Verlagsgesellschaft

ISBN: 978-3-423-28350-2

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