KI-Tool übersetzt Texte in einfache Sprache

von Ria Garcia

Foto: felix_w / Pixabay

Schluss mit Fachchinesisch und Amtsdeutsch

Wer kennt das nicht: Ein vier Seiten langes Schreiben einer Behörde, das man dreimal liest, um zu verstehen, was es konkret aussagt. Amtsdeutsch ist oft unverständlich, enthält viele Fachbegriffe, die der Allgemeinheit nicht geläufig sind und verwendet überlange Sätze, die nur schwer zu lesen sind.

Eine repräsentative Umfrage der Gesellschaft für deutsche Sprache, in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis selbständiger Kultur-Institute e.V. (AsKI) und dem Zentrum für Rechtslinguistik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, die vom Institut für Demoskopie Allensbach durchgeführt wurde, zeigte schon 2008, das auch Menschen mit höherer Bildung angeben Probleme beim Lesen solcher Texte zu haben. Die Umfrageergebnisse sind unter dem Titel „Wie denken die Deutschen über die Rechts- und Verwaltungssprache?“ online abrufbar. 86 Prozent aller Befragten gab zu Schwierigkeiten beim Lesen von Rechts- und Verwaltungssprache zu haben. Selbst unter den Befragten mit Abitur und/oder Studium gaben insgesamt 81 Prozent zu, Probleme dabei zu haben, 39 Prozent davon ‚ab und zu‘, 13 Prozent sogar ‚häufig‘.

Kostenloses KI-Tool übersetzt Texte in einfache Sprache

Plain heißt ein neuer kostenloser KI-Übersetzer von WORTLIGA, der online genutzt werden kann. Bei der Übersetzung richtet sich WORTLIGA nach eigenen Angaben nach den Empfehlungen für Einfache Sprache gemäß ISO 24495-1. Mit seinem KI-Werkzeug gehe es dem Team von WORTLIGA aber nicht um ‚Leichte Sprache‘, vielmehr wolle man die Verständlichkeit von Texten und damit mehr Tranzparenz für alle bieten. Die KI sorge dafür, dass bei der Übersetzung in einfache Sprache alle Fakten und Informationen eines Textes erhalten bleiben. Das sei wichtig, wenn es um rechtliche Texte oder politisches Geschehen geht. WORTLIGA berät unter anderem auch die Tagesschau zu ‚verständlichen Nachrichten‘. Helfen könne das KI-Tool auch beim Verstehen von Diagnosen, Behandlungsplänen und medizinischen Anweisungen und könne damit die Gesundheitskompetenz stärken. Darüber hinaus sei Plain (der KI-Übersetzer) einfacher zu bedienen, als ChatGPT oder andere KI-Tools.

Die Einschätzung unserer Redaktion

Wir haben uns Plain angeschaut. Aufgebaut ist es wie bereits bekannte Übersetzer für Sprachen. Links ein Feld für die Eingabe des Verwaltungs-, Rechts- oder Medizintext, rechts das Feld, in dem die Übersetzung erscheint. Übersichtlich und einfach wie von WORTLIGA beworben.

Und was kann das Tool? Wir mussten ein wenig suchen, um eine Textpassage zu finden, mit der wir eine Testübersetzung machen können. Ein alter Umsatzsteuerbescheid bot Absätze, die uns als geeignet erschienen.

Der Ursprungstext:

Die Festsetzung von Nachzahlungs- und Erstattungszinsen nach § 233a AO für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2019 ist gemäß Artikel 97 § 15 Absatz 16 EGAO in Verbindung mit § 165 Absatz 1 Satz 4 und Satz 2 Nummer 2 AO ausgesetzt.
Die Aussetzung der Zinsfestsetzung erfolgt, weil die technischen und organisatorischen Voraussetzungen für die Anwendung der vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 8. Juli 2021, 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17, BGBl. I S. 4303, geforderten Neuregelungen zur Vollverzinsung noch nicht vorliegen. Sobald diese Voraussetzungen vorliegen, wird die Festsetzung von Nachzahlungs- und Erstattungszinsen geprüft und gegebenenfalls nachgeholt.
Für Verzinsungszeiträume bis zum 31. Dezember 2018 ergeht die Festsetzung von Nachzahlungs- und Erstattungszinsen endgültig.
Soweit Zinsen wegen der Kleinbetragsgrenze (§239 Absatz 2 Satz 2 AO) nicht festgesetzt wurden, sind diese hiervon ausgenommen.

Das Übersetzungsergebnis:

Die Regeln für Zinsen bei Steuernachzahlungen und -erstattungen haben sich geändert. Seit dem 1. Januar 2019 sind die Zinsen vorläufig ausgesetzt. Diese Änderung basiert auf dem Artikel 97 § 15 Absatz 16 EGAO und § 165 Absatz 1 Satz 4 und Satz 2 Nummer 2 AO.

Der Grund für die Aussetzung ist, dass noch nicht alle technischen und organisatorischen Bedingungen erfüllt sind. Diese Bedingungen wurden nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Juli 2021 benötigt. Wenn die Bedingungen erfüllt sind, wird die Zinsberechnung für Nachzahlungen und Erstattungen geprüft und wenn nötig, nachberechnet.

Für Zeiträume bis zum 31. Dezember 2018 werden Zinsen jedoch endgültig festgesetzt. Wenn Zinsen aufgrund der Kleinbetragsgrenze nicht erhoben wurden, bleibt das auch so.

Das Ergebnis kann sich aus unserer Sicht sehen lassen. Allerdings ist die Übersetzung nur so einfach anzugehen, wenn der Text in kopierbarer elektronischer Form vorliegt. Für uns war das über einen Scan und professionelle Software, die in Text umwandelt, kein Problem. Der Normalbürger würde an dem Punkt, an dem er einen Bescheid in Papierform per Post erhalten hat, schon scheitern, denn wie lange würde es dauern das Behördendeutsch ins Eingabefeld zu tippen?

Eine mögliche Lösung wäre, wenn ein grundsätzliches Recht darauf bestünde, Bescheide zusätzlich auch als kopierbares PDF per Email zu erhalten. Eine noch bessere Lösung – aus unserer Sicht – wäre natürlich die, bei der der jeweilige Absender seine zu versendenden Texte vorab schon in einfach Sprache übersetzen lässt.

Das sagt WORTLIGA über sich selbst: WORTLIGA ist bekannt für sein kostenloses Online-Tool zur Textanalyse und KI-Software für verständliches Schreiben. Die Gesellschaft für deutsche Sprache e.V., angesiedelt im Deutschen Bundestag, empfiehlt das Textanalyse-Tool von WORTLIGA für bürgerfreundliche Texte und eine verständliche Verwaltungssprache. WORTLIGA bietet zudem Schulungen und Online-Kurse für verständliche Sprache in Behörden und Unternehmen an.

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