Neanderhöhe – ein emotionales Thema

Archäologe Wolfgang Heuschen hat mit 19 Mitstreitern den Bürgerantrag eingebracht. Foto: Ria Garcia

Am Mittwoch befasste sich der Ausschuss Umwelt und Planung in einer Sondersitzung mit den eisenzeitlichen Funden.

Die Corona-Schutzverordnung erlaubt es maximal 25 Bürgern an den Sitzungen teilzunehmen. Aufgrund des öffentlichen Interesses ist dieser Artikel sehr ausführlich gefasst. Um die Navigation zu erleichtern und auch später schnell Abschnitte wiederzufinden, haben wir die Zwischenüberschriften mit Stichworten verlinkt, die es dem Leser erlauben direkt zum jeweiligen Abschnitt zu springen: PräsentationBürgerfragenFragen der PolitikAnträgePolitische DiskussionAbstimmung (Mit dem Pfeil am rechten Bildrand ist die Rückkehr zur Artikelanfang möglich.)

Präsentation der archäologischen Voruntersuchung

Ein Bürgerantrag, den 20 Geschichtsinteressierte unterzeichnet hatten, stand ebenfalls auf der Tagesordnung. In mehr als dreieinhalb Stunden ging es erst einmal ausschließlich um die Neanderhöhe. Zu Beginn erhielten Ausschussmitglieder und Zuschauer viele Informationen. Martina Aeissen von Archeonet war zu Gast und berichtete über die Prospektion der Neanderhöhe, bei der die eisenzeitlichen Funde gemacht wurden. Der Sitzung zugeschaltet waren Nadia Balkowski und Kerstin Kreutzberg vom LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland.

Martina Aeissen erklärte die Vorgehensweise bei der Voruntersuchung des Geländes und wie anhand Oberflächenfunden (die nicht auf die Eisenzeit schließen ließen) schließlich Sondagen über das gesamte Gelände verteilt angelegt wurden. Als dabei erste eisenzeitliche Funde entdeckt wurden, hat man vier zusätzliche Sondagen angelegt, um das Gebiet genauer einzugrenzen. Klar war schließlich, dass man hier eine Siedlung gefunden hatte. Die Funde lassen sich auf die Laténe-Zeit von Vierhundert bis Zweihundert vor Christi datieren. Auf Nachfrage, wie häufig solche Funde sind, erklärte Aeissen, dass etwa ein Fünftel aller Funde in die Eisenzeit datiert werden. Funde aus der Laténe-Zeit machen davon wiederum nur ein Fünftel aus. Die Mehrzahl der eisenzeitlichen Funde liegt darüber hinaus linksrheinisch, sodass der Fund hier in Erkrath schon als etwas Besonders gelten dürfte.

“Tiefere Schichten, in denen man Funde aus prähistorischer Zeit vermuten könnte, wurden nicht untersucht?”, wollte Peter Knitsch wissen. Das gehörte offensichtlich nicht zum Auftrag der Archäologen. Wie anschließend von Nadia Balkowski erklärt, werden nur Bodenschichten bis zur Eingriffstiefe möglicher Bauarbeiten untersucht. Peter Knitsch argumentierte, dass die Eingriffstiefe für Kanalarbeiten ja tiefer gehe, als für Keller. Im Gespräch mit Nadia Balkowski wurde klar, dass eine genauere Untersuchung erst noch folgt. Für ein entsprechendes Handlungskonzept fehlen dem LVR-Amt für Bodendenkmalpflege aber noch die Planungsunterlagen des Gebiets, die die Stadt Erkrath bisher nicht eingereicht hat. Bei Kellerplanungen wird, so führte sie aus, eine Dokumentation der Funde vorgenommen. Wird ohne Unterkellerung gebaut, bleibt das Bodendenkmal im Boden erhalten und wird überbaut. “Das ist aus Sicht der Denkmalpfleger immer noch besser, als wenn die Funde vernichtet werden”, erklärte sie.

Bürgerfragen

In einer Sitzungsunterbrechung durften dann auch die anwesenden Bürger Fragen stellen. Wolfgang Heuschen wollte wissen, ob auf dem Gelände Richtung Neandertal keine weitere Untersuchung stattfindet. Heuschens Interesse an der Steinzeit ist dem LVR-Amt aufgrund früherer Anfragen nicht unbekannt und so antwortet Balkowski, dass auch sie selbst sehr an steinzeitlichen Funden interessiert sei, aber es müssten schon weitere Anhaltspunkte vorliegen, damit das LVR-Amt das Recht hätte etwas zu fordern. “Es kann immer sein, dass auch Funde des Neandertalers im Boden sind, aber es fehlt die gesetzliche Grundlage dem nachzugehen”, erklärt sie. Sicher könne man mit dem Museum überlegen, was man tun könnte.

Lutz Gallasch stellte dann eine Frage, die auch viele Ausschussmitglieder interessierte: “Wie tief müsste man denn graben, um auf steinzeitliche Funde zu stoßen?” Nadia Balkowski antwortete ihm: “Wir können nicht genau sagen, wie tief man gehen müsste. Aber Funde im Lössboden wären möglich. Ein großer Eingriff wäre nur im Rahmen eines Forschungsprojektes möglich.”

Elmar Stertenbrink wollte schließlich wissen, ob es tatsächlich so ist, dass die Archäologen bei tieferen Bodeneingriffen nur dabei sind und dokumentieren, was ‘genau im Schacht’ ist und nicht über diesen Eingriff hinaus. Auch er erhielt die Antwort, dass man nicht unter allen Umständen ausgrabe, wenn keine Zerstörung zu erwarten sei. Wolfgang Heuschen sprach noch einmal an, dass potentielle prähistorische Fundstätten tiefer lägen und sie deshalb bei der Voruntersuchung ja nicht gefunden werden konnten. “Es ist schwer vorhersagbar, wo weitere Funde zu erwarten sind”, kommentierte Nadia Balkowski, bevor die Sitzungsunterbrechung beendet wurde und die Ausschussmitglieder wieder in die Diskussion einstiegen.

Fragen und Anmerkungen der Politik

Bernhard Osterwind, der die frühe Veröffentlichung der Funde durch die Grünen und die Verwaltung kritisierte, wollte wissen, ob die Stadt vor ihrer Pressemeldung Rücksprache mit dem LVR-Amt gehalten habe. Mit der Veröffentlichung, die in einer Karte auch noch die Fundbereiche markierte, hätte man es Hobby-Schatzsuchern leicht gemacht. Auch erinnerte er daran, das das LVR-Amt im Vorfeld in einer Stellungnahme geschrieben hatte, dass auf der Neanderhöhe mit keinen Funden zu rechnen sei.

Peter Knitsch verteidigte die Erwähnung damit, dass die Funde von großem öffentlichen Interesse seien und man sich denken könne, wie die Diskussion und die Entscheidungen ausgehen würden, wenn man den Fund nicht öffentlich gemacht hätte. “Wir müssen die Geschichte von Hochdahl neu schreiben”, stellt er fest. Neben den Funden sei auch ein Blick darauf zu werfen, dass hier wertvoller Lössboden geopfert werden. Er ist darüber hinaus dagegen, die Klausel zur archäologischen Begleitung aus den Kaufverträgen zu streichen. “Die Stadt selbst untersucht ja nur die Flächen, auf denen Kanäle und Straßen gebaut werden.”

Zur Rückfrage in Bezug auf eine abgestimmte Presseveröffentlichung konnte Nadia Balkowski keine Auskunft geben. “Ich bin erst seit Februar in dieser Position. Die Gefahr, dass sich nach einer Veröffentlichung ‘Raubgräber’ auf den Weg machen, ist aber da.” Sie verteidigte die Stellungnahme des LVR-Amtes: “Wir können immer nur Prognosen abgeben. Wir hatten keine Anhaltspunkte. Wir können froh sein über diesen Zufallsfund. Das passiert immer wieder.” An der Erschließung sei das LVR-Amt beteiligt, erklärte sie in Richtung Peter Knitsch. Eine abschließende Stellungnahme zur Vorgehensweise gäbe es indes noch nicht, weil das LVR-Amt von der Stadt noch keine Planungsunterlagen erhalten hat. Zur Vertragsklausel äußerte sich ihre Kollegin Kerstin Kreutzberg: “Die Vertragsklausel ist rechtlich schwierig und könnte als sittenwidrig eingestuft werden.” Im Rahmen der Gesetze seien die zu ergreifenden Maßnahmen bei Baubeginn bereits vorgegeben.

Dezernent Fabian Schmidt wies darauf hin, dass es grundsätzlich Vorgespräche mit dem LVR-Amt gegeben hätte, die Pressemeldung im Detail sei jedoch nicht noch einmal abgestimmt gewesen. “In der Karte waren auch nicht die Fundstellen eingezeichnet. Es war lediglich der Gesamtbereich markiert.”

Um diese, mit der Pressemitteilung der Stadt Erkrath vom 17. März 2021 veröffentlichte Karte drehte sich die Diskussion.
Original-Bildunterschrift der Stadt Erkrath: Auf diesem Lageplan der Neanderhöhe ist der archäologische Untersuchungsbereich in pink eingezeichnet. Die Ränder ergeben sich aus einem vorgegebenen Abstand von 15 Metern um den letzten Einzelfund.

Stephan Marx, der seitens der Abwasserbetriebe die Arbeiten auf der Neanderhöhe begleitet, erklärte den Anwesenden anschließend das geplante Vorgehen. Aufgrund der Topografie werde einen Höhenausgleich vorgenommen, bei dem zum Teil Erdschichten abgetragen und an anderer Stelle aufgetragen werden. Dadurch gäbe es auf der Kuppe des Geländes einen zwei Meter tiefen Einschnitt. Mit dem Kanalbau gehe man auf eine Tiefe von drei bis vier Metern. Hinter der Kuppe würde dann für den Geländeausgleich ein Auftrag stattfinden. Im ersten Schritt werde die westliche Straßenverkehrsfläche untersucht. Danach gehe man dann weiter in den Innenbereich. Bautätigkeit würde erst erfolgen, wenn die archäologischen Untersuchungen abgeschlossen seien. Das Denkmalschutzgesetz gebe zudem vor, dass zu den Eingriffen eine Grabungserlaubnis erteilt werden müsse. Dafür würde ein Konzept erstellt, das sicherstellt, dass die Arbeiten ordnungsgemäß stattfinden. Sobald die Bauplanung vorliegt, käme es zu einer Benehmensherstellung. Das gälte für alle Bereiche, in denen Befunde zu erwarten seien.

Karsten Ditscheid, Leiter der städtischen Abwasserbetriebe, ergänzt: “Wir führen die Maßnahmen im gesamten Konfliktbereich selbst durch.” Die Mehrzahl der Befunde lägen nicht tiefer als einen Meter im Boden. “Wir stehen mit Stephan Marx in Kontakt. Erst wenn er die Planungsunterlagen eingereicht hat, können wir eine Handlungsempfehlung geben”, fügt Nadia Balkowski an. Beim späteren Eingriff erfolge eine Dokumentation der Funde und anschließend die Zerstörung. “Ich halte es für einen Kardinalfehler erst den Bebauungsplan aufzustellen und dann zu untersuchen”, merkt Peter Knitsch an. Man müsse doch die Möglichkeit haben anhand der Befunde möglicher Weise Konsequenzen zu ziehen. “Den Beschluss heute nicht zu fassen, ist die letzte Chance sich geschichtsbewusst zu verhalten.”

Gemeint war an dieser Stelle, der Beschlussvorschlag, den die Verwaltung des Tagesordnungspunkt ‘Ergebnis der archäologischen Untersuchung der Neanderhöhe’ zugeornet hatte. Wortlaut: “Der Rat der Stadt Erkrath beschließt aufgrund der bestehenden Sachlage auf die Aufnahme von Klausel zur Archäologie in die Kaufverträge für Grundstücke im Gewerbegebiet Neanderhöhe zu verzichten und beauftragt die Verwaltung mit den in der Sachdarstellung erläuterten Vorgehensweise.

Bernhard Osterwind fand es sogar absurd einen solchen Beschluss unter den Tagesordnungspunkt ‘Ergebnis der archäologischen Untersuchung der Neanderhöhe’ zu setzen. “Es ist noch kein Grundstück verkauft. Sie haben noch alle Zeit. Da wir die Untersuchung selbst durchführen, muss die Klausel auch nicht in die Kaufverträge”, erklärte Bürgermeister Christoph Schultz. “Die archäologische Untersuchung hat stattgefunden. Das LVR-Amt hat ausführlich erläutert, wie vorzugehen ist, um Funde zu sichern”, ergänzte Helmut Rohden. (Anmerkung der Redaktion: Nadia Balkowski hatte darauf hingewiesen, dass das LVR-Amt erst ein Handlungskonzept erstellen kann, wenn die Planungsunterlagen vorliegen.) Rolf Steuber erläutert die Position der FDP: “Wir sind dafür die Funde nicht zu erhalten. Sie sollen für die Nachwelt aber natürlich dokumentiert werden.” Nachdem Peter Knitsch äußerte, er sei dafür den Beschluss in die übernächste Sitzung zu verschieben, erklärte Christoph Schultz, dass seie nicht nötig, da in dieser Sitzung kein Beschluss gefasst werden müsste, da dieser Beschluss Sache des Haupt- und Finanzausschusses sei.

Mit der Frage, warum die Ausschussmitglieder so etwas beschließen sollten, bevor sich sich sachkundig fühlen, beantragten Bernhard Osterwind und Peter Knitsch schließlich erst dann einen Beschluss zu fassen, wenn die archäologischen Untersuchungen durchgeführt wurden. Für den Antrag stimmten Grüne, BmU und Linke. Die SPD enthielt sich und so wurde der Antrag mit den Stimmen der CDU, FDP und AfD abgelehnt. Anschließend wurde formal mit den Stimmen von CDU, SPD, FDP und AfD dafür gestimmt den Beschluss in den Haupt- und Finanzausschuss zu schieben.

Bürgerantrag und weitere Anträge

Zu Beginn der Sitzung hatte sich der Ausschuss darauf verständigt den Bürgerantrag und einen Antrag der Fraktion Die Linke, gemeinsam zu behandeln.

“Ich stand hier vor fünf Jahren schon einmal”, erinnerte Wolfgang Heuschen und bedankte sich beim Rat, dass er entgegen der Beurteilung der Fachbehörde seiner Anregung gefolgt sei. Dann wies er noch einmal auf die berühmten Fundstellen in der näheren Umgebung und die Besonderheit des Lössbodens in der Region hin. Er argumentierte den Bürgerantrag und hoffte, dass das die Ausschussmitglieder dem Bürgerantrag folgen und tiefere Bodenschichten untersuchen lässt, auch wenn die Verwaltung die eisenzeitliche Untersuchung für ausreichend hält. “Warum diese Untersuchung für Erkrath wichtig ist, zeigt sich schon am Zusatz ‘Fundort des Neandertalers’ in Schreiben der Stadt”, mahnt er dieser Tatsache gerecht zu werden. Er wünscht sich die Entnahme von tiefen Bohrkernen auch auf der nördlichen Fläche, um Rückschlüsse auf prähistorische Funde zu ermöglichen.

Auch Hannah Eggerath, die sich seit vielen Jahren mit der Geschichte der Stadt befasst und einige Bücher zum Thema geschrieben hat, ergreift das Wort. “Das hat die Stadt nötig. Sie muss jetzt handeln, um mehr steinzeitliche Funde zu bergen.” 10.000 Generationen der Neandertaler seien noch nicht ausreichend erforscht, erklärt sie. “Die Stadt Erkrath hat die historische Pflicht so etwas zu betreuen”, schloss sie ihren Wortbeitrag. “Wir als Stadt sollten uns verpflichtet fühlen, Funde zu würdigen und Geld in die Hand zu nehmen”, ergänzte Philipp Kloevekorn die Worte seiner Vorredner.

“Es ist ja bekannt, dass wir gegen die Bebauung der Neanderhöhe sind”, begann Markus Lenk seinen Wortbeitrag. Die neuen Aspekte der archäologischen Funde und der abnehmende Bedarf an Büroflächen, der sich durch Corona und die neu entstandenen Home-Office-Lösungen ergeben hätte, gäben die Möglichkeit sich noch einmal zu orientieren, begründete er den Antrag ‘Ideen für eine nachhaltige und zukunftsweisende Neue Nutzung der Neanderhöhe’ seiner Fraktion. Darüber hinaus sei das Gebiet in Erkrath extrem umstritten. Wie kein anderes würde es Erkrath nicht einen, sondern spalten.

Die politische Diskussion

Mit der folgenden Debatte endete dann der bisher eher sachlich geprägte Teil der Ausschusssitzung und wechselte in einem politischen Schlagabtausch. “Die Ideen, die hier genannt wurden, sind wirtschaftlich vollkommen unrealistisch”, ergriff Detlef Ehlert für die SPD das Wort und malte im weiteren das Bild von Archäologen mit Pinseln auf der Neanderhöhe. Das wies Wolfgang Heuschen, dem als direkt Angesprochener eine Antwort gewährt wurde, zurück und warf Ehlert vor ein Klischee zu bedienen. Bernhard Osterwind von der BmU suchte indes den Kompromiss, mit dem man vielleicht allen Seiten gerecht werden könnte: “Man könnte im kompletten ‘U’ der Straßenführung tiefer graben und nachschauen und wenn sich dabei Befunde ergeben, könnte man überlegen auch an anderen Stellen tiefer zu graben.”

“Was hindert den Rat eigentlich sich die Zeit zu nehmen und abzuwarten?”, wollte Peter Knitsch wissen. Die weitere Untersuchung sollte aus seiner Sicht nicht unter dem Druck der Erschließung erfolgen. “Im Zweifel geht man einfach mit dem Bagger drüber. Das kann man einem Investor ja nicht einmal verdenken”, befürchtete er. Die Politikverdrossenheit der Bürger würde aus seiner Sicht auch entstehen, weil die SPD im Wahlkampf noch Zettel für den Erhalt der Neanderhöhe verteilt hatte und nun die gegenteilige Position einnimmt. Bei der nächsten Wahl würden die Grünen nicht mehr am ‘Erkrath-o-Mat’ teilnehmen. “Da wird doch gelogen, dass sich die Balken biegen.”

Auch die Erschließungskosten von 2 Millionen Euro wurden in der Diskussion noch einmal thematisiert und die Frage nach den Kosten der archäologischen Untersuchung stand im Raum. Nicht nur einer der anwesenden Kommunalpolitiker geht davon aus, dass die Nachfrage nach Büroraum im Zuge der Pandemie und der erprobten Homeoffice-Lösungen abnehmen werde. Die Kosten für die archäologische Untersuchung wurden mit 150 bis 200 Tausend Euro je Hektar benannt. Bei deutlich tieferem Eingriff, um auch steinzeitliche Funde abzuklären, könnte sie bei 400 Tausend Euro je Hektar liegen.

Der sehr sachlich begonnene Ausschuss endete schließlich,
vor der Abstimmung der Anträge zur Neanderhöhe, hitzig.
Foto: RG

Bürgermeister Schultz ergriff das Wort und erklärte, dass die Unternehmen nun einmal bereits erschlossene Flächen wollen. Die Nachfrage nach Flächen sei weiterhin groß. Wirtschaftsförderin Sarah Harden berichtete, dass es bereits über 100 Anfragen zum Gewerbegebiet Neanderhöhe gegeben habe. “Vom kleinen Dienstleister bis zum Spediteur war alles dabei. Die Anfragen kommen aus den unterschiedlichsten Regionen. Auch meine Fremdsprachenkenntnisse musste ich schon einsetzen”, führte sie aus. Der Großteil der Interessenten passe aber nicht auf die benannten Kriterien. “Trotzdem sind wir bei der Vorauswahl weiterhin strickt.” Da das archäologische Thema noch nicht geklärt sei, könne man bisher nicht abschließend verhandeln, erklärte sie. Die Schlagzeilen zur Neanderhöhe und die politische Diskussion würden auf potentielle Interessenten abschreckend wirken, kritisiert sie. In der kommenden Woche gäbe es noch einmal persönliche Gespräche, schloss sie.

“Die heutige Sitzung hat dieses Urteil nicht verdient Frau Harden”, wies Bernhard Osterwind die Kritik zurück. “Dass wir als BmU beim Thema Neanderhöhe raus sind, liegt vor allem daran, dass die Gewerbesteuereinnahmen keine Rolle mehr spielen sollen.” Detlef Ehlert äußerte die Sorge, dass die Neanderhöhe für die Stadt ein Zuschussgeschäft werden könne und Peter Knitsch kritisierte: “Hier wird nicht mit offenen Karten gespielt.” Die BmU hätte schließlich damals nicht zugestimmt, wenn die Neanderhöhe nicht zum Premium-Gewerbegebiet benannt worden wäre. Aus seiner Sicht war damals schon klar, dass dieser Beschluss wieder weg müsse, weil die Flächen sonst nicht verkauft würden. Er bezeichnet das Vorgehen als ‘taktische Spielchen’. Statt hunderte Unternehmen zu erwähnen, solle dem Rat in nichtöffentlicher Sitzung doch die Liste der bisherigen Interessenten einmal vorgelegt werden. “Wenn es nicht mehr möglich ist, über ein Gewerbegebiet politisch zu diskutieren, dann wäre das in der Tat furchtbar”, führte er vor, dass zur Demokratie eben auch die offene Diskussion gehöre.

Inzwischen hatte sich die Diskussion aufgeheizt und verleitete Bürgermeister Christoph Schultz dazu, sich zu echauffieren. Marc Göckeritz griff beherzt als Ausschussvorsitzender mit erhobenem Wort ein und brachte die erhitzten Gemüter schließlich wieder auf das erforderliche Diskussionsniveau zurück. Bevor es zur Abstimmung der inzwischen drei Anträge kam, richtete sich Renate Späth mit einem Plädoyer an die Ausschussmitglieder: “Ist es so abwägig und unvorstellbar den Anlass zu nehmen und über den ursprünglichen Beschluss neu nachzudenken?”, fragt sie. Die UN habe inzwischen eine neue Dekade ausgerufen. Von 2021 bis 2030 ginge es nicht mehr allein darum die Ökosysteme zu erhalten. “Wie haben die Verpflichtung Ökosysteme wieder herzustellen”, macht sie die Ziele der UN klar. “Das möchte ich vor der Abstimmung zu bedenken geben, bei allen Zahlen und Haushaltsüberlegungen der Stadt.”

Die Abstimmung

Zuerst wurde über den Antrag der Fraktion die Linke abgestimmt, der mehrheitlich abgelehnt wurde. Der Bürgerantrag fand mit den Stimmen der Linken, der BmU und der Grünen ebenfalls keine Mehrheit, weil CDU, SPD, FDP und AfD dagegen stimmten. Zuletzt wurde über den im Ausschuss eingebrachten Antrag der BmU abgestimmt, dem BmU, Grüne und ein SPD Mitglied zustimmten. Die Linke enthielt sich und so stand es mit den Gegenstimmen 7:7 Stimmen und damit fand auch dieser Antrag am Ende nicht die erforderliche Mehrheit.

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