Beschlossen, dann weggespart: Brücke am Thieleshof

von Ria Garcia

Ein idyllisches Plätzchen für Spaziergänger: Die Brücke am Thieleshof. Foto: privat

In der heutigen Ratssitzung steht die Brücke am Thieleshof noch einmal auf der Tagesordnung. Anwohner würden sie gerne erhalten, eine Mehrheit im Rat hat sie jedoch dem Sparzwang geopfert.

Eigentlich hatte der Bauausschuss am 27. April 2021 einstimmig beschlossen die in die Jahre gekommene Brücke neu zu bauen. In der Vorgang 106/2021 im Ratsinformationssystem finden sich der Beschluss sowie die Planunterlage und ein Erläuterungsbericht. Eine weitere Abstimmung mit dem BRW trägt den Erledigungsvermerk 30. Juli 2021.

Eigentlich … Denn dann folgten im Dezember 2021 die Einbringung des Haushaltsplanentwurfs 2022, der eine moderate Anhebung der Grundsteuer vorsah und die anschließenden Beratungen in den Fachausschüssen. Das Ergebnis dieser Beratungen dürfte den meisten Bürgern bekannt sein. Die Anhebung der Grundsteuer wurde mehrheitlich abgelehnt und statt dessen fand sich eine Mehrheit für die Aufstellung eines freiwilligen Haushaltssicherungskonzepts. Mit der Erarbeitung und der Ermittlung von Sparmaßnahmen wurde die Beratungsgesellschaft PwC beauftragt. Aus dem ‘freiwilligen Haushaltssicherungskonzept’ wurde das ‘Haushaltsoptimierungskonzept’ und die Sparvorschläge der Beratung trugen durchnummeriert das Kürzel ‘HOK’ vor der jeweiligen Vorschlagsnummer. Der Sparvorschlag HOK 170 betraf dann die Brücke am Thieleshof.

Der Niederschrift des Mobilitätsausschusses vom 2. Februar 2022 (Seite 5 – Berichte der Verwaltung Punkt 5) ist noch zu entnehmen, dass die Brücke in Planung war. Im Mobilitätsausschuss am 20. Oktober 2022 brachte die BmU die Brücke erneut auf die Tagesordnung. Nach der Flut im Juli hatte man die Brücke dauerhaft gesperrt. Genutzt wurde sie dennoch weiterhin. Das Unkraut entlang des Weges hatte die Stadt offensichtlich aufgrund der Sperrung nicht mehr entfernt, sodass Anwohner dies ehrenamtlich übernommen hatten. Die BmU regte die Aufhebung der Sperrung an. Ein Beschluss erfolgte im Ausschuss dazu nicht. (Vorgang 192/2022)

Sparvorschlag zum Haushaltsoptimierungskonzept (HOK)

Es folgte der Mobilitätsausschuss am 23. Januar 2023 der die von Anwohnern abgelehnte Wende einleitete. Auf der Tagesordnung stand unter der Top 3 der Sparvorschlag ‘HOK 170 – Möglichkeit des Verzichts auf Neubau Brücke Thieleshof sowie Neubau Geh- und Radweg am Eselsbach 1. Abschnitt’. Der Beschluss (Vorgang 252/2022) auf den Brückenneubau am Thieleshof zu verzichten wurde in der Sitzung – bei Enthaltung der Grünen und Linken) mehrheitlich beschlossen.

Im Februar 2023 beantragten die Grünen dann die Aufhebung des Beschlusses aus dem Mobilitätsausschuss im Januar im Haupt- und Finanzausschuss und im Rat (Vorgang 51/2023). Eine Mehrheit verwies den Antrag wiederum in den Mobilitätsausschuss am 22. März 2023. Dort hatten sich dann auch Anwohner eingefunden, mussten aber erleben, dass der Tagesordnungspunkt auf Grund der langen Tagesordnung in die nächste Sitzung verschoben wurde.

Die fand dann in der letzten Woche am 20. April 2023 statt. Zum Antrag der Grünen argumentierte die BmU, dass ein Neubau die Stadtkasse nur in Höhe der Abschreibung belasten würde, während eine Instandsetzung direkt das Jahresergebnis mindert. Die Rahmentabelle des Neuen Kommunalen Finanzmanagements (NKF) sähe bei reinen Holzbrücken eine Abschreibungsdauer von mindestens 20 Jahren vor. Bei einer Brücke, wie sie 2021 mit Stahlüberbau und Holzbohlenbelag beschlossen wurde (Kosten 100 Tsd. Euro) betrüge die Abschreibung sogar 50 Jahre. Es gehe, so die BmU also lediglich um eine jährliche Abschreibung von 5.000 Euro, bei einer reinen Holzbrücke sogar nur 2.000 Euro. Die Grünen plädierten in der Sitzung für einen Neubau, da man sonst in wenigen Jahren wieder diskutieren müsse. Es sollte auch Planungssicherheit für den Bergisch Rheinischen Wasserverband (BRW) hergestellt werden. Eine weitere Diskussion fand nicht statt, auch Bürger wurden zum Thema nicht gehört.

Die Abstimmung: 7 Ausschussmitglieder (Grüne, BmU, Linke, AfD) stimmten für den Antrag. Bei einer Enthaltung aus der CDU stimmten die verbliebenen 10 Mitglieder des Ausschusses gegen den Antrag der Grünen, der damit mehrheitlich abgelehnt wurde.

Ist das Aus für die Brücke am Thieleshof?

Bündnis 90/Die Grünen haben Einspruch gegen den Beschluss eingelegt, sodass der Antrag heute noch einmal im Rat behandelt wird und vielleicht auch Anwohner gehört werden können. Er steht allerdings dort als Top 18.6 als allerletzter Tagesordnungspunkt vor dem nichtöffentlichen Teil der Sitzung. Eine geringe Hoffnung besteht natürlich, dass er vorgezogen wird, wenn sich viele Bürger zum Thema einfinden.

Ein Anwohner hat uns geschrieben, was er über die Entscheidung gegen den Neubau oder die Instandsetzung denkt: “Es ist mir klar, dass unsere Stadtkasse ziemlich leer ist. Es sollte deshalb gründlich überlegt werden, wo Investitionen sinnvoll sind. Ein sinnvolles Beispiel ist unsere ‘Eselsbach-Brücke’. Sie wird jeden Wochen- und Wochenendtag von frühmorgens bis spätabends intensiv genutzt. Ich bezweifle, dass von den Entscheidern unserer Stadt irgendwelche Anstrengungen  unternommen wurden oder werden, um sich vor Ort über die tatsächliche Nutzung der Brücke, der Meinung der Anwohner und der vielen Hundebesitzer (Hundesteuerzahler) aus Unterfeldhaus zu informieren. Ich denke, es werden nur angeblich nachvollziehbare Zahlen, zweifelhafte Gutachten, nicht aber die tatsächlichen Wünsche und Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt berücksichtigt.

Manfred Hansen, der direkt am Thieleshof wohnt, sagt uns: “Ich finde es nicht in Ordnung, wenn die Stadt Erkrath den Bürgern die Möglichkeit nehmen will, den Weg am Eselsbach uneingeschränkt zu nutzen. Dieses Kleinod muß von und in alle Richtungen allen Bürger zugänglich sein.

Gibt es keine andere, kreative Lösung, die Brücke zu erhalten?

Zugegeben: Die Stadtkasse ist ziemlich leer und der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst dürfte die Situation noch verschärfen. Wie ließen sich die notwendigen 100 Tsd. Euro aufbringen, ohne die Stadtkasse noch mehr zu belasten?

Aus anderen Kommunen wird man hin und wieder auf unkonventionelle Ideen aufmerksam. So berichtete WDR aktuell am 25. April 2023 über eine neue Holzbrücke im Möhnetal-Radweg Projekt, die mit ehrenamtlicher Hilfe realisiert werden konnte. Minute 5.25 WDR aktuell vom 25.04.2023. Nicht kostenneutral, aber mit deutlicher Ersparnis.

2010 kam man in der klammen Kommune Niederzimmern in Thüringen auf die Idee ‘Schlaglöcher zu verkaufen’. 50 Euro für ein Schlagloch, damit die Kommune das Geld für die Reparatur aufbringen konnte. Wer ein Schlagloch kaufte, sollte mit einer kleinen Plakette, die in den Teer eingelassen wird, verewigt werden. Die Lokalpresse, so berichtete die FAZ, hätte vom ‘Walk of Fame’ geschrieben.

Am vergangenen Sonntag bei der Eröffnung der Lokschuppen Saison zeigte sich Bürgermeister Christoph Schultz ein wenig beeindruckt, dass eine so wichtige Bahnverbindung, wie die Strecke Düsseldorf-Elberfeld seinerzeit privat finanziert wurde. Aber wäre so etwas nicht vielleicht auch heute vorstellbar, wie das Beispiel aus Thüringen vormacht? Man könnte die Bürger vorab nach Ihrer Meinung zu einer solchen Lösung fragen.

Geht man von den 50 Euro im Beispiel in Thüringen und den 100 Tsd. Euro Kosten im konkreten Fall der Brücke am Thieleshof aus, bräuchte es 2.000 Menschen, die den Betrag von 50 Euro gegen eine Namensplakette an der Brücke spenden. Laut Wikipedia hatte Unterfeldhaus im Dezember 2020 rund 5200 Einwohner. Scheint auf den ersten Blick grundsätzlich machbar. Und vielleicht wären ja auch ansässige Unternehmen bereit etwas mehr dazuzugeben und damit ihren Firmennamen zu verewigen.

2 Kommentare

  1. Ein sehr guter Vorschlag mit dem privaten Sponsoring. Dann wird man mal sehen, ob die Brücke wirklich so wichtig und so intensiv genutzt ist oder ob da nur einige Schreihälse aus der unmittelbaren Nachbarschaft ein Problem herbei reden, das gar keines ist. Je stärker die persönliche Betroffenheit, desto größer darf ja auch die Spende sein…

    Ansonsten ist es schon verwunderlich: alle sind sauer wegen der erhöhten Grundsteuer. Dann gibt es aber mal eine Chance zum Sparen, deren Umsetzung wird auch mehrheitlich beschlossen. Aber dann wollen das gerade die Parteien, die sich so gerne “nachhaltig” nennen, nicht hinnehmen. Wurde nicht dieses Sparkonzept gerade für ein *nachhaltiges* Wirtschaften ausgedacht?

    Man man man, *so* werden wir es nie schaffen mit dem ausgeglichenen Haushalt.

  2. Sehr guter Artikel! Kleine Ergänzung:
    Erkrath zahlt laut S.517 des Haushaltsplans 2023 (Hpl) jährlich 670.000€ Mitgliedsbeiträge an den BRW (Bergisch Rheinische Wasserverband). Dafür plant und baut dieser auf eigene Kosten für Erkrath. Zudem hätte der BRW sich laut S.491 des Hpl mit 12.000€ an den Kosten für die Brücke beteiligt. Die Planungen des BRW sind nun teilweise hinfällig, haben aber natürlich über die Mitgliedsbeiträge das Geld der Erkrather Steuerzahler gekostet. Deshalb wurde durch die kurzfristige Umentscheidung mehr Geld ausgegeben als eingespart.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*