Theater Spotlight: Alles andere als ein Laienspiel

von Timo Kremerius

Foto: Timo Kremerius

Mit ‚Some change – nicht gesellschaftsfähig‘ fesselte die Theatergruppe Spotlight Mitte März einmal mehr das Publikum. Money, money, money, must be funny, in the rich man’s world …

Wiedereinmal hatte sich die Theatergruppe der evangelischen Kirchengemeinde Erkrath unter Leitung von Michael Kastner und Karola Fritzsch ein anspruchsvolles Stück ausgesucht. ‚Some change – nicht gesellschaftsfähig‘ stammt aus der Feder der Autorin Ina C. Kocher, die zur Vorstellung am Samstag, den 15. März, anwesend war. Die Schauspielercrew hat das Stück hervorragend auf die Bühne gebracht.

Ein Filmvorspann erläuterte den Zuschauern vorab noch einmal die Thematik der Cum/Cum- und Cum/Ex Geschäfte, die im Stück eine Rolle spielten und durch die dem Staat Steuereinnahmen in Milliardenhöhe entgangen sind.

Cum/Cum-Geschäften sind darauf ausgerichtet, dass inländische Aktien von ausländischen Anteilseignern kurz vor der Dividendenzahlung auf einen körperschaftssteuerbegünstigten Inländer, meist Banken, übertragen und unmittelbar nach der körperschaftssteuerbefreiten Dividendenvereinnahmung wieder an den ausländischen Aktionär zurückübertragen werden. Bei Cum/Ex-Geschäften werden Aktienpakete rund um den Dividendenstichtag mittels Leerverkäufen hin und hergeschoben. Die die einmal gezahlte Kapitalertragssteuer lassen sich die wechselnden Aktionäre dann mehrfach erstatten. >> Bericht über Cum-Cum auf Tagesschau.de | Bericht über Cum-Ex auf ZDF.de

Eine kurze inhaltliche Einführung zum Stück: Some change – nicht gesellschaftsfähig
von Ina C. Kocher
Spotlight Erkrath entführt Sie bei der kommenden Aufführung ins gemütliche „Café Bohne“, einem kleinen Non-Profit-Café, in dem Chefin Lisa alles dafür tut, damit sich ihre Gäste rundum wohlfühlen.
Zu Lisas Stammgästen gehört der mittellose Frieder, der das Café immer dann auffällig schnell verlässt, wenn die beiden Geschäftsführenden zweier Großbanken hereinkommen. Für die zwei gestressten Top-Führungskräfte hält das „Café Bohne“ stets ein exklusives Spezialangebot bereit.
Die neue Kellnerin Nele unterstellt den Beiden, sich mit perfiden Tricks an den Umsätzen des Cafés persönlich zu bereichern. Spielt sich hinter der beschaulichen Fassade tatsächlich ein hinterhältiger Betrug ab oder ist Nele schuld an der plötzlichen finanziellen Schieflage des Cafés? Quelle: Spotlight

Das eigentliche Stück startete für die Zuschauer überraschend interaktiv. Nele, im Stück die neue Kellnerin des Café Bohne, fragte die Zuschauer, warum sie im Café Bohne seien, wegen der Geschäfte oder was sie sonst hergeführt hätte. Daraufhin bestellte ein Zuschauer einen Kaffee, der er auch tatsächlich bekam. Anschließend nahm das Drama auf der Bühne seinen Lauf. In der ersten Szene unterhielt sich die Inhaberin des Non Profit Cafés „Café Bohne“ Lisa (Claudia Seibt) mit Frieder Lehmann (Stephan Kroker) ehemals auch Finanzgigant aber inzwischen verarmt.

Frieder und Lisa | Foto: Timo Kremerius

Das Café Bohne war auch für zwei wichtige CEO‘s zweier großer Bankhäusern, der Nationalbank und der Silver Trust Bank, die in der Nähe des Cafés angesiedelt waren, Anlaufstelle. Beide spielten sehr überzeugend knochenharte Geschäftstypen, von denen man nichts Gutes erwartete. CEO der Silver Trust Bank Britta Lehmann (Daria Tigges) und Carlo Debelli (Michael Kastner), CEO der Nationalbank, waren von Anfang an schon durch die Art, wie sie ihre Geschäfte machten, unsympathisch. Auch ihr Umgang mit Menschen war sehr gewöhnungsbedürftig. Leider konnte Café Inhaberin Lisa kein Wechselgeld herausgeben. Die CEO‘s verlangten schließlich für den Getränkeverzehr im Café Bohne (jeweils ein Getränk) Quittungen, um sie steuerlich geltend zu machen.

Britta und Carlo | Foto: Timo Kremerius

Da Carlo bezahlt hatte und Britta auch eine Quittung haben wollte, fragte Lisa: „Warum das denn? Ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen, aber Sie haben doch nicht gezahlt oder so?“ Darauf antwortete ihr Britta: „Aber ich bin wirtschaftlicher Eigentümer des Kaffees geworden. Schauen Sie mal in Paragraph 903 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach. Eigentum erwirbt man durch Einigung und Übergabe, Paragraph 929, Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch. Beides ist hier erfolgt. Zwar zwischen Ihnen beziehungsweise der Kellnerin als Ihrer Erfüllungsgehilfin und dem CEO der Nationalbank, aber da ich die tatsächlichen Herrschaftsverhältnisse über meinen Kaffee ausübe, bin ich zumindest wirtschaftlicher Eigentümer, Paragraf 39 Abgabenordnung. Die Zahlungsart ist für die Bewertung des Vorgangs ohne Belang. Falls Sie es jedoch wissen wollen: Wir CEO rechnen untereinander über Aufrechnung ab, Paragraf 387 Bürgerliches Gesetzbuch. Eine einseitige Willenserklärung wie das Übernehmen der Rechnung ist hier ausreichend, Paragraf 388 Bürgerliches Gesetzbuch. Die Erklärung hat zur Folge, dass beide Forderungen rückwirkend zu dem Zeitpunkt als erloschen gelten, indem sie sich erstmals aufrechenbar gegenüberstanden.

Eiskalte Geschäftsleute Hauptmotto Zeit ist Geld und sehr viel Selbstmitleid. Zwei Textpassagen, aus dem Stück unterstreichen das. „Dann entlassen Sie die Leute eben. Was soll das wieder heißen? Hätten Sie besser gearbeitet, wären jetzt nicht zweitausend Leute arbeitslos. Ja, ist in Ordnung, ich bin immer kompromissbereit. Warten Sie eine Woche, dann können Sie von mir aus die fünfhundert Besten wieder einstellen. Lohnabschlag von mindestens dreißig Prozent, versteht sich. Vorzugsweise fünfzig Prozent. Wir sind nicht die Wohlfahrt„, werden die Zuschauer Zeugen eines Telefonats von Britta und von Carlo ist zu vernehmen: „Der kleine Mann von der Straße liebt es doch, sich auf uns zu stürzen. Unerhört. Wir bösen, reichen Menschen, die Schuld an seinem Elend sind. Als ob.

Ende gut, alles gut?

Das Café Bohne gerät in Schieflage und Journalistin (Karola Fritzsch) gelingt es im weiteren Verlauf die Machenschaften der beiden CEO’s aufzudecken. Kellnerin Nele hatte den Beiden unterstellt, sich mit perfiden Tricks an den Umsätzen des Cafés persönlich zu bereichern. Mit einem Wiedergutmachungsdeal zwischen den CEO’s und der Inhaberin des Cafés Bohne ergibt sich schließlich irgendwie eine WinWin Situation. Aber eben nur irgendwie, ein schaler Geschmack bleibt, denn woanders machen Banker wie sie mit Sicherheit weiter. Es ist ja legal, solange die Regierung nicht die Schlupflöcher stopft. Aber wie meint Britta im Stück: „Moral und Geschäfte machen passen nicht zusammen.“ Am Ende klärt sich auch auf, warum der mittellose Frieder immer auffällig schnell das Café verließ, wenn die beiden Banker kamen: Er ist der Vater von Britta und die beiden finden zum Schluss wieder zusammen.

Grandios von der Autorin wie sie dieses heikle und komplizierte, aber hoch aktuelle Thema im Stück verständlich und unterhaltsam verpackt hat. Das kam auch beim Publikum an, dass die Schauspieler mit tosendem Applaus belohnte. Die Spielzeit von 2 mal 50 Minuten sei wie im Fluge vergangen, aber lang sei ihnen nur die Pause vorgekommen, weil die Neugier darauf, wie das hinterhältige Vorgehen der Banker enden würde, zu groß war. „Sehr gut, wie das Stück verständlich die Problematik ins Publikum transferiert hat“, lobten Christiane und Uwe Müller das Stück. „Ein kurzweiliges Stück, bei dem man den überzeugend spielenden Schauspielern die Freude am Schauspiel anmerkte“, bemerkte auch Zuschauerin Petra K. anschließend.

Verdienter Applaus am Ende. Foto: Timo Kremerius

Insgesamt drei ausverkaufte Vorstellungen sprechen ihre ganz eigene Sprache zur Qualität der ausgewählten Stücke und zum darstellerischen Talent der Schauspieler des Theater Spotlight und werden Fans schon mit Spannung dem nächsten Stück entgegenfiebern.

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