Mach’s gut Gemeindehaus Sandheide

Foto: Lutz Wulfestieg

Mit dem Erntedank fand im Gemeindehaus Sandheide der Abschiedsgottesdienst statt. Zeit für Gefühle, Zeit für Gemeinschaft und Zeit für Hoffnung auf Neues.

Etwa 250 Menschen hatten sich zum Abschiednehmen vom Gemeindehaus Sandheide eingefunden. Bürgermeister Christoph Schultz und seine beiden Stellvertreter Regina Wedding und Marc Göckeritz nahmen diesen besonderen Termin zu dritt wahr. Darüber hinaus waren es aber vor allem die Mitglieder der Gemeinde, die diesen letzten Gottesdienst gemeinsam erleben und Abschied nehmen wollten. Auch wenn man, wie wir in diesem Fall, nicht der Gemeinde angehört, konnte man sich dieser besonderen Stimmung nicht entziehen.

Den Abschiedsgottesdienst, in dessen Verlauf das Gemeindehaus Sandheide entwidmet wurde, hatten Pfarrerin Laura Kadur und Pfarrer Gabriel Schäfer gemeinsam vorbereitet. Laura Kadur berichtete, dass sie im Leben schon umziehen musste. Beim ersten Umzug mit 16 Jahren, als sie ihr ehemalige Kinderzimmer verließ, schrieb sie mit Filzstift zum Abschied an die Wand ‚Mach’s gut‘. „Meine Mutter war nicht gerade begeistert“, ließ sie die Gemeinde wissen. Das Ritual des Abschiednehmens habe sie in ihrem Leben aber beibehalten. „Natürlich habe ich später nicht mehr mit Filzstift auf die Tapete geschrieben.“ Später habe sie Post its benutzt, auf die sie ‚Mach’s gut‘ oder ‚Danke. War eine schöne Zeit mit Dir‘ geschrieben habe. Sie lud die Gemeinde ein es ihr nach dem Gottesdienst nachzutun. Dafür lagen Stifte und Post its bereit. „Kleben Sie sie an ihren Lieblingsstuhl, an die Wand oder ans Kreuz. Kleben Sie sie dahin, wo sie ihren persönlichen Abschiedsgruß hinterlassen möchten.“

Bewegliche Gemeinde

„Die Kirche war am Anfang eine bewegliche Gemeinde ohne feste Gebäude“, erinnerte Laura Kadur an die Ursprünge der christlichen Gemeinden. Damals habe es vor allem die Briefe gegeben, um in Kontakt zu bleiben. Einer davon sei der Hebräerbrief, von dem bis heute unklar sei, wer ihn geschrieben hat und an wen er gerichtet war. Der Brief fordere immer wieder dazu auf ‚Glaubt an Jesus‘. „Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir“, zitiert Pfarrerin Laura Kadur aus dem Kapitel 13 des Hebräerbrief und leitet wieder auf das Gemeindehaus. Ganz vielleicht habe man aber die Hoffnung und Neugier auf das, was kommt. „Doch die zukünftige suchen wir“, greift Pfarrer Gabriel Schäfer den Faden auf. Ohne Veränderung, führt er aus, gehe das Leben nicht weiter. „Stillstand ist der Tod“, hat schon Grönemeyer gesungen. „Unser Leben ist immer im Fluß“, erinnert er die Gemeinde. „Veränderungen gab es immer und wird es immer geben.“

Gemeinsam mit Pfarrer Christoph Biskupek zelebrierte er das Agape Mahl. „Das Agape Mahl ist kein strittiger Punkt, deshalb können wir es gemeinsam ökumenisch feiern. Als Zeichen der Einheit, die wir hier seit 50 Jahren leben“, erklärt Biskupek. Wie sehr auch ihn dieser Abschiedsgottesdienst berührt, ist seiner Stimme anzumerken. Aufgrund der großen Anzahl der Gottesdienstbesucher entsteht eine Pause während der Korb mit Rosinenbrötchen durch die Reihen gereicht wird. „Wie vorhin bei der Kollekte ist es bei den Brötchen. Wir sind so viele … Wenn es doch nur immer so wäre“, kommentiert Pfarrer Biskupek die Pause.

Die Entwidmung

Schließlich folgte das, was bei vielen Gemeindemitglieder Wehmut ausgelöst haben dürfte: Die Entwidmung des Gemeindehauses. Gemeinsam richteten Pfarrerin Laura Kadur und Pfarrer Gabriel Schäfer ihre Worte an die Gemeinde. „Wir haben gebetet. Wir haben geklagt. Wir haben Trost gefunden und Hoffnung geschöpft“, fassen zusammen, was die Gemeinde erlebt hat. Sie erinnern daran, dass das Gemeindehaus auf die Autokirche folgte. Der Glockenturm soll bleiben und für die katholische Kirche mitläuten, erfuhr die Gemeinde. Das Altarbild, das Annette Kapteina gemalt hat, wird mit ins Paul-Schneider-Haus ziehen.

Nach einem Gebet folgte die Entwidmung. Osterkerze, Taufbecken und Taufkanne, Bibel und Abendmalgeschirr wurden aus dem Raum getragen. „Das Fundament der Gemeinde reicht tiefer als die Grundmauern dieses Gemeindehauses. Unsere Gemeinde verliert ein Haus. Unser Fundament ist Jesus Christus. Wo auch immer wir uns in seinem Namen versammeln“, schließt Laura Kadur.

Nach den Fürbitten hatten die Kinder der Kita Sandheide, die im Gemeindehaus an Kindergottesdiensten teilnahmen, noch ein Geschenk für die Gemeinde. Sie hatten Steine bunt bemalt, die aus der Sandheide ins Paul-Schneider-Haus mitziehen sollen. Gemeinsam mit der Gemeinde sangen sie dann „Ins Wasser fällt ein Stein“. Bevor die Gemeinde dann noch einmal bei Suppe zusammensaß und Post its mit Abschiedsgrüßen hinterließ, gab es eine Fotopräsentation mit Erinnerungen an 50 Jahre Gemeindeleben im Gemeindehaus Sandheide.

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft zu leben.
(Hermann Hesse | Stufen)

Foto: LW


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