Buchtipp: Der Sommer meiner Mutter

von Stephan Frank

Foto: Ingrid / Pixabay

Stephan Frank hat für unsere Leser Ulrich Woelks Roman ‘Der Sommer meiner Mutter’ rezensiert.

Der Autor, 1960 geboren, studierte Physik und Philosophie und ist nach seiner wissenschaftlichen Karriere bei der europäischen Raumfahrtagentur als freier Schriftsteller in Berlin wohnhaft. Er hat zahlreiche Romane und Erzählungen geschrieben, die auch vielfach in andere Sprachen übersetzt worden sind.

Liest man den ersten Satz des Romans: „Im Sommer 1969, ein paar Wochen nach der ersten Mondlandung, nahm sich meine Mutter das Leben.“ möchte man eigentlich das Buch zuklappen und für immer weglegen; wer will sich schon in seiner Freizeit mit der Lektüre eines Buches über einen Suizid beschäftigen? Was aber nach diesem ersten Satz kommt, ist eine rasante Darstellung des Jahres 1969, und zwar aus der Sicht des elfjährigen Sohnes, Tobias, besagter Mutter. Es ist eine Beschreibung der Zeit, wie sie zwei äußerst unterschiedliche Familien erleben. Tobias‘ Vater ist erfolgreicher leitender Angestellter im technischen Bereich und in jeder Hinsicht konservativ eingestellt, die Mutter ist Hausfrau. Die Nachbarsfamilie, eher im linken Spektrum der damaligen Zeit zu verorten, besteht aus dem Vater, einem Philosophieprofessor, der Mutter, einer Übersetzerin, sowie einer in jeder Hinsicht frühreifen dreizehnjährigen Tochter. Diese beiden Familien verkörpern das gesellschaftliche und politische Spannungsfeld der damaligen Zeit, wobei die Entwicklung von Tobias, insbesondere in Bezug auf die Nachbarstochter, sowie seiner Mutter hin zu einer emanzipierten Frau im Mittelpunkt stehen. Ein überraschendes Schlusskapitel, das hier nicht verraten werden soll, beendet diesen teilweise autobiographischen Roman.

Ulrich Woelk: Der Sommer meiner Mutter. München 2021. ISBN 978-3-442-77026-7

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*