Mit fünf Verwaltungsmitarbeitern und dem Bürgermeister war das Podium gut gefüllt, wie auch die Zuschauerplätze in der Stadthalle Erkrath mit rund 350 Zuhörenden.
Mit Jens Stachowitz führte ein eigens gebuchter freiberuflicher Moderator durch den Abend. Doch auch ausführliche Informationen und Zeit für den Meinungsaustausch führten nicht zu einer Annäherung der Positionen der Befürworter und Gegner des mehrheitlich vom Stadtrat beschlossenen Standorts für den Neubau des GymNeanders.
An 700 Haushalte waren Einladungen zu der Veranstaltung in der Stadthalle verschickt worden. Es waren um die 350 Personen erschienen, um von Bürgermeister und Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern Informationen zu erhalten und die Gelegenheit für Fragen und Anmerkungen wahrzunehmen.
Informationen zu den drei verschiedenen Baumaßnahmen
Nach der Begrüßung schickte Bürgermeister Christoph Schultz allgemeine Informationen voraus, wie die Anmerkung, dass es an diesem Abend ausschließlich um den Neubau des Gymnasiums mit Dreifachhalle gehe. Auch wenn für das gesamte Gebiet „Erkrath Nord“ seit 1972 ein Bebauungsplan vorliege, sei zurzeit kein Durchstoß durch die Friedrichstraße geplant, der als Zufahrt für ein neues Wohngebiet erforderlich wäre. „Zwar benötigen wir in Erkrath Wohnungsbau-Projekte, aber der Markt ist weitestgehend zum Erliegen gekommen, so dass im Moment frühere Überlegungen zurückgestellt sind“, so Schultz, bevor er die Gründe zusammenfasste, die Verwaltung und Rat mehrheitlich für den Neubau des GymNeanders und gegen die Sanierung des Bestandsgebäudes haben stimmen lassen: die marode Bausubstanz und der damit verbundene, enorme Sanierungsaufwand, die beschlossene Rückkehr von acht auf neun Jahre Gymnasialzeit sowie die benötigte Aufstockung von der Drei- auf die Vierzügigkeit der Klassen. Danach gab Schultz an sein Team ab, das er zu Beginn namentlich vorgestellt hatte.
Leider hakte die Technik immer wieder, die Datenleitung lief nicht stabil, so dass einige der Folien der vorbereiteten Präsentationen nicht zeitgleich mit den vorgetragenen Inhalten auf der Leinwand zu sehen waren. Abhilfe konnte zeitnah geschaffen werden, so dass die Zuhörer schließlich verfolgen konnten, was Barbara Nowakowski und Silvia Nickisch, die beiden Projektverantwortlichen vom Immobilienmanagement/Neubau, und Sven Wernke, Abteilungsleiter Straßen, vortrugen. Ergänzungen gab es immer wieder auch von Ralf Hezel, dem Fachbereichsleiter Tiefbau, Straße und Grün, sowie die Starkregen-Beauftragte Miriam Riese. Beide beantworteten mit den drei, direkt am Projekt Beteiligten auch die anschließenden Fragen aus dem Publikum. Beate Sommer, zuständig für das Beschwerde-Management, u.a. das Portal „tellme Mängel“, führte das Protokoll.
Dreifachsporthalle
Zunächst ging es um den ersten Abschnitt des Großprojekts, den Bau der Dreifachsporthalle. Diese wird mit einer Fläche von 2.500qm² in Mischbauweise, Holzbau mit Betonsockel, ausgeführt. Sie soll neben dem Schul- auch für den Vereinssport zur Verfügung stehen. Die Halle erhält ein Gründach mit einer Photovoltaikanlage (Leistung: 96 kW). Mit Hilfe von Geothermie und Wärmepumpe wird für Warmwasser und Heizung gesorgt. Sie erfüllen auch eine Kühlfunktion. Das Gebäude ist vollflächig belüftbar und für die Benutzung von Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung geeignet. Da der Bau nach dem BEG (Bundesförderung für effiziente Gebäude) ausgeführt wird und nur 20% der Primärenergie benötigt, die ein entsprechendes Referenzgebäude verbraucht, soll es, im Vortrag nicht weiter bezifferte Fördermittel geben. Die Ausführung entspreche der zweithöchsten Klassifizierung, nur ein Passivhaus übertreffe diesen Wert noch. Baubeginn ist im Frühjahr des nächsten Jahres, 2026 soll die Sporthalle fertiggestellt sein.
Neubau Gymnasium am Neandertal
Da der vierzügig ausgerichtete Neubau des GymNeander, wie die Sporthalle auch, in einem Überschwemmungsgebiet errichtet wird, wird es als Pfahlbau gegründet. Von den gesamt 13.800qm² entfallen 11.000qm² auf das Gebäude, der Rest auf die Zuwegung im Form einer Ringstraße mit Wendehammer und den Brücken-Neubau am Ende des Bachstraße. Der Gebäude besteht aus zwei Baukörpern, die im 90 Grad-Winkel zueinanderstehen. Es bietet Platz für um die 950 Schülerinnen und Schüler. Ausgebildet wird es, analog zur Dreifachsporthalle, in einer Mischbauweise: Holzkörper auf Betonsockel. Auch dieser Bau soll nach denselben Energiestandards errichtet werden wie die Sporthalle, siehe oben. Geothermie und eine Wärmepumpe sowie eine Photovoltaik-Anlage (100 kW) sowie eine CO²-gesteuerte Luftzufuhr sind auch hier Mittel der Wahl für Warmwasserbereitung, Heizung und Kühlung. Das Dach wird ebenfalls als Gründach ausgebildet. Da das Gymnasium nach dem 2016 eingeführten Dalton-Prinzip lehrt, ist der Raumbedarf größer als bei Gymnasien ohne diesen Lehransatz. Ein Innenarchitekt wurde mit der Ausstattung der Räume entsprechend des Dalton-Lehrprinzip beauftragt. Die Fertigstellung soll 2027 erfolgen.
Zufahrt und Brücke
Zum Neubau der Brücke, der Baustellen-Zufahrt sowie der entstehenden Verkehre ergriff Sven Wernke das Wort und erklärte: „Der Baustellenverkehr für die Erstellung des Gymnasiums wird über die Friedrichstraße und den Heiderweg erfolgen. Die Baustellen-Zufahrt für Sporthalle, Brückenneubau und die Zufahrt zum Gymnasium wird über die Bachstraße geführt.“ Das Gutachten des beauftragten Büros habe ergeben, dass die Baustellen-Verkehre, die zwischen sechs und 18h von Montag bis Freitag entstehen, dort aufgenommen werden können. Dafür werde die jetzt geltende rechts vor links-Regelung aufgehoben, einseitig ein temporäres absolutes Halteverbot eingerichtet und die Straßenbäume auf der Friedrichstraße gegen potenzielle Beschädigungen geschützt. Der Verkehr, der über die Bachstraße für die Andienung der Baustelleneinrichtung für die Dreifachsporthalle und den Brückenneubau führe, sei ein zeitlich begrenzter. „Bezüglich der auch aus der Bevölkerung heraus vorgeschlagenen, alternativen Zufahrt zum Baugebiet von Osten her, müssen wir mitteilen, dass diese nach Prüfung nicht in Frage kommt“, so Wernke. Eine Baustraße unter der Autobahnbrücke käme nach Rücksprache mit der zuständigen Bundesbehörde nur zwischen zwei bestimmten Pfeilern infrage. Darüber hinaus sei der Bau kostenintensiv, weil er aufgrund der Durchführung durch eine Überflutungsfläche mit einem Höhenausgleich, einer Aufkofferung, angelegt werden müsse. „Bei einer möglichen Beschädigung eines Brückenpfeilers der Autobahnbrücke kämen unabsehbare Risiken und Kosten auf die Stadt zu“, so der Fachbereichsleiter Straßen. Auch befinde sich der entsprechende Grund und Boden in Privatbesitz und müsse erst erworben werden. Dies würde zu weiteren Verzögerungen führen. Zusätzlich müssten aufwändig Gas- und Stromleitungen verlegt werden
Für die Hausbesitzer entlang der Friedrichstraße und des Heiderwegs hatte Wernke gute Nachrichten: „Es ist beschlossen worden, das Angebot des Beweissicherungsverfahren, das bereits für die Anlieger der Bachstraße zugesagt wurde, auch auf Ihre Straßen ausgeweitet wird.“ Sollten im Zuge der Baumaßnahmen Schäden an den Häusern entstehen, würde deren Behebung zulasten der Stadt Erkrath gehen.
Notwendige Erdbauarbeiten
Dann übernahmen die Kolleginnen des Immobilienmanagement und berichteten über die anfallenden Erdbauarbeiten. Aufgrund des Baugrunds sei eine Pfahlgründung für die beiden Gebäude und ein „umfangreiches Bodenmanagement“ notwendig. Denn wegen der vor Kurzem beschlossenen Änderung des Baurechts sei eine aufwändige Sanierung angezeigt, sollten sich im Boden so genannte PFAS-Schadstoffe finden (per- und polyfluorierte Chemikalien, die durch Abwasser in den Boden gelangen). Diese seien in zahlreichen Produkten enthalten, u. a. auch in Düngungsmitteln, was noch bis zum 1.1.2015 erlaubt gewesen sei. Im Oberboden seien sie bereits in einer unbedenklichen Konzentration nachwiesen, wie belastetet untere Bodenschichten seien, werde sich erst im Verlauf der Baumaßnahmen zeigen. „Wir wollen die Menge der abzutragenden Erde so gering wie möglich halten und versuchen, so viel wie möglich vor Ort zu verbauen“, so das Versprechen. Auch wies Nickisch darauf hin, dass auf der Bachstraße für den Brückenneubau einige Bäume gefällt werden müssten. Für diese würden an anderer Stelle im Stadtgebiet Ausgleichspflanzungen vorgenommen.
Diese Punkte interessierten die Erkrather Bürgerschaft
Hatte die anwesende Bürgerschaft verhältnismäßig wenige Fragen oder auch Anmerkungen zur Dreifachsporthalle und dem Schulbau an sich, außer zum genannten Energie-Effizienz-Standard 20, der den meisten unbekannt war, kamen zum Thema Hochwasserschutz, Standort der Baumaßnahme sowie der Einrichtung der Baustraße und den zu erwartendem Baustellen-Verkehr dann doch zahlreiche Wortmeldungen. Moderator Jens Stachowski übernahm es, dass auch alle an die Reihe kamen, die Fragen und Anmerkungen hatten, und diese dann entsprechend durch die Fachleute beantwortet wurden.
Petra Weiser, Anwohnerin der Friedrichstraße (seit 40 Jahren, wie sie berichtete), treibe um, „dass schon jetzt dort Tempo 30 nicht eingehalten wird.“ Wenn dann einseitig ein absolutes Halteverbot gelte, „erwarte ich nicht, dass sich das auf die Einhaltung der Geschwindigkeit positiv auswirkt“. Ihr antwortete Ralf Hezel, dass auf der Friedrichstraße kein erhöhtes Verkehrsaufkommen als auf „vergleichbaren Wohnsammelstraßen im Stadtgebiet“ herrsche. Er wolle nicht widersprechen, dass es einzelne Raser gebe, aber die Stadt selbst dürfe keine Geschwindigkeitsmessungen durchführen. Man werde aber die Polizei und die Kreisbehörden darum bitten, diese durchzuführen. „Der Baustellen-Verkehr wird meiner Meinung nach zu einer Entschleunigung des Verkehrs führen“, so Hezels Einschätzung.
Yvonne Müller-Wiegand, Anwohnerin der Bachstraße, stellte die Frage, warum die Stadt sich nicht an ihre eigene, im Stadtentwicklungskonzept getroffene Feststellung halte, dass „Erkrath Nord“ nicht für eine Bebauung geeignet sei. Ihr antwortete Bürgermeister Schutz zwar nicht in der Sache, sondern: „Wir bauen hier nicht zum Selbstzweck, es ist immer eine Abwägung. (…) Wir versuchen die Natur in den Griff zu bekommen, die Ideallösung muss sich mit der Wirklichkeit messen lassen.“
Gisela Burchert wollte wissen, um wie viel Erdaushub es sich handelt, der abtransportiert werden muss und in welche Richtung. „Im Gutachten wird beim worst case-Szenario von 40.000 Tonnen Erdaushub ausgegangen, der auf die Deponie abtransportiert werden muss“, so ihre Aussage, die nach einigem Hin und Her bestätigt wurde. „Der kontaminierte Abraum wird dann nach Hubbelrath auf die Deponie gebracht“, so Ralf Hezel und bestätigte Burcherts Mutmaßung, dass der gesamte Verkehr dann über die Neanderstraße ginge. Auch eine weitere Nachfrage dazu, um wie viel abzufahrende Erde, die durch neue ersetzt werden müsse, wurde schließlich mit dem Hinweis, dass verbindliche Aussagen erst zum Ende des Jahres getroffen werden können, beantwortet bevor das Thema beendet wurde.
Thomas Scheurer, Anwohner der Heinrichstraße, widersprach in seinem Wortbeitrag, dass es bei einem Gymnasium weniger Bring- und Holverkehr gebe als bei Grundschulen. Dabei bezog er sich auf eine Aussage des Bürgermeisters in Zusammenhang mit dem erwarteten Verkehrsaufkommen in der Bachstraße, die mit über die neue Brücke als Zuwegung zum Neubau genutzt werden solle. „Sie sollten jetzt mal die Verkehre morgens um 8h vor dem Gymnasium sehen.“ Dann mahnte er noch die „allgemeine Daseinsvorsorge“ der Verwaltung an, die auch für den Hochwasserschutz gelte, den er durch den Bau und die damit einhergehende Versieglung verschlechtert sehe. Ihm wurde versichert, man werde die Flächenversiegelung so gering wie möglich halten. Das geplante Retentionsbecken bewirke, dass Wasser nicht wie bisher ungedrosselt in die Düssel fließe und für Überschwemmungen sorge. Im Übrigen sei die Annahme falsch, dass nur Wasser von versiegelten Flächen 1:1 in die Kanäle fließe. „Dies geschieht auch, wie beim Hochwasser vor zwei Jahren, wenn unversiegelte Böden übersättigt sind und keinen Niederschlag mehr aufnehmen können“, wie Bürgermeister Schultz noch nachschob. Starkregen-Managerin Miriam Riese wies noch einmal auf das Gutachten hin, das geplante Retentionsflächen an der Morper Allee und im Frauenhofer Steinbruch ausweise. Auf den Hinweis, dass diese, wenn überhaupt, erst gebaut werden müssten und nicht fertig seien, wenn Sporthalle und Gymnasium bereits stünden, gab es nur ein „das ist wohl so“ von Barbara Nowakowski.
Für die weitgehende Unvereinbarkeit der Auffassungen von Befürwortern und Gegnern des Bauprojekts, bzw. konkreter des ausgewählten Baugrunds, denn gegen die Notwendigkeit eines Neubaus des unzureichenden Bestandgebäudes gab es weitgehend keine Einwände, können diese beiden Äußerungen stehen:
„Ich habe das Gefühl, Sie (der Angesprochene war der Bürgermeister, Anm. der Redaktion) verkaufen uns hier den Neubau des Gymnasiums als Hochwasserschutzmaßnahme“, so die Einlassung eines Bürgers, die symbolisch dafürstehen mag, was die Gegner der Bebauung des im Bebauungsplan von 1972 ausgewiesenen Gebiets zwischen Autobahn, Bahnhof Erkrath-Nord sowie Bachstraße und Haus Brück, befürchten: die Verringerung des Hochwasserschutz durch die Versieglung der bisherigen Ackerfläche. Auf der anderen Seite ließ sich Bürgermeister Schultz zu dieser Bemerkung hinreißen: „Sie ziehen den Naturschutz dem Schutz von Menschen vor.“ Hier ging es um die geäußerten Bedenken einer Zuhörerin, den so genannten „Frauenhofer Steinbruch“ im Neandertal gemeinsam mit der an der Morper Allee geplanten Fläche als zusätzliche Retentionsfläche auszuweisen, um zusammen mit dem neu anzulegenden Retentionsbecken auf dem Gebiet von Erkrath Nord den Hochwasserschutz zu verbessern. Der „Frauenhofer Steinbruch“, der sich im Besitz des gleichnamigen Instituts befindet, genießt als FFH (Fauna-Flora-Habitat)-Gebiet den höchsten Schutzstatus. Dieser müsste per Gerichtsbeschluss von der EU aufgehoben werden, bevor Hochwasserschutzmaßnahmen dort durchgeführt werden könnten.
Mit dem Hinweis, dass die gehaltene Präsentation auf der städtischen Website zu finden sei, ging man nach rund zweieinhalb Stunden auseinander. Redebedarf bestand aber wohl immer noch. Viele Besucher der Veranstaltung standen noch in Gruppen zusammen und debattierten über das Gehörte.
Fakten rund um den Neubau der Dreifachsporthalle und des GymNeanders
Auf der Website der Stadt Erkrath finden sich die Informationen zum Neubau des Gymnasiums am Neandertal (GymNeander) hier: https://www.erkrath.de/Wirtschaft-Bauen/Bauen-Planen/Stadtentwicklung/Neubauprojekte/Neubauten-Schule/
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