Ehrenamtlerin mit Herz im Kinder- und Jugendhospiz-Dienst

von Susann Krüll

Susanne Liell mit ihren beiden Hunden. Foto: Susann Krüll

Susanne Liell engagiert sich als ehrenamtliche Familienbegleiterin beim Ambulanten Kinder- und Jugendhospiz-Dienst in Mettmann. Seit über einem halben Jahr ist sie „mit Herzblut“ an einem Nachmittag in der Woche und zusätzlich einmal am Monat am Wochenende bei „ihrer Familie“.

Die promovierte Lateinlehrerin schenkt Familien mit einem Kind oder Jugendlichen mit lebensverkürzender Erkrankung ein ganz wichtiges Gut: ihre Zeit.

Die Idee des „Zeit-Schenkens“

Als wir uns mit Susanne Liell in ihrem Zuhause in Wülfrath zum Gespräch darüber treffen, warum sie sich für dieses besondere Ehrenamt entschieden hat, treffen wir eine engagierte Frau, die, wie sie sagt „eigentlich mein ganzes Leben lang schon ehrenamtlich tätig war“. Bevor sie mit ihrem Mann und den drei, inzwischen erwachsenen, Töchtern vor über 20 Jahren aus Hamm hierherzog, hat sie sich in der Evangelischen Kirchengemeinde engagiert. In Wülfrath war sie in der Schulpflegschaft und in verschiedenen Ämtern bei der örtlichen Caritas tätig. Gemeinsam mit ihrem Mann ist sie Mitglied im Lions Club. Mit ihren eigenen Worten ausgedrückt lautet ihr Beweggrund, sich für andere einzusetzen, so: „Meine Motivation: In jedem Leben gibt es Höhen und Tiefen. Ich selbst hatte das große Glück, dass immer, wenn‘s eng wurde, die richtigen Menschen zur richtigen Zeit am richtigen Ort für mich da waren. Dankbar für diese Erfahrung wollte ich etwas zurückgeben und für andere bestenfalls auch der richtige Mensch zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein.“

Es hat sofort gematcht zwischen Susanne Liell und „ihrer“ Familie

Noch immer begeistert zeigt sich die 57-Jährige vom Einfühlungsvermögen der beiden Koordinatorinnen des Kinder- und Jugendhospizdienstes. Kornelia Smailes und Anke Kaufmann, die den zum Franziskus Hospiz im Hochdahl gehörigen Dienst leiten, hätten gleichermaßen für die Bedürfnisse der Familien als auch für die Ehrenamtlichen, die nach dem Durchlaufen des Befähigungskurses (siehe Info-Kasten) ihre Familien begleiten, ein ausgeprägtes Gespür, wer zu wem passt. „Ich bin zum Kennenlerntreffen zu der Familie gefahren und nach dem Termin wusste ich: Das ist ein Volltreffer.“

Dass es auch von Seiten der Familie auf Anhieb mit „ihrer“ Ehrenamtlerin gepasst hat, erzählt die promovierte Lateinlehrerin uns, noch immer sichtlich berührt: „Beim ersten Kennenlern-Gespräch, das ich mit den Eltern im Garten geführt habe, stand der Vater plötzlich auf und kam mit einer Rose zurück. Er überreichte sie mir, ohne etwas zu sagen.“ Eine berührende Geste dafür, was auch sie gefühlt habe: „Das passt zwischen uns.“

Ein Zeit-Geschenk für die ganze Familie

„Als Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler sind wir in erster Linie für das Kind oder den Jugendlichen mit der lebensverkürzenden Erkrankung da. Wir kümmern uns um ihn oder sie in der Zeit, in der wir stundenweise bei der Familie oder Alleinerziehenden sind, je nach den Bedürfnissen und Fähigkeiten unserer Schützlinge“, macht Susanne Liell deutlich, wo der Schwerpunkt ihres ehrenamtlichen Engagements liegt. „In der Zeit haben die Eltern meines Schützlings, in dem Fall zumeist seine Mutter, denn der Vater arbeitet lange, Zeit sich um eigene Angelegenheiten zu kümmern. Außerdem hat es sich ergeben, dass ich mit der jüngeren Schwester, die in diesem Schuljahr Latein in der Schule als neues Fach dazubekommen hat, lerne. Das ist einfach etwas, das perfekt gepasst hat durch meine Ausbildung.“

Zuhören statt Ratschläge erteilen

Auch Gespräche unter Müttern, schließlich ist Susanne Liell dreifache Töchter-Mutter einige Erfahrung im Umgang auch mit Pubertierenden, gibt es immer mal wieder zwischen den beiden Frauen. „Wichtig ist, einfach zuzuhören und nicht von sich aus Ratschläge zu erteilen. Diese brauchen Menschen, die sich durch die Kräfte-zehrende Situation, die sich zwangsläufig durch die Rund-um-die-Uhr-Betreuung eines schwerbehinderten Kindes ergibt, wirklich nicht. Aber die Bereitschaft, zuzuhören, wenn sich ein Familienmitglied einmal etwas von der Seele reden möchte, sollte man, wenn man sich für dieses Ehrenamt entscheidet, auf jeden Fall mitbringen.“ So hat sich im Laufe der Monate, in denen sie bei „ihrer Familie“ ist, auch ein vertrauensvolles Verhältnis zu der Schwester ihres Schützlings entwickelt. „Das geht ab und zu über das gemeinsame Latein-Lernen und was sonst noch in der Schule ansteht, hinaus. Bisweilen hat die jüngere Schwester meines Schützlings auch Redebedarf zu anderen Themen. Dann höre ich ihr zu und gebe ihr eine entsprechende Rückmeldung, wenn sie das möchte.“ Einmal habe die Jugendliche einen Besuch bei ihr zuhause gemacht, denn sie wollte die beiden Hunde der Familie Liell so gern kennenlernen. „Aber man lässt seine privaten Angelegenheiten draußen, wenn man über die Schwelle des Zuhauses seiner Familie tritt“, gibt Susanne Liell einen weiteren Ratschlag weiter, den sie während ihrer Ausbildung im Befähigungskurs verinnerlicht hat.

Eigenfürsorge ist angesagt

„Genauso wichtig ist es, dass man Eigenfürsorge betreibt und Belastendes nicht mit zu sich nach Hause nimmt. Mitgefühl ist selbstverständlich, aber Abgrenzung auch“, so Susanne Liell weiter. Daher werden regelmäßige Treffen mit den anderen für den Ambulanten Kinder- und Jugendhospiz-Dienst tätigen Ehrenamtlern anberaumt. Dort kann man sich austauschen und Probleme ansprechen, die sich ergeben haben. Auch eine regelmäßige Supervision durch Fachleute findet immer wieder statt. Außerdem stehen auch die beiden Koordinatorinnen jederzeit für Einzelgespräche zur Verfügung.

Darüber hinaus ist es Susanne Liell wichtig zu sagen, dass sich potenzielle Interessenten für das Ehrenamt als Familienhelfer beim „Ambulanten Kinder- und Jugendhospiz Dienst“ gewiss sein könne, dass auf ihre persönlichen Lebensumstände Rücksicht genommen wird. „Da mein Mann seit längerem unter der Woche in Hamburg arbeitet und am Wochenende nach Hause pendelt, haben wir einen Kompromiss bezüglich meines Wochenend-Einsatzes gefunden. Ich habe zugesagt, ein Wochenende im Monat zur Verfügung zu stehen, die anderen gehören ganz meinem Mann und mir“, macht sie deutlich, dass auf die Wünsche und Bedürfnisse der Ehrenamtlichen genauso geschaut wird, wie auf die der Familien, bei denen sie als Familienhelfer eingesetzt werden.

„Wenn die Eltern meines Schützlings dann nach einer gemeinsamen Unternehmung zurückkommen und beide mir – oft unabhängig voneinander – erzählen, wie schön diese Zeit miteinander war, bestätigt mich das immer darin, wie sinnvoll mein Ehrenamt ist: Die Eltern haben gemeinsam Zeit für sich als Ehepaar. Sie können mit der Gewissheit, dass ich mich um gut um ihr besonderes Kind kümmere, Kraft tanken für die Herausforderungen, die ihr Alltag an sie stellt. Und ich genieße derweilen die gemeinsame Zeit mit meinem Schützling, den ich sehr ins Herz geschlossen habe.“

Start des nächsten „Qualifizierten Befähigungskurs“

Der nächste Kurs beginnt am 19. Februar 2024 und dauert rund fünf Monate. In verschiedenen Theorie- und auch praktischen Einheiten werden Ehrenamtler auf die Aufgabe, Familien mit „Besonderen Kindern“ zu unterstützen, umfassend vorbereitet.

Ansprechpartnerinnen und Koordinatorinnen:

  • Kornelia Smailes (Kinderkrankenschwester, Familien-Trauerbegleiterin, Pädiatrische Palliative Care), Telefon: 02104 9372-57, E-Mail: kornelia.smailes@marienhaus.de
  • Anke Kaufmann (Medizinische Fachangestellte, Trauerbegleiterin, Pädiatrische Palliative Care), Telefon: 02104 372-57, E-Mail: anke.kaufmann@marienhaus.de

Anschrift des Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst: Mühlenstraße 17, 40822 Mettmann

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