Fernwärme: Die Zukunft wird erneuerbar

Archivfoto: LW

Seit dem 1. Januar 2022 ist das Fernwärmenetz teil der Stadtwerke Erkrath. Noch ist das Netz aber an EON verpachtet.

Ab Januar 2023 werden die Stadtwerke alleiniger Ansprechpartner für die Fernwärmekunden in Hochdahl sein. Dann wird das Kundencenter am Hochdahler Markt erste Anlaufstelle zu allen Fragen in Bezug auf Fernwärme sein. Für die Stadtwerke ist das ein großes Projekt. “Das ist ein sehr, sehr großes Projekt, das wir da jetzt angehen”, beschreibt Stadtwerke Geschäftsführer Gregor Jeken, was auf die Stadtwerke zukommen. Technik, Vertrieb und auch der kaufmännischen Abläufe müssen integriert werden. Dazu müssen auch die vielen Kundendaten erst migriert werden. 8.500 Lieferstellen für Fernwärme gibt es in Erkrath derzeit, verdeutlicht Jeken die Dimension.

Die Integration läuft in enger Abstimmung mit EON. Das Personal am Standort Erkrath wollen die Stadtwerke übernehmen. “Diese Mitarbeiter haben Erfahrung mit der Erzeugung, Betrieb und der Technik”, erklärt Jeken. Acht Mitarbeiter sind es. Neben dem Leiter am Standort sind sie für Netzbetrieb und Erzeugung zuständig.

Die Zukunft der Fernwärme

Ein großes Ziel für die Zukunft ist die Dekarbonisierung der Fernwärme. Ursprünglich mit Erdöl betrieben wurde das Netz 1985 auf Erdgas umgestellt. 2000 kam die Kraftwärmekopplung der Stadtwerke hinzu die schon einen ersten Beitrag zur CO2-Einsparung lieferte. 2013 kam das Bio-Methan-Blockheizkraftwerk hinzu. (Mehr über das Fernwärmenetz in Hochdahl in unserem Artikel aus 2018.) Während die Bundesregierung bis 2045 die Klimaneutralität erreichen will, wollen Stadt und Stadtwerke das deutlich früher schaffen. Dazu wurde ein kommunales Strategieteam aufgebaut. Nach dem Glasfaserausbau wird die Modernisierung die nächste große Herausforderung für die Stadtwerke werden. “Das sitzen Vertreter aller Fraktionen mit am Tisch”, berichtet Gregor Jeken über das Strategieteam. In den Fraktionen herrsche Einigkeit darüber, dass die Fernwärme klimaneutral werden soll. Experten der Uni Düsseldorf und des Frauenhofer Instituts unterstützen in Veranstaltungen mit ihrer Fachexpertise. Zwei Workshops haben bereits stattgefunden. Nach einem Zeitraum für das Erreichen der Klimaneutralität gefragt, nennt Jeken vorsichtig 5 bis 10 Jahre. “Ich bin jetzt 58 Jahre alt und auch meine Zeit ist begrenzt”, verrät er, dass er das Ziel gerne vor dem Eintritt ins Rentenalter erreichen würde. “Das hab ich mir noch auf die Fahne geschrieben. Ich hab hier ein tolles Team und das ist eine große Chance. So etwas hat man nur einmal im Leben”, schwärmt er von dem, was vor ihm und seinem Team liegt. Ob das im gewünschten Zeitfenster gelingt, wird die Zukunft zeigen.

Aktuell stehen alle Möglichkeiten das Fernwärmenetz auf regenerative Energien umzustellen auf dem Prüfstand. Neben Windkraft, Photovoltaik, Wärmepumpen, Power-to-Heat, Abwärme, Solarthermie, KWK-Anlagen mit Biogas und Biomasseverwertung oder Geothermie müsse man sich auch Wärmespeicher anschauen, um erzeugte Wärme zwischenspeichern zu können. Für das Strategieteam gilt es die in Erkrath umsetzbaren Möglichen herauszufiltern. 477 Photovoltaikanlagen auf Dächern gibt es aktuell in Erkrath. “Wir müssen uns auch anschauen, ob man den Photovoltaikausbau mit Installationen auf Freiflächen vorantreiben kann”, merkt Jeken an. Der Ausbau von Windkraft scheitere in unserer Region an den Abstandsregeln. Dennoch haben die Stadtwerke über Beteiligungen an Trianel auch Windkraft im Portfolio. Bei der Verwertung von Biomasse sieht Jeken eine Chance im nachwachsenden Rohstoff ‘Begleitgrün’. Aktuell würde das an den Straßenrändern gehäckselt vor Ort auf der Erde belassen und erzeuge dort Methan. Künftig könne man das gehäckselte Begleitgrün eventuell in Biomassekraftwerken verwerten.

Auch der Aufbau des derzeitigen Netzes, dass aus dem Erzeugerstandort und den verschiedenen Verteilernetzen besteht, wird dabei geprüft. Einen großen Vorteil sieht Jeken bei den Modernisierungsmaßnahmen: “Wir müssen nicht 8000 Heizungen umstellen. Bei der Fernwärme legen wir den Schalter an einer Stelle um.” Die Übernahme des Fernwärmenetzes sieht Jeken auch als Standortsicherung für Erkrath. “Wir überlassen das Geschäft nicht den großen Konzernen. Hier sind wir am Drücker und können selbst gestalten.”

Sanierungsmaßnahmen

Als die Übernahme bekannt wurde, gab es Kritik, dass die Stadtwerke ein veraltetes Rohrleitungsnetz übernommen hätten und die eins zu eins Erneuerung teuer werden würde. “Das Netz ist in einem sehr gepflegten Zustand”, beruhigt Jeken. Für die Übertragung wurde entsalztes Wasser eingesetzt. Da kein Sauerstoff enthalten sei, würde auch kein Rost entstehen. Nach 50 Jahren sei sicher auch eine Teilsanierung nötig, die man angehe. Aber natürlich seien nicht alle Leitungen so alt. “Wir erneuern in nächster Zeit immer nur soviel, wie wir mit dem Netz auch erwirtschaften”, erklärt er, dass die Stadtwerke hier nicht in Vorleistung gehen müssen. Nach aktuellem Stand sollen jährlich ein bis eineinhalb Millionen Euro in die Erneuerung investiert werden. Die Baumaßnahmen erfolgen weitestgehend im Sommer. Geprüft werde in diesem Zuge aber auch, ob Rohrleitungen eins zu eins ausgetauscht werden oder ob im Zuge der Modernisierung der Gesamtanlage auch eine Dezentralisierung erfolgt. “Wir wollen eine intelligente Erneuerung und möglicher Weise ist die Wärmeproduktion am Standort sinnvoller, als lange Transporte.”

Was über kurz oder lang auch erneuert werden muss, ist das Blockheizkraftwerk, dass inzwischen rund 112.000 Betriebsstunden geleistet hat. “Wir fahren es im Moment im Schonbetrieb auf 75 Prozent der möglichen Leistung”, erklärt Jeken. Mitte des Jahres soll die Erneuerung in die Planung gehen. Die Notwendigen Investitionen gehen noch einmal ‘on top’ zu den Investitionen ins Rohrleitungsnetz.

Zugute kommen den Stadtwerken bei den Modernisierungsmaßnahmen und dem Ziel Klimaneutralität zu erreichen, gerade verschiedene Förderprogramme, die für die Energiewende aufgelegt wurden. “Davon wollen auch wir beim Erreichen der Klimaneutralität profitieren”, erklärt Gregor Jeken. Für erste Förderungen will man sich schon im Frühjahr bewerben.

2 Kommentare

  1. Die vom Geschäftsführer angekündigte Erneuerung des gasbetriebenen Blockheizkraftwerkes steht im Widerspruch zu dem Ziel, die Fernwärme innerhalb von 5 bis 10 Jahren klimaneutral, also CO-2 frei zu machen. Statt für ein neues Gaskraftwerk viele Millionen Euro auszugeben, muss vielmehr direkt auf regenerative Energien gesetzt werden. Das ist nicht nur notwendig für unser Klima, sondern auch wirtschaftlich vernünftig!

  2. Dem Kommentar von Peter Knitsch kann ich nur zustimmen. Gerade jetzt vor dem Hintergrund der Gaspreisexplosion ist ein sehr zeitnaher Umstieg auf regenerative Energien mehr als angezeigt. Als einer der wenigen Eigentümer einer Photovoltaikanlage in Erkrath kann ich dies nur empfehlen. Regelmäßig produzieren wir mehr als doppelt so viel kw/h wie wir verbrauchen und da stellt sich mir die Frage warum dies nicht weiter gefördert und vor allem vom Hausbesitzer angenommen wird. Über diesen Weg könnte sicher sehr viel Geld, dass heute für Gas ausgegeben werden muss, eingespart werden.

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