Integration hat viele Gesichter

Torsten Gumbrecht und Anna-Maria Weihrauch während des Filmprojekts in der Sandheide. Foto: Christos Iraklidis/Takigraphy

Seit 2015 gibt es in der Stadtverwaltung zwei Stellen, die der Integration gewidmet sind. Was macht die Tätigkeit der Integrationsbeauftragten, vormals Flüchtlingskoordinatoren, in der viel Herzblut und Leidenschaft der Mitarbeiter steckt, aus?

Anna-Maria Weihrauchs Zeit als Integrationsbeauftragte der Stadt Erkrath neigt sich dem Ende zu. Nicht etwa, weil die Aufgaben abgenommen haben oder gar uninteressant geworden sind. Im kommenden Jahr wird sie die Leitung des Kommunalen Integrationszentrums in der Landeshauptstadt Düsseldorf übernehmen. „Ich habe zwar damit gerechnet, dass ich in den kommenden Jahren den nächsten Schritt in meiner Karriere mache, aber dass es jetzt schon so weit ist, hat auch mich überrascht“, gesteht die 38-Jährige. Eigentlich hatte sie gar keine Wechselabsichten, als sie während einer Bahnfahrt die Ausschreibung der Führungsposition entdeckte. Sie bewarb sich ganz spontan, weil eine solche Führungsaufgabe für die Soziologin natürlich reizvoll erschien. Die Einladung zum Gespräch folgte genauso schnell, wie die anschließende Zusage.

Ich treffe Anna-Maria Weihrauch mit ihrem Kollegen Torsten Gumbrecht Anfang Dezember. „Wir haben in den kommenden zwei Wochen noch so unglaublich viel zu tun“, begrüßen mich die beiden, die sich trotzdem die Zeit genommen haben, mit mir über ihre Aufgaben zu sprechen. „Eigentlich war ich hier in Erkrath mit den anstehenden Aufgaben noch gar nicht fertig“, erklärt Weihrauch lachend. Man spürt auf Anhieb, dass hier die Chemie in der Zusammenarbeit stimmt. Sozialpädagoge Torsten Gumbrecht ist erst seit August 2019 dabei. Er folgte auf Max Guder, der 2015, gemeinsam mit Magdalene Haddasch die Aufgabe der Flüchtlingskoordination in Erkrath übernommen hatte.

Wie sah der Aufgabenbereich 2015 aus?

Die Aufgaben 2015 unterscheiden sich von den heutigen. Sie waren von intensiver Betreuung der Menschen, die in Erkrath neu ankamen, geprägt. Von der Aufnahme in der Stadt, der Frage der Unterbringung bis hin zur Begleitung bei Arztbesuchen, standen Magdalene Haddasch und Max Guder ständig in direkten Kontakt zu Flüchtlingen. Die Zeit war geprägt vom großen ehrenamtlichen Engagement vieler Erkrather und einer „Hands-on-Mentalität“ in der Verwaltung. Freiwillige Nachtschichten und kurze Wege innerhalb der Verwaltung prägten den Alltag. „Wir waren zwar damals noch nicht dabei, aber hier spürt man heute noch, dass diese Zeit auch hier in der Verwaltung das Team zusammengeschweißt hat“, erklärt Anna-Maria Weihrauch. Vor zwei Jahren wechselte Magdalene Haddasch verwaltungsintern in einen anderen Bereich und im Juni 2018 übernahm Weihrauch ihre Stelle. Längst hatten sich die Aufgaben verändert. Es ging nicht mehr darum schnell viele Neuankömmlinge unterzubringen, sondern darum, wie diese Menschen hier in Beruf und Gesellschaft ankommen und wie Integration sich als gesamtgesellschaftliches Thema entwickelt. Der persönliche Kontakt zu den zu uns geflohenen Menschen wurde weniger, dafür nehmen Netzwerkaufgaben mit den unterschiedlichen Organisationen und Vereinen oder auch der Wirtschaft in der Stadt zu.

Auf Anna-Maria Weihrauch wartete bei ihrem Arbeitsantritt hier in Erkrath eine spannende Aufgabe, denn in ihrer vorangegangenen Position war sie im IQ Netzwerk als Beraterin zur Anerkennung ausländischer Qualifikationen und damit direkt in der Arbeitsmarktintegration tätig. „Die Anerkennungsquoten waren hervorragend. Das macht natürlich in Bezug auf gelungene Integration optimistisch“, erinnert sich Weihrauch. Gemeinsam mit Max Guder vervollständigte sie das begonnene Integrationskonzept der Stadt Erkrath. Mit den sich veränderten Aufgaben hatte man die beiden Stellen inzwischen von Flüchtlingskoordinatoren zu Integrationsbeauftragten umgewidmet. Die Soziologin hat sich in Erkrath keinen Augenblick gelangweilt. Gerade erst hat sie mit Torsten Gumbrecht, der im August 2019 auf Max Guder folgte, Quartiersmanagerin Saskia Goebel und Julia Zinn ein Filmprojekt zur Demokratieförderung und gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit beendet. Julia Zinn ist Koordinatorin für den Bereich Jugend und Soziales im Programm Soziale Stadt Sandheide.

„Ich habe hier den Raum bekommen auch eigene Ideen umzusetzen“ lobt sie den Fachbereichsleiter Soziales Stefan Freiberg, dessen Türe für seine Mitarbeiter immer offen ist. „So konnte ich zum Beispiel den Projektantrag für einen Workshop gegen Vorurteile stellen“, ergänzt sie. Torsten Gumbrecht kann ihr da nur zustimmen. Nachdem Max Guder eine neue Aufgabe in seiner Heimatstadt Wuppertal übernommen hatte, konnte auch Gumbrecht als Nachfolger von Beginn an seine Ideen einbringen. Er möchte ein Monitoring einführen, um die Erfahrungen der Integrationsarbeit messbar zu machen.

Torsten Gumbrecht kommt aus der Jugendhilfe, hat vor seiner Tätigkeit in Erkrath Wohngruppen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge konzipiert und geleitet, war Vorstand im Bundesfachverband für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und freier Berater für Träger der Jugendhilfe. „Ich wollte einmal den Blick weg von der Jugendhilfe auf die gesamtstädtische Integration werfen, deshalb habe ich mich auf die Position hier in Erkrath beworben“, beschreibt er seine Motivation für die neue Tätigkeit.

Ein Blick in die Zukunft

Aufgaben rund um das Thema Integration wird es für Torsten Gumbrecht auch in Zukunft noch viele geben. Die werden sich, wie schon in den vergangenen vier Jahren, immer wieder ein wenig verändern. Themen wie leichte Sprache für alle städtischen Formulare und Webangebote helfen nicht nur Menschen aus anderen Herkunftsländern sich in die Gesellschaft integriert zu fühlen. Die interkulturelle Öffnung der Stadt, Diversität als Chance für die Zukunft zu vermitteln, die Themen Bildung und Wirtschaft mit in den Blick nehmen und darauf vorbereitet sein, dass viele Migranten auch ihren Lebensabend hier, in ihrer neuen Heimat, mit uns verbringen werden, sind einige Themen. „Ganz viele Öffnungsprozesse sind bereits auf gutem Weg. Mit dem Weggang von Anna-Maria Weihrauch verlieren wir natürlich eine hohe Fachlichkeit, aber ich bin optimistisch, dass es eine würdige Nachfolge geben wird“, sagt Torsten Gumbrecht mit einem Augenzwinkern zu Anna-Maria Weihrauch. Torsten Gumbrecht wird vorerst allein in das kommende Jahr starten. Die Jahresplanung steht. Unter anderem wird er in Zukunft auch das erstellte Integrationskonzept fortschreiben und neue Angebote entwickeln, während sich Anna-Maria Weihrauch darauf freut in Düsseldorf eine Führungsaufgabe zu übernehmen.

Wir von erkrath.jetzt wünschen Ihr auf diesem Weg noch einmal alles Gute und viel Freude und Erfolg in der neuen Tätigkeit.

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