Weiße lange Haare und Bart, alles echt. So stellen sich Kinder den Nikolaus vor. Unser Kollege Timo verkörpert ihn einmal im Jahr perfekt. Aber wie kam es eigentlich dazu?
Einmal im Jahr lässt Timo Kremerius Haare und Bart wachsen. Länger als gewöhnlich muss man dazu sagen, denn seit er vor etwa 15 Jahren aus seinem Job in einem großen amerikanischen Unternehmen in Altersteilzeit ging und keine Kunden mehr traf, gönnte er sich den Luxus die Haare etwas länger zu tragen und einen Drei-Tage-Bart zu pflegen. „Das führte dann zur folgenschweren Feststellung einer guten Freundin: Wenn Du dir den Bart länger wachsen lässt, kannst Du auch den Nikolaus spielen“, erinnert sich Timo und ergänzt, er hätte nicht geahnt, was ein zaghaftes Kopfnicken auslösen würde. Und so war er für die Enkelkinder der Freundin als Nikolaus gebucht.
Was soll man sagen: Eine der Töchter jener Freundin arbeitet in einem Kindergarten und schon kam das ‚Nikolaus Karussel‘ in Gang. Der nächste Auftrag für deutlich mehr Kinder. Timo wurde zum Nikolaus im Kindergarten In den Birken. Und offensichtlich hat er seinen Job im ersten Jahr so gut gemacht, dass er gleich für die Folgejahre gebucht war. „Sehr zum Leidwesen meiner Frau ließ ich mir seit dem jedes Jahr ab dem 1. Oktober Haare und Bart wachsen, damit ich als waschechter Nikolaus im Kindergarten erscheinen konnte“, erzählt er. „Mit einem Bischofsgewand und allen Insignien, die zu einem Bischof gehören.“ Für Timo hieß das auch, dass er die geliebten Turnschuhe zur Seite stellte. Die passten nicht zum Kostüm. Dafür holte er dann die Wanderschuhe hervor. „Die Kinder kontrollieren sehr genau, ob der Bart echt ist und ob die Schuhe auch für den langen schneebedeckten Weg vom Südpol geeignet sind“, verrät er augenzwinkernd.
Mit dem Bischofsgewand hat es etwas Besonderes auf sich: „Ich freue mich sehr, dass ich das Bischofsgewand, welches mir von meiner Freundin zur Verfügung gestellt wurde, tragen darf. Es ist schon mindestens 70 Jahre alt und hat eine ganz eigene Geschichte. Der Umhang ist noch in der Nachkriegszeit aus den schweren Brokatvorhängen genäht worden Es ist wirklich ein ganz besonderes Gefühl, so ein geschichtsträchtiges Kleidungsstück zu tragen.“
Vom zaghaften Nicken zum geliebten Ritual
„Es ist jedes Jahr ein faszinierendes Ritual. Der Nikolaus umwandert den Kindergarten und sieht die platt gedrückten Nasen der Kinder an den Fensterscheiben, die milchig vom Atem der Kinder werden. Dann geht er auf die Eingangstür zu und bekommt seinen Platz auf einem, ich möchte schon sagen Thron. Etwa 80 leuchtende Kinderaugen schauen ihn dann an und es wird sehr ruhig, wenn er bedächtig in seinem goldenen Buch blättert, um den vier Gruppen zu erklären, was man verbessern kann und natürlich auch zu loben. Die Blätter für das goldene Buch hat der Nikolaus natürlich im Vorfeld von einer Kindergärtnerin bekommen“, schildert Timo Kremerius den jährlichen Ablauf des Nikolausbesuchs in der Kita In den Birken. Wir merken ja schon an Timos Erzählungen, dass ihm der Nikolausjob inzwischen wirklich Freude bereitet.
Besonders schön sei, dass er keinen Monolog halte, dass die Kinder mit ihm als Nikolaus interagieren. Je länger er da auf seinem Thron sitze, desto mehr verlören die Kinder ihre Scheu und würden ganz frei mitmachen. Dazu gehöre dann natürlich auch der Test, ob Haare und Bart denn wirklich echt sind. „Manchmal kommen herrliche Gespräche zwischen Nikolaus und Kindern zustande“, schwärmt Timo von seinem Saisonjob und nennt Beispiele.
Nikolaus: Ich habe gehört, dass jemand sein Zimmer nicht aufräumt, Wer von euch räumt sein Zimmer nicht auf? Ein Kind: Meine Mama. „Eigentlich ein Brüller, aber man muss als Nikolaus ja Kontenance bewahren“, erklärt Timo, dass er sich da dann auch einmal das Lachen verkneifen muss und das passiert durchaus öfters. „Letztes Jahr hat mich ein Kind mit den Worten ‚Du Nikolaus, du warst gestern bei uns im Wohnzimmer und hast der Mama alle Kekse weggegessen‚ begrüßt.“ Getoppt sei das nur noch von der Frage eines Minis worden: Du Nikolaus warst Du gestern mit meinem Papa in der Wirtschaft und hast ein Bier getrunken? „Es macht sehr viel Spaß und ich nehme mir immer sehr viel Zeit. Das haben die Kinder verdient, die mir mit vielen Liedern und Gedichten meinen Auftritt versüßen. Je näher der 6. Dezember kommt, umso größer wird meine Vorfreude.“
Und weil nicht nur die Kleinen sich über den Besuch des Nikolaus freuen, besucht er inzwischen auch die Bewohner eines Seniorenwohnheims. „Auch sie freuen sich am Nikolaustag ein fröhliches HoHoHo zu hören und Geschichten auszutauschen“, weiß er inzwischen. Und bis Weihnachten sind Haare und Bart sehr zur Freude von Marion Kremerius auch wieder auf die übliche Länge gestutzt.
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