Unter dem Motto ‚Heraus-Spaziert – Streifzüge durch die Sandheide‘ gibt es seit dem vergangenen Freitag Rundgänge, die interessierten Geschichte und Gegenwart des Stadtteils näher bringen.
Den Auftakt bei den geführten Streifzügen machte Herbert Bander, der den Stadtteil wie nur wenige kennt. Er ist in Trills aufgewachsen und kennt den gesamten Stadtteil Hochdahl noch aus einer Zeit, als es nur wenig und langsam gewachsene Bebauung gegeben hat.
Die Sandheide ist besser als ihr Ruf. Da ist Herbert Bander sicher und Ulrike Hase, die selbst in der Sandheide wohnt, stimmt ihm zu. „Wenn wir Besuch aus Frankreich haben und ich erzähle, dass die Sandheide ein schlechtes Ansehen hat, können die das überhaupt nicht verstehen“, erzählt sie. So viel Grün und so schön, dass könne doch kein verrufener Stadtteil sein. Bevor Herbert Bander mit den Teilnehmern zu einem Rundgang startete, erklärte er erst einmal, wie die Sandheide überhaupt zu ihrem Namen kam. In Hochdahl wurde vor langer Zeit nicht nur Kalk, sondern auch Sand abgebaut, wovon noch heute die Sandgrube am Naturschutzzentrum Bruchhausen erhalten ist. Die früher dünn besiedelte Landschaft war einst von Kalk- und Sandstein, Wald, Heide, Wasser und Feldern geprägt.
Rückblick anhand historischer Karten und Luftbildaufnahmen
Anhand historischer Karten vermittelt Herbert Bander den Teilnehmer ein Bild des Stadtteils, lange bevor Planer auf die Idee kamen die neue Stadt Hochdahl am Reisbrett zu entwerfen. Kurz skizziert er die Geschichte des Stadtteils mit der frühesten Erwähnung von Bruchhausen und Schlickum im Jahr 1050. „Die Urzelle Hochdahls ist 300 Jahre alt“, berichtet er. Hochdahl, damals noch unter dem Namen Millrath geführt, hatte 1832 gerade einmal 533 Einwohner. Den Namen Hochdahl erhielt der Stadtteil später nach dem gleichnamigen Hof, der 1969 im Zuge der Planung der ’neuen Stadt‘ abgebrochen wurde. Deutlich wird die spätere Besiedlung anhand von Luftbildaufnahmen aus unterschiedlichen Jahren, die er für die Teilnehmer im Schaufenster des Quartiersbüros ausgestellt hatte. „Früher standen an der Wegeverbindung von hier bis zum Jägerhaus gerade einmal zwei Fachwerkhäuser“, weiß er und kann natürlich auch prompt erzählten, wer einst darin wohnte. „Das war unser Weg zum Waldschwimmbad“, erinnert er sich an die eigene Kindheit. Nach dem Krieg hat es, so erzählt Herbert Bander, Bauland für eine DM pro Quadratmeter gegeben. 1923 hätten an der heutigen Adresse Am Sonnenschein zehn Häuser gestanden. Erst mit der Umsetzung der Pläne für ‚die neue Stadt‘ habe der Ruf der Sandheide gelitten. Als 1963 gebaut wurde, entstanden viele Sozialwohnungen, in die Menschen von außerhalb, etwa von Wuppertal, eingezogen seien, erinnert er sich. Der Anteil an Migranten sei in Hochdahl immer hoch gewesen. 20 bis 30 verschiedene Nationen leben hier zusammen, was die kulturelle Vielfalt prägt.
Los geht es dann vom Quartiersbüro über den Kirchplatz der Heilig-Geist-Kirche, zu der Herbert Bander den kürzlich verstorbenen Architekten erwähnt. Er beschreibt das Konzept der Gebäude, die neben der Heilig-Geist-Kirche den Platz einfassen. Neben einer Hausmeisterwohnung, dem Archiv und einer Kita gibt es in den Gebäuden eine weitere Wohnung.
Bebauung und Begrünung
Auf dem Weg erfahren die Teilnehmer, dass in Hochdahl viele Plantanen gepflanzt wurden, wie sie auch auf dem Kirchplatz stehen. Hochdahl besteht zu 20 Prozent aus Wald. Entlang der Gewag Häuser ist zu bemerken, wie viel Wert auf die Begrünung gelegt wurde. Unterwegs erzählt er den Teilnehmern von der Fritzelsburg, die eigentlich keine Burg war. Dort wo heute Wohnhäuser stehen, war einst ein bescheidener Wohnplatz mit mehreren Fachwerkhäusern. Immer wieder erwähnt Bander, dass es nur dem Widerstand der Bürger zu verdanken sei, dass im Zuge der ’neuen Stadt‘ nicht noch mehr historische Gebäude ‚geopfert‘ wurden.
„Der Grünzug Sedental ist die grüne Lunge von Hochdahl“, lässt er die Teilnehmer wissen, die auch gleich etwas über die Brunnen im Stadtteil, die Wasserläufe und das Hochdahlhaus erfahren. Auch vom Pumpenhäuschen erzählt er, dass einst gebaut wurde, um die Wasserversorgung der Bayer-Villa sicherzustellen. „Auch das hat man leider weggenommen“, bedauert er, kann den Teilnehmern aber noch zeigen, wo es einst stand. Unterwegs erzählt er auch von den Heizwerken, die die Wärmeversorgung der neuen Stadt sicherstellten, bevor die zentrale Versorgung durch das Fernheizkraftwerk erfolgte. Auch die Geschichte des 1944 abgestürzten Flugzeugs erzählt er, von dessen sieben Insassen nur ein einziger überlebte.
Auf dem weiteren Weg zeigt er den Teilnehmern einen großen Brunnen in der Sandheide, der Wasser in die Leitungen pumpt. Er berichtet auch über die Regenrückhaltebecken und das Mischwassersystem und die notwendige Reinigung. Auch von der Wahnemühle, dem Klockesbusch und dem Stocksebusch erzählt er unterwegs und von den Abenteuerspielplätzen, die Bewohner der Sandheider früher selbst gebaut haben. „Da gab es jemand, der aus Holz Tiere bauen konnte“, erinnert er sich. Und während er auf die drei Lindenbäume hinweist, die als Naturdenkmal eingetragen sind, erinnert er sich wieder an ‚wehrhafte Zeiten‘. „Als damals die Altbaulagen im Stadtteil mit überplant werden sollten, haben sich die Bürger gewehrt. Es gab 15 bis 18 verschiedene Bürgerinitiativen“, weiß er. Ein Stück Wald gibt es, dass nie angerührt wurde und erhalten blieb. Und dann erzählt er unterwegs vom Milchmann Peffer, der die Milch noch mit dem Pferdewagen ausfuhr. „Wenn der vorbei kam, hat mich mein Vater mit dem Eimer rausgeschickt, damit ich die Pferdeäpfel als Dünger für den Garten aufsammle.“ Auch ein paar andere Anekdoten zu ehemaligen Bürgern gibt er zum Besten, zu denen auch eine Geschichte zählt, die sich zu einer Zeit ereignete, als in der Sandheide noch die Deutsch-Französische Grenze verlieft und französische Soldaten kontrollierten, ob geschmuggelt wurde.
Na, Lust auf Sandheider Geschichte und Geschichten bekommen?
Die Streifzüge durch die Sandheide werden fortgesetzt. Die Teilnahme ist kostenlos, aber die Teilnehmerzahl ist begrenzt, deshalb lohnt es sich, sich frühzeitig über die Email sandheide@erkrath.de anzumelden. Damit trotz dem Corona geschuldeten Abstand jeder Teilnehmer alles versteht, was der jeweilige ‚Tour-Guide‘ erzählt, ist dieser mit einem Sender ausgestattet, während die Teilnehmer einen Empfänger mit Kopfhörer bei sich tragen. Wir können sagen: Das funktioniert wunderbar.
Der zweite Streifzug findet bereits heute statt. Dann heißt es: Wilde Sandheide, wilde Schildsheide. Die Touren starten jeweils um 17.30 Uhr und dauern eineinhalb Stunden. Heute erkunden die Teilnehmer mit Lars Busch von der Initiative Hochdahl – schön bunt die Wildblumenwiesen im Programmgebiet der Sozialen Stadt Sandheide. Streifzug drei und vier sind dann für den 18. und 25. September jeweils an einem Samstag von 15 bis 16.30 Uhr geplant.
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