Mühlenstraße: Mieter sind frustriert

von Ria Garcia

Acht, der insgesamt zehn Mieter, mit denen wir uns in der Mühlenstraße getroffen haben. Foto: Ria Garcia

Die ehemaligen Häuser der Sozialkasse der Bauwirtschaft (Soka-Bau) sind für viele Mieter Heimat, aber mit der Übernahme durch die GWH Immobilien Holding GmbH haben sich Wohnumfeld und der Zustand der Häuser aus ihrer Sicht drastisch verschlechtert.

Zehn Mietparteien haben wir vor etwas mehr als zwei Wochen getroffen, die uns gegenüber „ihr Herz ausschütteten“. Man kennt sich, zumindest die Mieter, die schon lange in den Häusern wohnen. „Wir wohnen schon seit 32 Jahren hier“, sagt uns einer der Mieter. Andere benennen 28 oder 18 Jahre. Ein jüngerer Mieter hat schon mit seinen Eltern hier gewohnt und ist jetzt selbst Mieter. Sie sind eine eingeschworene Gemeinschaft, die im Sommer gerne auch im Außengelände zusammensitzt, deren Kinder oder Enkel zusammen auf dem Spielplatz spielen. Wegziehen sei für sie keine Option, wegen der Gemeinschaft, erfahren wir. Aber seit die Häuser auf der Mühlenstraße 2 bis 28 von der Soka-Bau an die GWH verkauft worden sind, habe sich vieles verschlechtert.

Rund 200 Mieter leben in den Häusern. Früher nach strengen Kriterien ausgewählt. „Wir mussten uns nackig machen, die letzten drei Gehaltsabrechnungen vorlegen und nachweisen, dass wir solvente Mieter sind“, berichtet einer der langjährigen Mieter. Damals sei die Wohnanlage noch attraktiv, vor allem für Familien, gewesen. Heute sei das anders. Neue Mieter würden nicht mehr so geprüft und so sei die Gesamtgemeinschaft nicht mehr so, wie noch vor einigen Jahren. Man müsse zusehen, wie die Wohnanlage langsam verkommt, erfahren wir.

Heute liegt vieles im Argen

Bei einem Rundgang mit den Mietern gewinnen wir eine Vorstellung davon, wie schön es dort wohl früher war. Wege und Sitzgelegenheiten, selbst ein Pavillon und ein Spielplatz im Grünen zwischen und hinter den Häusern boten in der Vergangenheit einigen Komfort. Bei genaurem Hinsehen fallen die Mängel ins Auge. Das Dach des Pavillons ist undicht. Wege sind zum Teil zugewachsen und vermoost. Achtlos entsorgtes Laub sammelt sich auf Strauchgewächsen, Grünschnitt landet in der Böschung.

Eine Holztischplatte wackelt bei Berührung bedenklich 10 Zentimeter auf und ab und an Bänken und Tischen hat der Zahn der Zeit inszwischen so sehr genagt, dass fast überall Risse mit Splittern, an denen man sich verletzen kann, zu sehen sind. Von einigen Stolperfallen auf den Wegen, defekter Beleuchtung außen und in der Tiefgarage, deren Treppenzugang auch schon besserer Jahre gesehen hat, ganz zu schweigen. Für die Tiefgaragenplätze sei die Miete für 2024 angehoben worden, obwohl dort „der Putz von der Decke rieselt“, erfahren wir. Die Liste aufgeführter Mängel scheint schier endlos und wir können gar nicht so schnell mitschreiben, wie die inzwischen sehr frustrierten Mieter erzählen.

Der Rasen gleicht teilweise einer ‚Huckelpiste‘. Foto: RG
Grünschnitt landet hinter der Anlage im Gebüsch. Foto: RG
Die aktuell sichtbare Menge an ‚wildentsorgtem‘ Grünschnitt. Foto: RG

Der Rasen der einst gut gepflegten Anlage gleicht inzwischen einer Huckelpiste. „Die Gärtner fahren da mit schwerem Gerät drüber, dass konnen sie hier noch an den Reifenspuren sehen“, sagt uns ein Anwohner. Auch kleinere Heckengewächse seien den schweren Maschinen schon zum Opfer gefallen. Überhaupt werde der Rasen sehr viel seltener gemäht, als früher und Sträucher vor den Häusern würden zum Teil so hoch wuchern, dass sie Fenster im Erdgeschoss verdecken, bis sie geschnitten werden. Abknickende Äste an den Bäumen hinterm Haus lassen darüber hinaus die Sorge wachsen, dass einer davon endgültig abbricht und Bewohner, vor allem spielende Kinder, verletzen könnte.

Laub wird auf Sträuchern entsorgt. Foto: RG
Vermooste Wege. Foto: RG
Oder gleich zur Hälfte zugewachsene Wege. Foto: RG

„Nach dem Hochwasser 2021 wurde nicht einmal der Sand in den Sandkästen ausgewechselt. Die haben einfach neuen oben drauf gekippt.“ Auch Spritzen habe man im Außengelände schon gefunden. Zwei Jahre sei eine Haustüre kaputt gewesen, sodass jeder ein- und ausgehen konnte. Mehrmals sei diese nach von der Verwaltung vermeldeter Reparatur nach ein bis zwei Tagen wieder defekt gewesen. Im Umfeld gäbe es Vandalismus durch Jugendliche. Die seien des nachts auch schon mal bis ins obere Stockwerk gekommen und aufs Dach geklettert. „Ich möchte mir gar nicht ausmalen, was geschehen wäre, wenn einer davon vom Dach gestürzt wäre“, kommentiert einer der Mieter diesen Umstand.

Zeitweise stehen die Hecken vor dem Haus so hoch, dass sie in die Fenster im Erdgeschoss ragen. Foto: RG
Wenig einladend der Zugang zur Tiefgarage. Foto: RG
Die Treppenstufen sind rutschig und uneben. Foto: RG

Hinter der Fassadenverkleidung hätten sich Mäuse eingenistet, die auch den Weg ins Innere finden. Daraufhin aufgestellte Giftköder seien zum Teil frei zugänglich gewesen, was in einem Haus mit Kindern eine Gefahrenquelle darstelle. Mehrmals sei auch den Aufzug kaputt gewesen. Erstmals nach dem Hochwasser 2021. Vor kurzem war er wieder für einen Monat außer Betrieb. Für ältere Mieter oder Familien mit Kindern, die in den bis zu siebenstöckigen Häusern wohnen, sei das ein Problem gewesen. Mit dem Argument, dass Ersatzteile gerade nicht lieferbar seien, hätte der Aufzug über Wochen stillgestanden. Wochenlang sei auch der Deckel eines Müllcontainers defekt gewesen, sodass er, sobald man ihn betätigte, herunterfiel. Immer wieder wenden sich die Mieter über die seitens der GWH vorgegebenen Kanäle zur Mängelmeldung an die Verwaltung.

Wackelnde Tischplatte. Foto: RG
Risse und Splitter in der Tischplatte. Foto: RG
Risse und Splitter auch auf Bänken. Foto: RG

Von selbst, durch den beauftragten Hausmeister, würde überhaupt nichts mehr geschehen. Auch sei dieser schwer erreichbar. Ähnliche Erfahrungen mit der Hausverwaltung: Bei Anruf hingen sie oft 15 bis 20 Minuten in der Warteschleife, auf Emails gäbe es lange überhaupt keine Antworten. Mehrmals haben Mieter die Rückmeldung erhalten, dass ein Mängel inzwischen behoben sei oder dass man bei einer Besichtigung alles für in Ordnung befunden hätte, berichten die Mieter. Immer wieder dokumentieren sie die Mängel mit Fotos, um zu signalisieren, dass ein Mangel eben nicht oder nicht ordnungsgemäß behoben wurde. „Beim Hochwasser 2021 haben wir Mieter selbst den Keller trocken gelegt.“ Von der Verwaltung sei im Anschluss keine Grundreinigung erfolgt. Die Wasserlinie sei heute noch im Keller an den Wänden zu sehen.

Rasen wächst an dieser Stelle nicht mehr. Die rechts sichtbare Abdeckung des Lüftungsschachts wurde angebracht, nachdem die Mieter wiederholt darauf hingewiesen hatten, dass dort Wasser in die Tiefgarage eindringt. Foto: RG
Die Mieter sorgen sich auch wegen abknickender Äste, die wenn sie ganz abbrechen Bewohner, vor allem aber auch spielende Kinder treffen könnten. Foto: RG
Die Fallschutzfliesen rund um die Kinderschaukel wölben sich an einigen Stellen deutlich nach oben und können zur Stolperfalle werden. Foto: RG

Im Winter laufe das Wasser oft an der Fassade entlang. Besonders an den Fenstern sei die Feuchtigkeit extrem zu bemerken. In manchen Ecken sei die Feuchtigkeit auch im Inneren bemerkbar, es bilde sich Schimmel. Auch äußerlich sei die Fassadenverkleidung in einem sehr ungepflegten Zustand. Die letzte Nebenkostenabrechnung ließ die Mieter der Mühlenstraße nicht schlecht staunen. Obwohl die Außenanlage immer ungepflegter ist und Gärtner nur selten vor Ort sind, sollen sie nun statt rund 16 Tsd. Euro jährlich, anteilig für rund 71 Tsd. Euro Gartenpflege über die Nebenkosten aufkommen. Einige der Mieter haben inzwischen einen Anwalt mit der Vertretung ihrer Interessen beauftragt, die unter anderem die Belege zu den Nebenkostenabrechnungen zur Einsicht gefordert haben, aber auch von den Anwälten sei zu vernehmen, dass sie oft wochenlang keine Anwort erhalten. „Als die Häuser noch der Soka-Bau gehörten, war die gesamte Anlage sehr gepflegt. Da gab es einen Hausmeister, der selbst hier wohnte“, so die Bewohner in Erinnerung an frühere Zeiten.

So, wie auf diesem Bild, sehen die Fassaden an vielen Stellen aus. Foto: RG

Wir haben die GWH Immobilien Holding GmbH zur Kritik der Mieter noch am gleichen Tag unseres Treffens mit den Mietern um eine Stellungnahme gebeten. Auf die Anfrage einer Kollegin per Email erhielten wir eine sehr schnelle erste Antwort mit der Frage, bis wann wir die Stellungnahme benötigen. Auch die Stellungnahme erfolgte dann im von uns genannten Zeitrahmen. „Zwei Tage nach unserem Treffen war eine Delegation hier vor Ort und hat alles besichtigt. Der Hausmeister war auch dabei. Insgesamt sechs Personen. Soviele waren noch nie hier vor Ort“, berichtet uns einer der Mieter. Danach sei der Rasen gemäht worden. Sonst sei bisher nichts weiter passiert.

Stellungnahme der GWH

Die GWH nimmt die Anliegen ihrer Mieterinnen und Mieter sehr ernst. Nachfolgend finden Sie einige Informationen zu den von Ihnen geschilderten Punkten.

Bei der Liegenschaft in der Mühlenstraße 20 handelt es sich um ein Fondobjekt aus dem ELM-Ankauf der Sozialkasse der Bauwirtschaft (Soka-Bau). Die Bewirtschaftung der Soka-Bau und der GWH unterscheiden sich beispielsweise dahingehend, dass die GWH Gartenpflegearbeiten nicht selbst durchführt, sondern an externe Dienstleister vergibt. Hieraus resultieren Unterschiede in den Kostenstrukturen. Ein zusätzlicher Faktor von Kostensteigerungen ist auch die marktwirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre und das damit steigende Preisniveau.

Die GWH bedauert es, dass einige Mieterinnen und Mieter der Mühlenstraße 20 mit dem Zustand des Außengeländes unzufrieden sind. Jedoch können die Schilderungen zum Zustand des Außengeländes nach Rücksprache mit dem zuständigen Hausmeister, der Kaufmännischen Immobilienmanagerin und dem Technischen Immobilienmanager nicht bestätigt werden. Die Anlage wird im Rahmen der regelmäßigen Verkehrssicherungsbegehungen kontrolliert, dabei wurden keine erkennbaren Gefährdungen festgestellt. Die Beschwerde wird allerdings zum Anlass genommen, die Sitzgelegenheiten und Spielgeräte von eventuellen Vermoosungen befreien zu lassen. Eine Sanierung der Außenfassade der Häuser ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht geplant.

Nachdem der Mäusebefall gemeldet wurde, wurde umgehend ein Fachunternehmen beauftragt, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um eine Beseitigung sicherzustellen. Die GWH vertraut dem Fachunternehmen, die Köderboxen sach- und fachgerecht auf dem Gelände zu platzieren.

Für die Reinigung der Außenstellplätze wird zeitnah ein externer Dienstleister beauftragt. Die Instandsetzung der Leuchtmittel in der Tiefgarage wurden ebenfalls beauftragt. Es ist nicht bekannt, dass ein Mieter auf der Treppe zur Tiefgarage gestürzt sein soll. Die GWH wird den besagten Treppenabgang allerdings prüfen und im Falle einer Unfallgefahr reinigen und instand setzen lassen.

Meldungen zu Schimmelbefällen werden umgehend durch eine Fachfirma geprüft und bei Auftreten beseitigt. Häufige Ursachen für Schimmelbefall sind immer noch fehlerhaftes Heizen und Lüften. Dies bestätigen auch die Messungen des Fachunternehmens.

Die defekte Hauseingangstür wurde ausgetauscht, sodass keine weiteren Probleme auftreten sollten. Reparaturen von Aufzugsanlagen sollten sich aufgrund eines Dienstleisterwechsels in Zukunft schneller gestalten.

Die Erreichbarkeit der GWH ist über das Zentrale Kundenmanagement per E-Mail und telefonisch, die Mieter-App sowie die Hausmeistersprechstunde immer gegeben. Alle Anfragen und Mängelmeldungen der Mieterinnen und Mieter werden sorgfältig geprüft und so schnell wie möglich bearbeitet.

Hoffnung macht diese Antwort den Mietern sicher nicht. Zu hoffen wäre für sie aber, dass die Hausverwaltung künftig schneller reagiert und ihre Anmerkungen und Sorgen wirklich ernst nimmt. Wir von der Redaktion sind in der Beurteilung von Gefahrenquellen sicher nicht die Fachleute und einige Kritikpunkte könnte man sicher auch unter „Schönheitsmängeln“ verbuchen. Ob aber die nachfolgend im Foto festgehaltenen, wie auch einige weiter oben abgebildete Mängel, keine Gefahrenquelle darstellen, ist sicherlich zumindest diskussionswürdig.

Diese ehemals ebene Fliesenumrandung wölbt sich hier deutlich um einige Zentimeter nach oben. Stolpergefahr. Foto: RG
Noch deutliche sind die Stolpergefahren auf diesem Stückchen weg, der zusätzlich durch Vermoosung eine Rutschgefahr darstellt. Foto: RG

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