Erbbaurecht Neanderhöhe: Bürger sollen über das ‚Tafelsilber‘ der Stadt entscheiden

von Ria Garcia

Ein großes Schild wirbt auf der Neanderhöhe für die Gewerbeflächen. Jetzt sollen Bürger entscheiden, ob diese künftig ausschließlich in Erbbaurecht vergeben werden. Foto: Ria Garcia

Am vergangenen Mittwoch informierte die Initiative Erbbaurecht Neanderhöhe zum möglichen Ratsbürgerentscheid und das Erbbaurecht. Morgen wird, nach der Gerichtsentscheidung, im Stadtrat abgestimmt und die Initiave Erbaurecht Neanderhöhe hofft auf viele Besucher.

Nachdem das Oberverwaltungsgericht die von der Stadt eingelegte Berufung in Bezug auf den Bürgerentscheid Erbbaurecht Neanderhöhe abgelehnt hat, steht das Thema Ratsbürgerentscheid morgen als Top 7 auf der Tagesordnung des Rats. Entscheidet sich der Rat gegen den Ratsbürgerentscheid, müsste die Initiave erneut Unterschriften sammeln, um den Bürgerentscheid zum Erbbaurecht Neanderhöhe auf den Weg zu bringen. „Wir wollen erreichen, dass die Neanderhöhe kein zweites Unterfeldhaus wird“, sagt Philipp Kloevekorn. Beim Erbbaurecht bleibe die Stadt Eigentümer der Flächen und könne so verhindern, dass in ein paar Jahrzehnten vielleicht wieder Gewerbeimmobilien ungenutzt leerstehen.

Sollte der Beschluss morgen gefasst werden, steht als Termin für den Ratsbürgerentscheid der 30. Juni 2024 fest, ohne dass die Initiative erneut Unterschriften sammeln muss. Allerdings verbleibt dann auch nur kurze Zeit, um alle Bürger, die sich an der Abstimmung beteiligen können, zu informieren, was das Erbbaurecht für die Neanderhöhe bedeutet.

Am letzten Mittwoch hat die Initiative deshalb in einer ersten Veranstaltung informiert. Am Tag vor Christi Himmelfahrt und damit für viele vor einem verlängerten Wochenende und zudem zeitgleich mit einer Parallelveranstaltung mit Ministerin Josefine Paul hatten dennoch 15 Interessierte den Weg ins Forum Sandheide gefunden.

V.l.n.r.: Philipp Kloevekorn, Elmar Stertenbrink und Sabine Börner
informierten zur Erbpacht. Foto: RG

Sabine Börner übernahm den Rückblick. Setzte die Initiative sich 2018 noch dafür ein, die Bebauung der Neanderhöhe komplett zu verhindern und scheiterte im ersten Anlauf mit der Zulässigkeit eines entsprechenden Bürgerentscheids, stellte sie Ende 2019 einen Bürgerantrag zum Erbaurecht, damit die Flächen zumindest im Eigentum der Stadt bleiben. Dieser wurde schließlich abgelehnt, woraufhin erneut Unterschriften für einen Bürgerentscheid gesammelt wurden. Dieses Mal zum Erbbaurecht. Im Frühjahr 2020 folgte dann die Entscheidung im Rat zur Zulässigkeit des Bürgerentscheids, die erst mit Mehrheit dafür entschied, aber einen Tag später vom Bürgermeister reklamiert wurde (wir berichteten). Darauf erfolgte die Klage der Initiative, die nun in letzter Instanz beim Oberverwaltungsgericht Erfolg hatte. Auf der Homepage der NSG Neanderhöhe lässt sich der Ablauf unter den verlinkten Presseartikeln nachvollziehen.

Erbbaurecht für die Neanderhöhe

Philipp Kloevekorn informierte anschließend über das Erbbaurecht und dessen Vorteile für die Stadt. München, so berichtete er, vergebe Gewerbegrundstücke nur noch in Erbpacht. Wo Gewerbeflächen knapp werden, sei die Erbpacht ein probates Mittel für Städte langfristig Einfluss auf die Gestaltung zu behalten und damit nachhaltig zu handeln. Auch über Erbpacht in anderen Ländern, wie in den Niederlanden berichtete er. In einem einseitigen Flyer hat die Iniative die Informationen zum Erbbaurecht zusammengefasst. Elmar Stertenbrink lenkte schließlich noch einmal den Blick auf den Flächenverbrauch in der Stadt. Wenn die statt nicht mehr steuern könne, weil ihr Flächen nicht mehr gehören, sei das ein Risiko. „Wir haben es ja schon nicht mehr geglaubt“, fasst er die Wartezeit bis zum gerichtlichen Entscheid zusammen. „Wir begrüßen es, dass der Bürgermeister damals gesagt hat, dass bis zum endgültigen Entscheid nichts gemacht wird und bisher auf der Neanderhöhe nichts geschehen ist und auch, dass der Ratsbürgerentscheid im Stadtrat beschlossen werden soll und wir keine Unterschriften mehr sammeln müssen.“ Wichtig sei aus seiner Sicht, dass morgen viele Bürger die Ratssitzung besuchen, damit die Kommunalpolitiker sehen, dass das Thema die Menschen interessiert.

Ratssitzung am 14. Mai 2024 um 17 Uhr in der Stadthalle Erkrath.

Das künftige Gewerbegebiet Neanderhöhe. Im Hintergrund sind die Baumwipfel des Neandertals zu sehen. Foto: LW
Seitlicher Blick auf die Gewerbefläche Richtung Hochdahler Straße. Foto: LW
Blick auf die Hochdahler Straße und auf Timocom auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Foto: LW
Etwa am Ende der Wegespur links beginnt die verbleibende Ackerfläche. Foto: LW
Hinter den Gewerbeflächen müssen auch künftig kleinere Ackerflächen bearbeitet werden. Foto: LW
Blick auf die Ausläufer des Neandertals. Foto: LW

Erbbaurecht national und international

Wir haben im Nachgang zur Veranstaltung recherchiert und sind auf einen Artikel im IHK Magazin München gestoßen, dem auch zu entnehmen war, dass Frankfurt am Main schon seit den 1960er-/1970er-Jahren Erbaurecht auf Gewerbeflächen anwendet. München bietet in einem PDF ausführlichere Informationen zur Erbpacht. Es gibt auch Beispiele ganz in unserer Nähe, wie etwa Dormagen.

Auf der Homepage der Immobilienberatung Jones Lang LaSalle findet sich eine Analyse aus 2019 zum Erbaurecht in deutschen Metropolen, die auf Seite 5 auch einen Ländervergleich bietet.

Es gibt noch viel zu tun

Unabhängig davon, ob morgen der Ratsbürgerentscheid beschlossen wird oder ob die Initiative erneut Unterschriften für einen Bürgerentscheid sammeln muss: Die Initiatoren machten am vergangenen Mittwoch deutlich, dass es bis zum Entscheid noch viel zu tun gibt, um die Bürger gut zu informieren. Dafür werden dringend noch weitere Mitstreiter gesucht. Hilfe wird beim Plakatieren, beim Flyer verteilen oder an Infoständen gebraucht. Auch auf Sponsoren für den Druck von Plakaten und Flyern hofft die Initiave.

Wer helfen möchte, kann sich per Email melden: erbbaurecht@nsgneandertal.de

Erste Ideen zu eingängigen Plakatslogans und QR-Code zu Infos hatte die Initiative am letzten Mittwoch schon einmal als Inspiration im Besprechungsraum ausgehängt:

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