Impf-Ansturm auf Erkrather Hausarzt-Praxen

Symbolbild: DoroT Schenk / Pixabay

Rasant steigende Infektionszahlen, Booster-Empfehlung für alle, verschärfte Zugangsregeln für kulturelle und sportliche Veranstaltungen sowie für den ÖPNV und eine generelle Testpflicht für Arbeitnehmer bescheren Hausarzt-Praxen einen gigantischen Ansturm.

Mit drei Ärztinnen aus drei verschiedenen Hausarzt-Praxen haben wir von erkrath.jetzt telefoniert und gefragt, wie sie die letzten Wochen empfunden haben, die von Booster-Impfungen und galoppierenden Infektionszahlen bestimmt wurden. Alle drei haben um Wahrung der Anonymität gebeten, die wir gern gewähren, um die Belastung in ihren Praxen nicht noch weiter zu erhöhen, wenn sie namentlich als Praxen genannt werden, die Impfungen vornehmen. Dies bieten lange nicht alle in Erkrath niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte eigenen und fremden Patientinnen und Patienten an. Unser

Eindruck nach den Telefonaten: Drei hoch motivierte und engagierte Medizinerinnen sind nicht nur am Limit und mit ihnen ihre Praxis-Mitarbeiter. Sie sind auch enttäuscht von der fehlenden Unterstützung durch die Politik. Und: Sie sind wirklich sauer auf Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: „Jetzt begrenzt der tolle Herr Spahn uns auch noch die BioNTech-Dosen! Wir haben schon bis in den Januar hinein Termine vergeben. Wenn wir nur noch 10 bis maximal 25 Dosen pro Tag zugeteilt bekommen, dann ist der Ärger vorprogrammiert, weil wir dann Termine absagen müssen“, so der Kommentar einer der drei Befragten. Eine Kollegin aus einem anderen Ortsteil pflichtet ihr bei: „Wir werden um die 20 Prozent der bereits vereinbarten Termine stornieren müssen, wenn das Ministerium die Begrenzung tatsächlich so durchzieht.“ Beide fragen sich bei allen Entscheidungen, die im Gesundheitsministerium getroffen wurden und werden, warum im Vorfeld nicht Hausarztpraxen einbezogen würden. Denn diese könnten schließlich beurteilen, ob in der Praxis funktioniere, was am grünen Tisch entschieden würde.

Arbeitsbelastung bringt Praxis-Teams an ihr Limit

 „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten seit Monaten Unfassbares. Wir hatten im Sommer so gehofft, dass wir nur noch Anfragen für die Grippe-Schutz-Impfung haben werden. Impfungen und Testungen kommen nun noch dazu. Wir sind alle am oder eigentlich schon über unser Limit hinaus.“ Eine der Praxen schaltete vor Kurzem ein Portal auf ihrer Website frei, auf der Termine für Corona-Impfungen selbst gebucht werden können: In den ersten 48 Stunden seien mehr als 1.500 Anfragen registriert worden.

Der Ansturm auf die Booster Impfung ist gigantisch

Eine weitere Aussage, die alle drei Ärztinnen ohne Abstriche unterschreiben: “Zu 90 bis 95 Prozent sind es Nachfragen zur Auffrischungsimpfung, die uns in der Praxis erreichen. Gelegentlich ‚verirrt‘ sich einmal jemand, der noch eine Zweit- oder gar Erstimpfung haben möchte“, so die Antwort auf die Frage, welche Impfungen die Großzahl der Anfragen ausmacht. „Noch etwas, was wir Spahn zu verdanken haben. Wäre man wie bei der Erstimpfung Anfang des Jahres konsequent nach Priorisierung vorgegangen. Doch Spahn hat lapidar verlauten lassen, alle doppelt Geimpften haben nach sechs Monaten einen Anspruch auf eine Boosterimpfung.“ Das sei zwar im Kern dieselbe Aussage, führe nun jedoch dazu, dass Viele, die noch gar nicht an der Reihe seien, versuchten, eine Auffrischung schon nach vier Monaten oder noch früher zu erhalten. Und Einige zeigten sich dann uneinsichtig, diskutierten mit den Mitarbeitern und blockierten damit die Telefonleitungen oder verlängerten die Warteschlangen am Tresen. Zum Glück sei dies aber eine Minderheit, die damit aber der Mehrheit schade. „Wir bekommen aber auch viele nette Wort und Dankbarkeit von denen, die ihre Booster-Impfung bekommen. Das gleicht den uneinsichtigen Ärger aus“, bringt es eine der Befragten auf den Punkt.

Nicht alle Hausärzte in Erkrath machen ein Impfangebot  

Bedauerlich finden es die drei befragten Medizinerinnen, dass nicht alle Kolleginnen und Kollegen allen eigenen und fremden Patienten ein Impfangebot machen. „Ich finde das nicht nur schade, sondern auch unsolidarisch“, geht eine der drei Frauen sogar weiter. Auch gebe es unter den Kollegen ausgewiesene Impfgegner, einer von ihnen übernähme dann aber dankenswerterweise Akutpatienten, wenn in der betroffenen Praxis ‘Impf-Sprechstunde’ ist. Eine Entlastung, wie die betreffende Ärztin zugutehält. Denn, auch darin herrscht Übereinstimmung: „Unabhängig vom Impfen haben wir ja auch die Patientinnen und Patienten, die wegen chronischer oder akuter Erkrankungen zu uns kommen. “Eine Patientin oder einen Patienten, der wegen der Krebsnachsorge zu mir kommt, den ‚fertige‘ ich sicher nicht in drei Minuten ab.  Da nehme ich mir die Zeit, die der- oder diejenige braucht.“ Zwei der drei befragten Praxen werden bis Weihnachten zusätzlich auch samstags impfen, um der gigantischen Nachfrage nachkommen zu können. Eine der Medizinerinnen bietet die Samstagssprechstunde nur an bestimmten Samstagen an. „Im Moment beschäftigt uns Corona sieben Tage die Woche“, so eine der Ärztinnen. Sie sei schon einige Sonntage in der Praxis gewesen, um dort Material in den Schränken neu zu sortieren, Bestellungen zu machen und auch schon mal Impfungen aufzuziehen, um diese notwendigen Arbeiten nicht auch noch in den Öffnungszeiten erledigen zu müssen.

Bloß kein Corona-Fall im eigenen Team

Die Angst, dass sie selbst oder jemand aus ihrem Praxisteam infiziert werden könnte, begleitet alle Drei jeden Tag. „Das wäre eine Katastrophe, denn das hieße Praxis-Schließung und wir könnten wochenlang nicht für unsere Patienten da sein.“ Darum halten sowohl die Ärztinnen wie auch ihre Teams sich 100 Prozent an das, was sie auch allen ihren Patientinnen und Patienten raten: “Der beste Schutz ist, sich vollständig impfen zu lassen und das durchgängige einen medizinischen Mund- und Naseschutz zu tragen, wenn man mit anderen außerhalb der eigenen vier Wände zusammen trifft. Wenn das alle Menschen, auch die kleine Menge der Impfverweigerer endlich konsequent berücksichtigen würde, dann bräuchten wir jetzt nicht die ständigen Testungen, die uns zum einen in falscher Sicherheit wiegen, wenn man sie nicht täglich vornimmt, und zum anderen für unser Gesundheitswesen gigantische Kosten verursachen“, fasst eine der drei Medizinerinnen für alle drei die Erfahrung der vergangenen mehr als 18 Monate mit dem Sars 2-Cov-Virus zusammen.

HINWEIS: Die Interviews wurden in der Woche vom 22. bis 26. November 2021 geführt und entsprechen in den getätigten Aussagen den Ankündigungen von Politikern in der 46. und 47. Kalenderwoche.

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