In der Welt der Musterbücher

von Ria Garcia

Karl-Heinz Kieckers konnte beim letzten Stammtisch des BGV Erkrath einige Anekdoten über Musterbücher erzählen. Foto: Ria Garcia

Beim letzten Stammtisch des Bergischen Geschichtsvereins Erkrath ‚entführte‘ Karl-Heinz Kieckers die Teilnehmer in die Zeit, in der Musterbücher entstanden, um erste Serienproduktionen in den Handel zu bringen.

Musterbücher, so wusste Karl-Heinz Kieckers zu berichten, gab es schon Mitte des 18. Jahrhunderts. Damals begann sich neben Hinterhofbetrieben und Heimarbeitern langsam die standardisierte Produktion zu entwickeln. Die erste industrielle Fertigung hielt Einzug in die Produktion. „Ein Hindernis im Warenhandel waren damals die Grenzen zwischen den einzelnen Landesherren und die erhobenen Zölle“, so Kieckers. Die damaligen Handelsvertreter reisten mit Musterbüchern, um die Waren bekannt zu machen. Die waren nie für Endkunden, sondern für die unterschiedlichen Händler, die die Waren verkaufen sollten. „Die Landesherren hatten damals Einfluss darauf, welche Waren in ihr Land eingeführt werden durften“, berichtet Kieckers. Die Musterbücher, auch Bestellbücher genannt, wurden also auch den jeweiligen Landesherren präsentiert.

Das älteste Musterbuch aus unserer Region stammt aus dem Jahr 1763, weiß Kieckers zu erzählen. Im Klingenmuseum in Solingen ist ein Musterbuch der Fa. Schimmelbusch aus dem Jahr 1789 zu finden. Ein weiteres Musterbuch, von der Firma Joseph Feist, aus Solingen stammt von 1860.

Die Bergische Leistungsschau 1811

Nachdem 1801 die Besetzung von Düsseldorf durch französische Truppen endete, begann schrittweise die Erweiterung der Stadt. Weil der Landesherr so wenig Interesse an den wirtschaftlichen Interessen des Bergischen Landes zeigte, bestanden die bergischen Fabrikanten anlässlich eines Besuchs Napoleons 1811 auf eine Leistungsschau. Der Kaiser zeigte sich zwar beeindruckt, die von den Fabrikanten erhoffte Unterstützung blieb jedoch aus. „Napoleon hat die Musterbücher mit nach Paris genommen und sicher sind bergische Produkte dort kopiert worden“, mutmaßt Kieckers.

Die Musterbücher aus der Leistungsschau seien zum größten Teil noch erhalten und im Besitz den BGV Gesamtvereins. Mit bei den der Leistungsschau waren auch Velberter Erzeugnisse. „Im Schlüsselblatt sind die Initialen von Napoleon und seiner Frau Luise zu sehen. Damit wollten die Fabrikanten Napoleon gut stimmten“, so Kieckers. Genutzt habe es nichts. Auch aus dem ‚Kanton Iserlohn‘ waren Produkte dabei und Solingen war mit Besteck und einer raffinierten Etagere vertreten. „Die Düsseldorfer präsentierten Punsch und Senf“, amüsierte Kieckers die Stammtischteilnehmer. Interessiert habe Napoleon sich bei der Leistungsschau vor allem für Stoffe, ließ er wissen. Die auf der Bergischen Leistungsschau präsentierten Musterbücher waren eher in Leder gefasste Schatullen, die Produktmuster enthielten.

Musterbücher von 1911 bis heute

Die Abbildung eines Musterbuchs der Erkrather Fa. Carl Pack von 1911 mit Bügeleisen, hatte er auch aufgetrieben. „Schließlich wandelten sich die Musterbücher in farbige Kataloge, wie man an den Abbildungen des Katalogs der Fa. Hauser (Spielwaren) von 1972 sehen kann. Diese Musterkataloge waren immer noch dem Handel vorbehalten und nicht für den Endkunden gedacht“, erklärt Kieckers. Ab den 70er Jahren wären dann die Fachmessen anstelle der Kataloge getreten, bei denen die Händler die Produkte direkt in Augenschein nehmen konnten.

„Musterbücher gibt es aber auch heute noch. Weiß jemand von Ihnen wo?“, fragt Kieckers die Teilnehmer, die relativ schnell darauf kamen. Heute findet man sie vor allem in Baumärkten sowie in Teppich- und Tapetengeschäften. In ihnen können sie Kunden Muster von Teppichböden, Tapeten oder auch Farbmuster zum Streichen von Wänden ansehen.

Wie bei jedem Stammtisch des BGV Erkrath folgten auf den kurzweiligen Vortrag angeregte Gespräche und geselliges Beisammensein.

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