Seit gestern darf gekifft werden, auch in Erkrath

von Ria Garcia

Hanfblüten. Foto: Pfüderi / Pixabay

25 Gramm Cannabis unterwegs und 50 Gramm zu Hause sind seit gestern für Erwachsene in Deutschland legal. Es gilt aber einige Regeln zu beachten. Einen ersten Social Club gibt es auch in Erkrath.

Fast 100 Jahre lang war der Konsum von Cannabis in Deutschland verboten. In einem Interview mit der Zeitschrift Geo äußert der Politikwissenschaftler Dr. Robert Feustel: „Menschen nehmen schon seit jeher Rauschmittel und sie werden das auch weiterhin tun, egal ob legal oder illegal.“ Aus seiner Sicht sei es bei Drogenverboten selten um Gesundheitsvorsorge gegangen. Sie seien vielmehr ein Mittel gewesen, um politische Maßnahmen durchzusetzen, Minderheiten zu gängeln und einen Hebel gegen Jugendkulturen zu haben. Ein lesenswertes Interview, wenn man auf das Verbot von Cannabis schaut, während Alkohol dessen schädliche Wirkung auf Gesundheit, Psyche und Gesellschaft lange bekannt ist, als Rauschmittel keinem Verbot unterlag.

Mehr als eineinhalb Jahrzehnte wurde die Teillegalisierung von Cannabis diskutiert. Seit gestern ist sie Realität. Die Kritik reißt dennoch nicht ab. Vieles sei in der gesetzlichen Handhabung noch nicht klar. Wie sollen die neuen Regelungen kontrolliert werden? Auch gilt eine Art Amnestie, was bedeutet, dass noch nicht vollstreckte Strafen im Zusammenhang mit Cannabiskonsum und -besitz zu erlassen sind. Währenddessen sprießen die ersten Social Clubs auch in unserer Region schon aus dem Boden, um pünktlich zum 1. Juli (ab dann sind sie erlaubt) am Start zu sein.

Was ist ab heute mit der Teillegalisierung von Cannabis erlaubt?

Erwachsene ab 18 Jahre dürfen bis zu 25 Gramm Cannabis in der Öffentlichkeit bei sich führen. Zu Hause sind 50 Gramm erlaubt. Außerdem sind bis zu drei Cannabis-Pflanzen im Wohnbereich erlaubt. Man darf ’sein Gras‘ in Maßen also selbst anbauen. Wer sich jetzt fragt, wieviel Gramm von einer Pflanze geernet werden können: Die durchschnittliche Ernte von einer Pflanze, die aus einem Setzling gezogen wurde, liegt bei 20 bis 30 Gramm. Die Aufzucht des Setzlings dauert sechs bis acht Wochen.

Kiffen im öffentlichen Raum unterliegt Beschränkungen. Weder in Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen noch auf Spielplätzen oder in Sportstätten oder in deren Sichtweite ist der Konsum erlaubt. Für die jeweiligen Einrichtungen gilt ein ‚Bannkreis‘ von 100 Metern zu den Eingängen. Ab 20 Uhr abends darf in Fußgängerzonen gekifft werden, wobei auch hier darauf zu achten ist, dass keine Kinder und Jugendlichen in der Nähe sind.

Erlaubt sind dann ab dem 1. Juli dann auch sogenannte ‚Social Clubs‘. Das sind nicht-kommerzielle Anbauvereinigungen in denen bis zu 500 Mitglieder innerhalb Deutschlands gemeinschaftlich Cannabis anbauen und untereinander für den Eigenkonsum abgeben können. Auch dürfen die Clubs Samen oder Stecklinge zum Eigenanbau zuhause an Mitglieder abgeben. Hier soll eine Mengen Beschränkung von maximal sieben Samen oder fünf Stecklingen pro Monat gelten. Für die Abgabe von geernteten TCH-haltigen Blüten gelten maximal 25 Gramm pro Tag und 50 Gramm pro Monat. Mitglieder zwischen 18 und 21 Jahren dürfen höchsten 30 Gramm pro Monat erhalten. Außerdem gilt für die jungen Mitglieder eine Begrenzung des THC-Gehalts. Der darf nicht über zehn Prozent liegen. Während Cannabis der lateinische Name der Hanfpflanze ist, teilt man die chemischen Verbindungen, die die Pflanze produziert, in die Stoffe THC (Tetrahydrocannabinol), das für die psychoaktive, berauschende Wirkung verantwortlich ist und CBD (Cannabidiol), das nicht als Rauschmittel eingestuft wird und dem man eher eine beruhigende Wirkung zuschreibt.

Bekifft Autofahren oder Arbeiten ist keine gute Idee

Wer jetzt glaubt, ein Joint auf dem Weg zur Arbeit oder in der Mittagspause versüße den Arbeitstag, sollte vorsichtig sein. Zwar gibt es kein kontrektes Cannabisverbot während der Arbeitszeit, dennoch dürfte der Konsum ähnlich eingestuft werden, wie Alkohol am Arbeitsplatz. Vor allem für Berufsgruppen die Fahrzeuge oder Flugzeuge lenken gibt es hier den Ausschluss. Der Cannabis-Konsum muss also insgesamt ein Freizeitvergnügen bleiben. Aber auch hier gilt Vorsicht beim Lenken von Fahrzeugen. Gibt es bei Alkohol die klare 0,5 Promille Grenze, galt es für den Cannabis-Konsum erst einen Grenzwert festzulegen.

Mit der Ermittlung dieses Werts wurde eine Expertenkommission beauftragt und die hat in der vergangenen Woche 3,5 Nanogramm je Milliliter Blutserum als Grenze für die Fahrtüchtigkeit empfohlen. Aber Achtung: Bis zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes gilt die aktuelle Regelung. Das heißt 1,0 Nanogramm Tetrahydrocannabinol (THC) pro Milliliter Blutserum. Liegt man darüber, ist im schlimmsten Fall ‚der Lappen weg‘ und es wir ein Buggeld fällig. Bei Ersttätern drohen 500 Euro, ein Monat Führerscheinentzug und zwei Punkte in Flensburg. Zwei Punkte in Flensburg gibt es auch im Wiederholungsfall. Dann werden allerdings 1.000 Euro Bußgeld und drei Monate Fahrverbot fällig. Für Uneinsichtige, die häufiger aufgefallen sind, bleiben das Fahrverbot und die Punkte in Flensburg gleich, während sich das Bußgeld noch einmal auf dann 1.500 Euro erhöht. Der ADAC gibt auf seiner Homepage Hinweise dazu, wie die ‚Abbauzeit‘ für TCH ist und woran jeder abschätzen kann, ob er die Grenzwerte überschreitet.

Social Clubs oder Händler in der Region

Auch in unserer Region sind pfiffige Unternehmen oder Social Clubs am Start. In Langenfeld ist es beispielsweise die Cannabar International GmbH, die mit „Als Groß- oder Einzelhändler sichern Sie sich exklusive Angebote und Sonderkonditionen für unsere vielfältige Produktpalette. Erfahren Sie Wissenswertes über Cannabis Social Clubs und Branchenentwicklungen.“ wirbt. In Hilden bietet die JointStore GmbH alles, was so für den Anbau oder fürs Kiffen benötigt wird.

In Wuppertal wirbt der Wubatz Cannabis Social Club schon um Mitglieder. Selbst ein Consultingunternehmen mit dem Namen Canaru – Cannabis Consulting Corporation wirbt in Wuppertal damit, dass es künftige Social Clubs berät und macht sich dabei werblich durch farbliche Abhebung des Buchstabens ‚C‘ ein bisschen das CCC des Chaos Computer Clubs zueigen. Ob der wohl darüber erfreut ist?

In Düsseldorf sind gleich zehn Social Clubs am Start, wenn man der Homepage csc-maps.de glauben darf, denn auch das gibt es längst: Websites, auf denen Social Clubs gefunden werden können. Von diesen ‚Info-Websites‘ gibt es gleich mehrere und wer hätte es gedacht, auf einer dieser Seiten (csc-standorte.de) ist auch der erste Social Club in Erkrath verzeichnet. thesocialclub. Düsseldorf heißt er. In der Nachbarstadt Mettmann ist HazeGrow am Start.

Gesundheit und Kriminalität

Bei der Recherche, was schon jetzt mit Beginn der Teillegalisierung entsteht, ist selbst uns ein wenig ’schwindelig‘ geworden und wir haben sicher nur einen Teil erfasst. Während die Teillegalisierung für die einen ‚längst überfällig‘ ist, ist sie für andere immer noch Grund zur Sorge und für Kritik.

Menschen, die gelegentlich einen Joint rauchen, oft sind es junge Menschen, werden entkriminalisiert. Sie werden Menschen, die Alkohol konsumieren, gleichgestellt. Nicht ganz, denn für Alkohol gibt es keine Grenzwerte für die Menge, die man in der Öffentlichkeit mit sich führen darf oder für die Menge, die man zu Hause vorrätig haben darf, obwohl gesundheitliche Folgen der ‚Droge Alkohol‘ hinreichend untersucht sind.

Künftig kann Cannabis also legal erworben werden, was eine besser Kontrolle der Inhaltsstoffe ermöglicht und damit die Konsumenten schützt. In den letzten Jahren waren vermehrt Marihuana (die getrockneten, harzhaltigen Blüten der weiblichen Hanfpflanze) und Haschisch (gepresstes Harz der weiterverarbeiteten Pflanzenteile) mit deutlich erhöhtem THC-Anteil im Umlauf. Wer aber jetzt glaubt, dass man Cannabis demnächst ganz legal in Geschäften kaufen kann, wird – zumindest vorerst – enttäuscht. Geplant war zunächst der Verkauf in staatlich lizenzierten Geschäften in Modellregionen zu erproben. Dazu soll noch ein weiterer Gesetzesentwurf vorgelegt werden. Auch der Bezug von Samen für den Eigenanbau ist vorerst legal nur über das EU Ausland durch Bestellung übers Internet möglich.

Inhaber von Gaststätten mit Biergarten dürfen übrigens als ‚Hausherr‘ selbst entscheiden, ob in ihren Biergärten künftig abends auch gekifft werden darf und können das über entsprechende Beschilderung regeln.

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