Erkrather Radiotag im QQTec Hilden

von Wolfgang Scheurer

Gastgeber Dr. Helmut Stein (QQTec) und Jan Sundermann bei der Begrüßung zum Radiotag 2023. Foto: Martin van der Ven

Auch in diesem Jahr fand der Erkrather Radiotag wieder in den Räumen von QQTec Hilden statt.

Pünktlich um 13 Uhr am 9. September 2023 begrüßte Jan Sundermann alle angereisten ‚Offshore Radio Fans‘ und bedankte sich beim Hausherrn des QQTec Museums Hilden, Dr. Helmut Stein, für die in diesem Jahr wieder gewährte Gastfreundschaft. Schon am Tage zuvor holten Chet Reuter und Jan Sundermann Gäste am Flughafen in Düsseldorf ab und machten mit ihnen einen Bummel durch Düsseldorf. Bevor am Samstagmittag der Radiotag startete.

Die USCGC Courier

Pünktlich um 13:30 Uhr startete der erste Referent seinen Vortrag. Martin van der Ven referierte über „The Voice of America – offshore vor Rhodos“ es ging um die USCGC Courier WAGR-410 die am 15. Februar 1952 in Hoboken, New Jersy, in Dienst gestellt wurde und dann zwölf Jahre lang als eine Sendestation der Voice of Americe dem Auslandssender der USA (vergleichbar mit der Deutschen Welle) während des Kalten Krieges diente.

Um sich vorzustellen, was das für ein Schiff war, hier ein paar Daten:

  • Verdrängung. 5.740 t | Länge: 103,25 m | Breite: 15,34 m | Tiefgang: 5,26 m
  • Antrieb: 1 x 1.700 SHP Zweitakt-6-Zylinder-Norberg-Diesel Einzelschraube
  • Geschwindigkeit: 19,6 km/h maximal | Reichweite: 24,273 Meilen
  • Besatzung im Jahre 1952: 10 Offiziere, 80 Matrosen, 3 Funktechniker, 1 Programmkoordinator

Die USCGC Courier enthielt den leistungsstärksten Kommunikationsfunksender, der jemals an Bord eines Schiffes installiert wurde. (150-Killowatt-Mittelwellensender sowie zwei 207-Killowatt-Kurzwellensender „zweimal 35 kW) vom Typ Collins 1B35. Das Schiff hielt auch den Rekord für den längsten Einsatz in Übersee – vom 17. Juli 1952 bis zum 13. August 1964 verbrachte sie keine Zeit in den Hoheitsgewässern der Vereinigten Staaten, sondern war während dieser Zeit vor der Griechischen Insel Rhodos stationiert. Die USCGC Courier wurde sogar vom Amerikanischen Präsidenten Harry S. Truman besucht. Es wurde behauptet das die Offshore-Sendungen von diesem Schiff die Piratensender wie Radio Mercur oder Radio Caroline inspiriert haben.

Martin van der Ven. Foto: The Offshore Radio Archive

Von Agenten und Überläufern

Spannend wurde es dann mit Richard H. Cummings Beitrag zum Radiotag mit dem Thema „More stories around radio Free Europe and radio Liberty“. Er berichtete von Agenten und Überläufern die bei RFE in Dienst genommen wurde. Er präsentierte spannende Geschichten über Agenten, die auf einmal verschwunden und nach Jahren unter anderem Namen wieder aufgetaucht sind. Kaum zu glauben, aber Cummings hat das sehr akribisch recherchiert und mit Bilder von Ausweisen, original Fotos vom CIA Fälschungen von Identitäten nachgewiesen. In seinem Buch „Cold war Frequencies CIA“ R. Cummings berichtet er viel über solche Agententätigkeiten.

Radio in den Niederlanden

Der Niederländer Herbert Visser ist Geschäftsführer des Radiosenders „100%NL“ und wurde durch Helmut Slawik interviewt. Zunächst ging es um den in den Niederlanden registrierten Sender Radio Nashalenta
(www.nashalenta.com). Dieser Sender steht in Litauen und sendet seit einem Jahr abends auf der Mittelwelle 1557 kHz ein russischsprachiges Programm. Dieses wird sowohl in Kiew und in Wien produziert. Das Ziel ist es die Bevölkerung in Russland über den Krieg in der Ukraine zu informieren aus der Sicht des Westens und aus der Sicht nicht-staatlicher Medien und Journalisten aus der Ukraine. Das Empfangsgebiet umfasst auch Moskau.

In den Niederlanden gibt es neben dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der NOS, auch private Radiostationen. In Deutschland werden die Frequenzen für Privatrundfunk von den Landesmedienbehörden ausgeschrieben. In den Niederlanden werden die Frequenzen auf UKW versteigert, ähnlich wie in Deutschland die Mobilfunkfrequenzen. Die aktuelle UKW – Frequenzversteigerung in den Niederlanden war im Frühsommer diesen Jahres und brachte dem Staat 153 Mio Euro Erlös. Die so vergebenen Lizenzen haben eine Laufzeit von 12 Jahren. Jedes Rundfunkunternehmen muss also scharf kalkulieren zwischen der Summe, die man bietet, den
eigenen Betriebskosten für 12 Jahre und den möglichen Werbeeinnahmen. Daneben gab es eine Neuregelung, die vorgibt, dass jedes Medienunternehmen nur drei Sender bzw Programme betreiben darf. Wobei jedes Programm dann über mehrere UKW Frequenzen im ganzen Land ausgestrahlt wird. Dieses Verfahren brachte eine dramatische Änderung in der ganzen niederländischen Radiolandschaft. Der Sender 100%NL von Herbert Visser war voraussichtlich zu klein um gegen Unternehmen wie SKY dort mitzubieten. Deshalb wurde 100%NL vor der Meldung zur Auktion vom belgischen Unternehmen „Mediahuis“ gekauft. Die Belgier kauften ebenso Radio Veronica und waren insgesamt am Ende der Auktion erfolgreich.

Herbert Visser (l.) und Helmut Slawik. Foto: Martin van der Ven

Radio Veronica hat ja eine lange Geschichte die als Seesender auf einem Schiff begonnen hatte. Zuletzt gehörte Veronica zum Unternehmen TALPA. Dort besaß man mehr als drei Sender und hatte sich deshalb nun von Veronica getrennt. TALPA gehört übrigens John de Mol. In Deutschland ist dieser Name durch Produktionen für das Fernsehen bekannt. Natürlich sind bei der Versteigerung am Ende auch Stationen wie z.B. KINK ohne UKW Frequenz geblieben. Diese sind dann nur noch als Stream und über Digitalradio DAB+ zu empfangen.

‚Sehr spezielle Gäste‘

Die Letzten „Very Special Guests waren Mandy Marton (DJ „Radio Seagull“) und Alan Beech (Sendetechniker „Radio Caroline“). Alan zeigte an Hand von vielen Bildern die Sendeanlagen von Radio Caroline und die Technik von gestern, heute und morgen. Mandy erzählte aus der Sicht des „Moderators“ bzw. des DJs, wie es in England und den Niederlanden heißt. Mandy ist zu hören jeden Freitag von 8 – 12 Uhr. „Mandy verbrachte ihre prägenden Teenagerjahre damit, Londons legendären Piraten der 1970er und 80er Jahre zuzuhören, und nachdem sie einmal vom Virus gebissen worden war, half sie bald bei verschiedenen Stationen aus. Es dauerte nicht lange, bis sie Sendungen unter verschiedenen On-Air Pseudonymen moderierte, und von diesen bescheidenen Anfängen aus kam sie dazu, die Jungs herumzukommandieren und ihren eigenen Sender zu leiten, sowie einige sehr kurze Arbeiten für das BBC-Lokalradio und das berühmte United Biscuits Network (UBN).

V.l.: Alan Beech, Mandy Marton, Helmut Slawik. Foto: Martin van der Ven
V.l.: Chet Reuther, Mandy Marton, Gunnar Leonhard, Lion Keezer, Christian Bergmann. Foto: Martin van der Ven

Von ihren Anfängen beim Radio bis hin zur Londoner Underground-Punk-Bewegung der frühen 80er Jahre tanzte und sang sie auf der Bühne mit mehreren Bands wie UK Subs und The Addicts. Eine Zeit lang war sie Frontfrau ihrer eigenen Band – ein Blondie-Look und -Sound gleichermaßen. Auf ihrem Weg arbeitete sie eng mit Leuten wie Max Splodge von Splodgenessabounds und Chris Difford und Glen Tilbrook von Squeeze zusammen.“ (aus ihrer Biographie) Eine sehr nette Moderatorin oder wie es in Radiokreisen heißt – toller Dj – tolle Stimme – tolle Kollegin.

Der Radiotag 2024 wird sehr spannend werden und ist schon in Planung denn – nach dem Radiotag ist vor dem Radiotag – 60 Jahre Radio Caroline – 50 Jahre Antipiratengesetz in den Niederlanden mit dem Sendeschluß von NRI, Radio Veronica und Radio Atlantis.

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