Neues zu MS und Therapien

von Susann Krüll

Marion Kremerius (l.) mit dem Neurologen Dr. med. Nils Richter und der Psyhologin M. Sc. Catherine Wolters. Foto: Timo Kremerius

Zum bereits 11. Mal initiierte Marion Kremerius, die Vorsitzende der Selbsthilfegruppe MS-Treff Erkrath, mit Hilfe des Förderverein MS-Treff Erkrath e.V. diese Veranstaltung, bei der Neurologen und Psychologen in der Stadthalle zu Entwicklungen und Therapien referieren.

Im Foyer der Stadthalle hatten zahlreiche Pharma-Firmen ihre Stände aufgebaut und boten viel Infomaterial, wie etwa Ratgeber zu verschiedenen Themen, die im Zusammenhang mit dieser heimtückische Auto-Immunerkrankung wichtig sind, wie Ernährung, Stressvermeidung oder Sport und Bewegung.

Organisatoren und Vortragende

Vorab hatten sich 80 Personen bei Marion Kremerius, der Vorsitzenden der Selbsthilfegruppe MS-Treff Erkrath angemeldet. Am Tag der Veranstaltung waren es rund 140 Besuchende, Betroffene, zum Teil in Begleitung von Betreuern und Angehörigen, die sich in der Stadthalle eingefunden hatten. Die engagierte Vorsitzende hatte ein „kompetentes und eingespieltes Referenten-Team“ gewinnen können, das in dieser Besetzung bereits vor zwei Jahren vor Ort war: den Neurologen Dr. med. Nils Richter, der sich u. a. auf Entzündungen im zentralen Nervensystem (ZNS) wie MS spezialisiert hat, sowie Catherine Wolters, Psychologin M. Sc., Psychologische Psychotherapeutin, Psychoonkologin und Medienwissenschaftlerin M. A.

Foto: Timo Kremerius

Die vertraute Atmosphäre unter den Organisatoren und Referenten sprang schnell auch auf das Publikum über: Timo Kremerius, seit mehr als 40 Jahren mit seiner Frau Marion verheiratet, ist Vorsitzender des Fördervereins, der u. a. auch diese Veranstaltung finanziell ermöglicht. Seit 20 Jahren gibt es bereits den MS Treff und seit 15 Jahren unterstützt der Förderverein ihn mit verschiedenen Veranstaltungen wie Konzerten. So kam es denn auch Timo Kremerius zu, die Besuchenden zu begrüßen und Organisatorisches zu berichten. Auch war er derjenige, der das Mikro im Saal denjenigen brachte, die Fragen an die beiden Referenten hatten.

Mit dem MS-Spezialisten Richter verbindet Marion wie Timo Kremerius seit Jahren eine Freundschaft. Selbst an MS erkrankt, pflegt sie den fachlichen Austausch mit dem erfahrenen Neurologen, auch und gerade, wenn sie in Sachen Therapie nicht immer einer Meinung sind. „Marion ist, wie jede und jeder andere, der an MS erkrankt ist, der Spezialist für diese Erkrankung. Jede MS-Erkrankung ist ganz individuell und der Verlauf immer anders. Wir als Ärzte geben die medizinische Hilfestellung, informieren und raten zu bestimmten Therapien. Entscheiden und beurteilen, welche Therapie tatsächlich hilft, kann letztlich nur die Patientin oder der Patient selbst. Sie oder er entscheidet, nachdem wir Ärzte über die Fakten, die Wirkungen und auch die Nebenwirkungen informiert haben, ob sie sich darauf einlassen wollen. Leider sind die Nebenwirkungen bei hochwirksamen Therapien eben auch oft schwer,“ so Dr. Richter im Gespräch.

Catherine Wolpers verbindet eine noch engere Bindung mit der rührigen MS-Treff-Leiterin und deren Ehemann: Sie ist ihre Tochter und daher nicht nur von Berufswegen mit dem Krankheitsbild MS bestens vertraut.   

Neurologe Dr. med. Nils Richter referiert über neue Therapien

Vielen im Saal war der sympathische Neurologe bereits als Referent von früheren Veranstaltungen bekannt. Einige Besucher der Veranstaltung sind Patienten in seiner Praxis in Düsseldorf, wie sich in den Gesprächen, für die der Neurologe sich im Anschluss viel Zeit nahm, herausstellte. Andere werden es vielleicht demnächst sein, denn der umgängliche Neurologe überzeugte viele mit seiner Kompetenz gepaart mit seiner zugewandten Art.

Dr. Richter begann seinen Vortrag mit dem Plädoyer, so früh wie möglich nach der MS-Diagnose „direkt mit einer hochwirksamen Therapie und nicht erst mit einer Basistherapie zu beginnen, und dann im weiteren Verlauf hochzufahren, denn die bleibenden neurologischen Schäden, wie Läsionen, also Vernarbungen im Gehirn, sind größer, die Schubraten und die Behinderungsprogression nehmen zu.“   

Dr. Richter referierte dann über eine „neue Therapieoption in der Behandlung der MS“. Da man wisse, dass ein Enzym, die Bruton-Tyrosinkinase (BRT), die „Signalwege der B-Zellen, die die Entzündungen im Gehirn auslösen, beeinflussen“, versucht man mit so genannten BTK-Inhibitoren zu verhindern, dass diese „krankmachenden Autoimmunprozesse angeschoben werden“, so der Neurologe. „Sie sind in der Lage, die so genannte Blut-Hirn-Schranke (BHS) zu überwinden und so die schleichende Progression der MS, bedingt durch neuro-degenerative Prozesse, die sich hinter BHS abspielen, zu beeinflussen.“
Danach kam der Experte noch auf die, bei Medizinern und auch bei den „Experten im Publikum“ nicht unumstrittene Stammzellen-Transplantation zu sprechen, die seit den 1990er Jahren in der Klinischen Erprobung ist, und auch bereits in verschiedenen Zentren angewandt wird, wenn Verläufe sehr schwer sind und Immuntherapien nicht den gewünschten Erfolg bringen.

Die Fragen im Anschluss an den Vortrag des Neurologen Dr. Richter zeigten, dass man es mit einem Publikum zu tun hatte, dass sehr gut informiert über die eigene oder auch die Erkrankung eines Partners ist. Viele, auch sehr individuelle Fragen beantwortete der Mediziner direkt oder verwies auf die Möglichkeit, nach dem Ende des offiziellen Teils noch mit ihm ins Gespräch zu kommen. 

Dr. med. Nils Richter | Foto: Timo Kremerius

Psychologin Catherine Wolters zu Fatigue und Antriebsschwierigkeiten

Gleichermaßen kompetent wie verständlich und dabei auch noch überaus zugewandt legte Catherine Wolters den Unterschied zwischen Fatigue und Antriebschwierigkeiten dar. „Fatigue tritt oft bei MS-Erkrankten auf und hat eine körperliche Ursache. Antriebsschwierigkeiten, die über das ‚ich kann mich gerade nicht aufraffen, dies oder das zu machen‘ hinausgehen. Sie bestehen über einen längeren Zeitraum und haben psychische Ursachen, die auch zu einem sozialen Rückzug führen. Sie sind typisch bei Depression und anderen psychischen Erkrankung. Man hätte körperlich die Möglichkeit, etwas zu machen, fühlt sich aber unzulänglich“, so die Psychologin, die in Düsseldorf praktiziert. Beiden gemein sei aber, dass auch Gedanken verlangsamt seien.

Der Rat der Fachfrau für das Seelische lautete: Wertfrei im Hier und Jetzt sein, die Vergangenheit kann man nicht mehr ändern, die Zukunft kennen wir noch nicht. „Es ist verschwendete Lebenszeit darüber nachzudenken. Wenn diese Gedanken kommen, lassen Sie sie zu und vorbeiziehen. Machen Sie sich klar, welches Ihre Werte sind und wie sie leben möchten in jedem Moment des Lebens, unabhängig von anderen und deren Bewertung. Und dann handeln Sie auch danach“, appellierte Wolters, die zugab, dass sich das leichter anhöre als es sei. „Achtsamkeit muss man üben, sich fragen, was denn hinter negativen Gedanken steht, die einen immer wieder überfallen. Und den Umgang mit Rückschlägen bewusst üben.“ Diese und auch die Mahnung, Regeln, die man sich selbst aufstelle zu hinterfragen, löste immer wieder zustimmendes Nicken im Publikum aus. Auch die Anregung, wenn Gedanken und Gefühle übermächtig werden, sich auf anderes zu fokussieren  und zu sagen „mit Euch befasse ich mich, wenn ich mehr Antrieb habe“, war ein weiterer Tipp, Gedankenspiralen zu durchbrechen lernen. Abschließend gab Catherine Wolters den Zuhörern mit: „Auch ohne Motivation in Aktion treten, sich dann belohnen und dieses Schema immer wiederholen.“

Catherine Wolters | Foto: Timo Kremerius

Nach Wolters Vortrag hatte niemand mehr Fragen, dafür stand eine Zuhörerin auf und dankte ihr: „Sie haben dieses Themen so praktisch und klar dargelegt, dass einfach keine Fragen übrig geblieben sind. Daher möchte ich einfach nur vielen Dank sagen.“

Beide Referenten standen genau wie die Organisatorin für Fragen im Anschluss bereit. Zahlreiche Besucher nutzten diese Möglichkeit und schilderten ihre individuellen Anliegen.

MS-Treff Erkrath e. V.: Die Gruppe besteht seit rund zwanzig Jahren und trifft sich an jedem letzten Dienstag im Monat von 17.30h bis 19.30h in der Johanniter Begegnungsstätte in der Hildener Str. 19, Erkrath-Hochdahl. Neue Interessenten werden gebeten, sich vorab bei Marion Kremerius telefonisch unter (01 73) 528 86 86 oder per Email unter mkremerius@ms-treff-erkrath.de anzumelden. Weitere Infos: www.ms-treff-erkrath.de.

Förderverein MS-Treff Erkrath e. V.: Frei nach dem Motto des Vereins „Gemeinsam Hindernisse überwinden“ möchte er es Menschen mit MS ermöglichen, „Pause vom Alltag zu machen“: Sei es durch gemeinsame Konzertbesuche, die der Verein zugunsten der Betroffenen organisiert oder auf gemeinsamen Reisen, z. B. ein verlängertes Wochenende ans Meer in Holland. Wer unterstützen möchte, kann dies mit einer Spende auf folgendes Konto: IBAN: DE96 3004 0000 0809 1142 00 bei der Commerzbank Düsseldorf.
Kontakt: E-Mail: kremerius@fv-ms-treff-erkrath.de. Weitere Infos: www.fv-ms-treff-erkrath.de.

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