Kommunalpolitik und -verwaltung im Unterricht

von Lars Jakob

Bürgermeister Christoph Schultz zu Besuch in der Realschule Hochdahl. Foto: Lars Jakob

Am 1. Juni 2022 ist Bürgermeister Christoph Schultz an die Realschule Hochdahl gekommen, um dort die neunten Klassen zu besuchen. Für jede Klasse hat er sich eine halbe Stunde Zeit genommen.

Liebe Leserinnen, liebe Leser, Ich bin Schüler der Realschüler in Hochdahl und schreibe als Nachwuchs-Bürgerreporter ganz neu auch bei erkrath.jetzt über Themen meiner Generation. Im folgenden Text kann ich Ihnen nur meine persönlichen Eindrücke wiedergeben und nicht für alle Schüler*innen der Schule sprechen.

Nach einem kurzen Fotoshooting mit einigen Schülern auf dem Schulhof hat der Bürgermeister uns in den Klassenraum begleitet. Zuerst war es ihm wichtig zu betonen, dass ein Bürgermeister nicht der König der Stadt ist.

Kommunalwahlen

Alle fünf Jahre kann jeder, mindestens 16 Jährige, in Erkrath gemeldete Bürgerin mit einem europäischen Pass an den Kommunalwahlen teilnehmen. Dabei werden der Kreistag sowie der Stadtrat und der/die Bürgermeister*in gewählt. “Da jeder in der neunten Klasse zu den nächsten Kommunalwahlen wahlberechtigt sein wird”, sagte Christoph Schultz, dass es ihm wichtig sei, dass jeder Schülerin wüsste, welche Möglichkeiten sie haben sich politisch zu engagieren.

Um uns anschließend zu erklären wie schwierig sein Beruf ist, zeichnete er uns mehrere Tafelbilder. Schließlich bekäme er nicht nur Aufgaben von den Bürger*innen, sondern auch noch aus dem Stadtrat. Zudem würde der Landrat ihm auch noch ständig auf die Finger schauen und kontrollieren, dass Herr Schultz seinen rechtlichen Pflichten nachkomme. Als er uns auch noch vorgerechnet hat, dass Erkrath im Jahr 15 Millionen Euro Schulden macht, wird der gesamten Klasse klar: einen einfachen Job macht Christoph Schultz nicht. “Eins steht für mich jedoch fest, an guten Ideen mangelt es nicht, nur am Geld diese umzusetzen”, erklärt Schultz.

Ideen und Wünsche der Schülerinnen und Schüler

Daraufhin hin kam aus der Klasse der Vorschlag leerstehende Gewerbeflächen aufzukaufen und diese an Firmen zu vermieten. Die so entstehenden Mieteinnahmen könnten der Stadt kontinuierliche Einnahmen generieren. Für den Bürgermeister käme das nicht infrage. Verdienen würde daran vor allem der aktuelle Besitzer der Immobilie. Zudem würden durch die Renovierung oder den Abriss zusätzliche Kosten für die Stadt entstehen. Mieten wäre für die Firmen zudem unattraktiv. Die Stadt müsse schließlich wettbewerbsfähig bleiben, mit China, in Hochdahl.

Auf den Wunsch der Schüler*innen bezüglich Tablets für den Schulunterricht sah es ähnlich aus, nicht genug Geld. Die Mittel des DigitalpaktSchule seien für Erkrath ebenfalls aufgebraucht.

Als die Gesprächsrunde auf das Thema Stadtweiher stieß, schien der Bürgermeister ein wenig überfordert. Er wisse leider selber nicht, wie dort der Stand der Dinge sei, dafür müsse er auf das zweite Gutachten warten. Im ersten Gutachten habe man festgestellt, dass der Stadtweiher verkleinert werden müsse. Sollte auch beim zweiten Gutachten dieses Ergebnis heraus kommen, so könne er sich Urban Gardening für diese Flächen vorstellen. Er halte ein solches Projekt vor allem für wichtig, damit die Schüler*innen lernen, wo die Lebensmittel aus dem Supermarkt wirklich herkommen.

Neubau Feuer- und Rettungswache

Als letzter Punkt wurde der Neubau der Feuer- und Rettungswache an der Bergischen Allee angesprochen.
Unter anderem ging es hier um den Projektplaner Ulrich Werner. Erfolgreich hat er in Ratingen bereits den Neubau der dortigen Feuerwache betreut. Die Schülerschaft hatte die Frage gestellt, weshalb sich der Baubeginn des neuen städtischen Gebäudes von Mitte 2022 auf Anfang 2023 verschoben hat und ob dies mit der Entlassung von Ulrich Werner Anfang 2021 zu tun hätte. Dies verneinte Schultz. Man habe Werner nicht entlassen, seine Abordnung aus Ratingen wäre schlicht beendet.

Im April des letzten Jahres hieß es auf Anfrage durch erkrath.jetzt jedoch noch: „Die bisherige Struktur als Stabsstelle beim Technischen Beigeordneten hat sich als nicht optimal herausgestellt. Ursprünglich war ein gleitender Übergang geplant, dieser war vor dem Hintergrund von unterschiedlichen Arbeitsweisen nicht mehr darstellbar. Unter Anrechnung von Urlaub und Überstunden wurde Herr Werner von der Arbeitsleistung freigestellt.“

Der eigentliche Grund für die Verzögerung sei vielmehr der Wunsch der Klimaneuralität des Gebäudes. Daraufhin wurde die Möglichkeit der Nutzung einer Erdwärmepumpe für das Gelände getestet. Möglich sei dies jedoch nicht, stattdessen setzt man jetzt auf Solarenergie vom eigenen Dach.
Die Rückfrage weshalb man nicht schon 2017 an Klimaneuralität gedacht hatte, beantwortete der Bürgermeister mit der nun gestiegenen Effizienz der Systeme im Vergleich zu vor fünf Jahren. Außerdem wollte der Bürgermeister noch anhängen, dass auch Ulrich Werner damals nicht auf diese Idee gekommen sei.

Kommentar: Zum Fazit kann ich sagen, aus meiner Sicht wirkte der Besuch des Bürgermeisters eher wie eine Wahlkampfaktion für zukünftige Wählerinnen und Wähler, statt aufrichtigem Interesse an den Wünschen und Ideen der Schülerinnen und Schüler. Da man sich für alle drei Klassenbesuche  jeweils nur eine halbe Stunde Zeit genommen hatte, konnte ich aus den anderen Klassen erfahren, dass es dort nach dem immer gleichen Vortrag, welch einen schweren Job er denn habe, keine Zeit mehr für Fragen gewesen sei.
Manchmal muss ein Bürgermeister eben Prioritäten setzen. Aber auch in meiner Klasse konnte man schnell das Gefühl bekommen, dass der Bürgermeister an der Realschule Hochdahl nicht mit kritischen Fragen gerechnet hat. Letztendlich hörten wir immer nur dasselbe Argument: Kein Geld.
Da wundert es nicht, dass es mehrere Schüler*innen gab, die ihre zuvor vorbereiteten Fragen nicht mehr stellen wollten.

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