Rund 200 Gäste wollten Steffi Neu hören

von Susann Krüll

Steffi Neu in der Heilig Geist Kirche. Foto: Susann Krüll

Eine Kirche als Veranstaltungsort, ein Bestattungshaus als Veranstalter und dazu Steffi Neu, die aus ihrem Buch „Meine Mutmacher“ las, animierten rund 200 Zuhörende zum Besuch der Lesung animieren. Sie wurden nicht enttäuscht.

Empathisch und zugewandt erzählte die Moderatorin von ihren Begegnungen mit Menschen, die nach den verschiedensten, auch Existenz-bedrohenden Schicksalsschlägen wieder Mut schöpften und neu anfingen.

Wie es zu der Veranstaltung kam

Diana Kampschulte, Inhaberin des Bestattungshauses Schlehbusch in Alt-Hochdahl, und Pfarrer Biskupek von der Kath. Kirchengemeinde Hochdahl begrüßten gemeinsam die Zuhörenden, bevor Steffi Neu den Altarraum betrat. „Als meine Mitarbeiterin Deliah Köhnen-Schoop mich auf das Buch aufmerksam machte, reifte bei uns im Team die Idee, Steffi Neu zu uns einzuladen. Auch wir treffen und begleiten Menschen in Ausnahme-Situationen,“ so Kampschulte, die im Bestattungshaus Schlehbusch ihren Beruf erlernte und es dann übernahm, als sich ihre ehemalige Chefin zur Ruhe setzte. „Zwar haben sich einige Menschen gewundert, dass wir das Buch im Schaufenster ausliegen hatten und auch die Karten zur Lesung verkauft haben, doch wir sind eben der Veranstalter der Lesung.“ Da klar war, dass das Geschäft auf der Hildener Straße viel zu klein sein würde, habe sie Kontakt zu Pfarrer Biskupek aufgenommen. Ihm habe die Idee direkt gefallen. „Wir kennen und schätzen uns sehr, weil wir, wenn auch aus traurigem Anlass, oft und gut zusammenarbeiten“, so der Hausherr, der auch berichtete, dass die Kirche auch für andere kulturelle Veranstaltungen genutzt werde, so zum Beispiel für die berühmten „Sandheider Meisterkonzerte“. Kampschulte ließ unsere Redaktion noch wissen, dass der komplette Überschuss aus dem Ticket-Verkauf nach Abzug aller Kosten dem Kulturfond der Gemeinde zugutekomme.
Dann war es Zeit, dass Steffi Neu an den vor dem Altar aufgebauten Stehtisch trat. Dies tat sie schwungvoll und verkündete dabei: „Ich hatte schon Angst, ich würde meinen Auftritt verpassen, denn die Tür zur Sakristei ist gut schallisoliert.“

Ausgewählt aus 60 Podcast-Interviews

Wie die sympathische, offene und auch schlagfertige Moderatorin dazu kam, das Buch zu veröffentlichen, erzählte sie ihren Zuhörerinnen und Zuhörern zu Beginn. Doch zunächst stellte sie gutgelaunt fest, dass an diesem Abend mehr Männer im Publikum saßen als bei ihren Lesungen sonst. Danach bot Neu allen das „respektvolle Du“ an. „Das passt besser zu den sehr menschlichen Themen, mit denen wir uns heute befassen,“ so ihre Erklärung. Durch ihre sympathische Art nahm sie möglichen Widersprüchen direkt den Wind aus den Segeln. Im Übrigen schien auch niemand etwas dagegen zu haben, denn im Laufe des Abends wuchs zwischen Publikum und Moderatorin ein Band von Sympathie.

„Während der Corona-Zeit war ich auf meinen Job als Moderatorin zurückgeworfen, denn Steffis Kneipenquiz, mit dem wir regelmäßig über die Lande ziehen, war ja nicht mehr,“ so die bodenständige Radiomoderatorin, die erzählte, dass sie „seit meinem sechsten Lebensjahr dieselbe Adresse“ habe, und „mit Herz und Seele eine Bauerntochter“ sei. Um den direkten Kontakt zumindest zu einigen ihrer Zuhörer zu halten, habe sie diese aufgefordert, ihr ihre Geschichten zu erzählen, die von Verlust, Absturz und dem Wiederaufstehen handeln. „Mein Postfach wurde überschwemmt und auch per Post erreichten mich die berührendsten Geschichten. Daraus haben mein Team und ich 60 Podcasts produziert, für die ich in 60 verschiedenen Wohnzimmern gesessen habe und aus 60 verschiedenen Tassen Kaffee von ganz unterschiedlichem Geschmack getrunken habe.“

Sie habe die Menschen, die ihr ihre Geschichten anvertraut hätten, nie beurteilt oder ihnen gar Ratschläge erteilt. „Das steht mir auch gar nicht zu. Ich habe lediglich ganz oft nachgefragt, bis ich alles verstanden habe“, berichtete Steffi Neu, der man ihre Anteilnahme ohne Wenn und Aber glaubte. Aus den zahlreichen Geschichten habe sie 10 ausgewählt zu den „großen Themen“ wie Liebe, Tod, Demenz oder auch Alkoholismus. Auch die Geschichte einer Frau, die auf einen Heiratsschwindler hereinfiel und außer Geld und Wohnung auch ihren Job verlor und mit lediglich einer Tasche mit Klamotten Unterschlupf bei Freunden fand. Heute hat sie einen anderen Job, eine eigene Wohnung und die Schulden abbezahlt, die sie „Dank des Betrügers“ hatte.

Aus der Erinnerung und nicht etwa abgelesen, erzählte Steffi Neu wortgewandt einige der Schicksale, „nicht alle, dafür bin ich zu sehr Bauerntochter, dann kauft Ihr mein Buch ja nicht mehr“, wie sie lachend bemerkte.

So bot sie zum Ende hin den Zuschauern an, Fragen zu stellen, „zum Buch, zu mir oder was Euch sonst noch einfällt, was Ihr wissen möchtet“. Dann schien ihr einzufallen: „Oder wollt Ihr noch etwas vom Weihnachtswunder in Düsseldorf hören?“ Diese Frage wurde aus zahlreichen Kehlen positiv beschieden. Als habe sie alle Personen, von deren Besuchen am „Glashaus“, das vier Tage am Schauspielhaus stand, noch vor Augen, erzählt die Moderatorin so lebhaft, dass diese im Raum anwesend zu sein schienen.

Kein Weihnachts- sondern diesmal ein kleines Vor-Osterwunder

Dann geschah das, was auf die Zuschauerinnen und Zuhörer als eine Art „Vor-Oster-Wunder“ gewirkt haben mag: Steffi Neu erzählte auch die Geschichte von Marianne, ihrem Mann und deren Tochter Ciara, die mit einem großen Plakat mit dem Bild der vor Kurzem verstorbenen zweiten Tochter und 500 € erschienen, die sie spenden wollten. Diese Summe sei eigentlich für die Weihnachtsgeschenke für das verstorbene Mädchen vorgesehen gewesen. Diese Begegnung habe sie sehr berührt, sagte Neu, und da erklang eine Stimme aus einer der hinteren Reihen: „Ich bin hier.“ Als Steffi Neu realisierte, das besagte Marianne zur Lesung gekommen war aus Alpen, war kein Halten mehr. Sie stürmte durch den Mittelgang und umarmte die Frau minutenlang fest. Nach zunächst ungläubiger Stille erhob sich Beifall unter den gerührten Zuschauern.

Nach dem Ende der äußerst unterhaltsamen und kurzweiligen Lesung nahm sich Steffi Neu Zeit, um alle Wünsche nach einer Widmung in den erworbenen Büchern und einem Bild mit ihr zu erfüllen. Zum Schluss erhielt auch Diana Kampschulte eine persönliche Widmung in ihrem Exemplar des „Mutmacher“-Buches. „Das sieht aber schon etwas verlebt aus“, so Neus flapsiger Kommentar, den die Bestatterin konterte: „Das hat ja auch in unserem Schaufenster gelegen und Werbung für die Veranstaltung gemacht.“

Widmungen von Steffi Neu. Foto: SK

Steffi Neu, „Meine Mutmacher – Geschichten übers Straucheln und wieder Aufstehen“, Kösel Verlag, 208 Seiten, 20€, ISBN: 978-3-466-37298-0.
Klappentext: „In diesem Buch erzählt Steffi Neu von ihren Mutmachern, von Begegnungen, die sie besonders beeindruckt haben. Es sind Geschichten von Menschen, die gegen alle Widerstände Dinge bewegt haben, ihren eigenen Weg durch schwere Lebensphasen gegangen sind. Ein Buch voller Hoffnung, guter Ideen und echter Gefühle.“

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