Ein Leben fürs Automobil

von Ria Garcia

Alfons Kunz lässt den Autodienst an der Kirchstraße mit einem lachenden und einem weinenden Auge hinter sich. Foto: Ria Garcia

Nach fast 43 Jahren verabschiedet sich Alfons Kunz in den Ruhestand. Die lange Suche nach einem Nachfolger könnte nun doch noch erfolgreich enden.

Autofahrer in Alt-Erkrath kommen an einem Namen nicht vorbei: Alfons Kunz. Er betreibt neben dem Autohandel, der Werkstatt und Waschanlage, die inzwischen einzige Tankstelle in Alt-Erkrath. Aber damit sollte Ende Juni eigentlich Schluss sein, denn Alfons Kunz will in den wohlverdienten Ruhestand gehen. Mit inzwischen 71 Jahren ein bisschen später als geplant, denn bereits vor drei Jahren hatte er diesen Schritt anvisiert. „Da hab ich schon meine Mitgliedschaft im Handwerkerkreis beendet“, blickt er zurück. Aber die Suche nach einem Nachfolger gestaltete sich schwierig und die Pandemie erschwerte diese sicher zusätzlich. In diesem Jahr stand dann aber fest, dass er – mit oder ohne Nachfolger – aufhört. „Der Gesundheit und meiner Frau zuliebe, die das alles die ganzen Jahre mitgetragen hat“, erklärt er.

Seine Frau ist bereits seit vier Jahren im Ruhestand. Seit rund 20 Jahren haben die beiden keinen richtigen Urlaub mehr gemacht. Ein bisschen kürzer tritt Alfons Kunz schon jetzt. Er macht längere Pausen, die er für ein ausgedehntes spätes Frühstück oder ein gemeinsames Mittagessen mit seiner Frau nutzt. Ein bisschen mehr Zeit zu zweit. Oder besser gesagt: zu viert, denn zu den beiden gehören auch die beiden Schäferhunde, von denen einer vor der Bürotür oder im Büro von Alfons Kunz geduldig wartet, bis es wieder Zeit ist, nach Hause zu gehen. Wenn Alfons Kunz zum letzten Mal die Bürotüre hinter sich schließt, möchte er erst einmal ein wenig Ruhe genießen, bevor es dann auch mal wieder in gemeinsame Urlaube geht. „Dann wollen wir öfter einmal Richtung Eifel fahren und mit den Hunden Wanderungen unternehmen“, verrät er erste Pläne. Wer jetzt denkt, dass Kunz sich ganz vom Leben rund ums Auto verabschiedet: Falsch gedacht. Aber dazu später.

Aus Ende Juni wird nun Ende August. „Es gibt einen Interessenten für die Betriebsübernahme“, verrät Alfons Kunz. Da aber noch einiges zu prüfen ist und die Zeit bis Ende Juni dazu nicht gereicht hätte, hat er sich entschlossen noch zwei Monate länger zu bleiben.

Alfons Kunz und das Automobil

Die erste Berührung zu Autos hatte Alfons Kunz bereits in der Schule. Als Schülerlotse schob er Dienst, damit jüngere Mitschülerinnen und Mitschüler sicher über die Straße zur Schule gelangten. ‚Rumgeschraubt‘ hat er schon früh. Zuerst am Fahrrad, dann in einem Praktikum am Auto, auf das dann seine Ausbildung zum KFZ-Mechaniker bei einer Niederlassung der Adam Opel AG in Düsseldorf folgte. Dort war er später zeitweise sogar Betriebsratsvorsitzender, bevor es dann in die Selbstständigkeit ging.

Die Geschichte an der Kirchstraße 23 begann 1980. Alfons Kunz entschloss sich mit einem Kompagnon die damalige Fina Tankstelle zu pachten. Der Pachtvertrag lief bis 1991. Mit dem Ende des Pachtvertrags stieg sein Kompagnon aus und Alfons Kunz entschloss sich allein am Standort weiterzumachen. Ende 1991 hat seine Frau das Objekt erworben. 1996 und 1997 folgten der Neu- und Umbau, bei dem Waschanlage, Büro und Werkstatt hinzukamen. Damals kam auch der Verkauf von Autos hinzu. Zeitweise wuchs die Belegschaft von AD Kunz auf 12 Mitarbeiter. „Der Neu- und Umbau erfolgte im laufenden Betrieb. Werkstatt und Tankstelle standen gerade einmal einen halben Tag still“, ist er heute noch ein wenig stolz auf die damalige Leistung.

Gute und schlechte Zeiten

Die Automobilindustrie boomte. Der Tagesspiegel titelte im Januar 1998 „Autoindustrie gibt auch 1998 Vollgas“. Nachdem schon 1997 ein gutes Autojahr gewesen sei, rechne man 1998 mit einem Rekordjahr. Der Weltmarktanteil lag bei 15 Prozent. 25 Tsd. neuen Arbeitsplätze waren entstanden. Der Boom setze sich 1999 fort. 2000 und 2001 flachte der Absatz dann deutlich ab und in den Folgejahren bewegte sich die deutsche Automobilbranche zwischen Korruptionsaffären, Abgasskandal und verpassten Chancen bei der Entwicklung neuer Technologien.

All diese Aufs und Abs hat Alfons Kunz miterlebt, ist nie stehen geblieben, hat den Betrieb durch schlechte Zeiten geführt und sich immer rechtzeitig auf neue Technologien eingestellt. Früh erkannte er das Potential von Frauen im Handwerk und sorgte für Sozialräume für weibliche Mitarbeiter. Nach einem weiteren Umbau in 2017/2018 musste er größere Umsatzeinbußen hinnehmen, als aufgrund von Kanalbauarbeiten die Tankstelle nur unzureichend angefahren werden konnte. „Einige Mitarbeiter mussten gehen. Geschultes Personal habe ich über diese Zeit gehalten“, erinnert er sich zurück. Aber auch diese Zeit hat sein Betrieb überstanden und schon lange ist die einzige Tankstelle in Alt-Erkrath wieder gut anzufahren.

Bis zum Bekanntwerden seines Rückzugs hatte Autodienst Kunz zehn angestellte Mitarbeiter und zwei Aushilfen. Da eine Nachfolge ungewiss war, haben sich einige Mitarbeiter inzwischen neu orientiert. Aktuell beschäftigt er noch fünf Ganztagskräfte, eine Halbtagskraft und zwei Aushilfen.

Ein Herz für die Jugend und fürs Ehrenamt

40 Jahre lang war der ‚Ur-Erkrather‘ Alfred Kunz ehrenamtlich im DRK Ortsverein aktiv, zeitweise auch im Vorstand. 21 Jahre lang war er Mitglied im Handwerkerkreis Erkrath. Er ist Mitglied im Wirtschaftskreis, seit 2005 Obermeister der KFZ-Innung im Kreis Mettmann, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Ausbildung in der Innung, ist im Vorstand der Kreishandwerkerschaft, Vorstand des Fördervereins Ausbildung und engagiert sich im KFZ Landesverband als Kassenprüfer.

Selbst kinderlos, hat Kunz immer ein Faible für die Jugend gehabt. Er hat Betriebspraktika ermöglicht, junge Menschen im Betrieb gefördert und hätte sich noch eine viel engere Zusammenarbeit mit Schulen vorstellen können, um frühzeitig zu vermitteln, dass Handwerk so viel mehr Chancen bietet, als es sich viele vorstellen können. Etwa das Triale Studium, das in nur fünf Jahren eine abgeschlossene Ausbildung, Meisterbrief und Bachelor-Abschluss bietet. Und wie man am Beispiel Autodienst Kunz sieht: Der Weg in die Selbständigkeit ist früh möglich.

Viele Betriebe haben keinen Nachfolger, nicht nur im KFZ-Handwerk. Und während ChatGPT mit künstlicher Intelligenz (KI) künftig einige Berufe, vor allem in der Verarbeitung von Informationen ‚bedroht‘, kann KI handwerkliches Geschick nicht ersetzen. In der Horizont ist etwa in einem Artikel über zwei Studien zu den Auswirkungen von ChatGPT auf Berufe zu lesen: „Es gibt aber auch Berufe, in den die KI nur eine untergeordnete Rolle spielen wird: Dazu gehören Köche, Kfz-Mechaniker und Jobs in der Öl- und Gasförderung aber auch in der Forst- und Landwirtschaft.“ Und so stimmt der Satz, den man über das Handwerk häufig liest, auch heute noch: „Das Handwerk hat eine goldene Zukunft.“

Entschuldige, das ist mein erster Ruhestand. Ich übe noch. (Loriot)

So ganz wird Alfons Kunz dem Automobil außerhalb von Urlaub- oder Einkaufsfahrten dann natürlich doch nicht untreu. Obermeister der Innung wird er erst einmal noch bleiben und wie man ihn so kennt, wird er sich auch noch weiter für die Jugend im Handwerk stark machen.

Wie es mit der Werkstatt und Tankstelle von Alfons Kunz möglicher Weise weitergeht, darüber werden wir in Kürze berichten.

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