Doppelhaushalt mit 26 zu 22 Stimmen beschlossen

von Ria Garcia

Foto: Moerschy / Pixabay

In der Ratssitzung waren die Ratsmitglieder von CDU und SPD vollständig anwesend, was ihnen die Sicherheit gab, den Doppelhaushalt auch gegen die Stimmen der übrigen Fraktionen zu beschließen.

Es zeichnete sich schon im Vorfeld ab, dass der Doppelhaushalt für die Jahre 2024 und 2025 am Donnerstagabend beschlossen wird. Fehlt kein Ratsmitglied aus CDU und SPD verfügen sie über die komfortable Mehrheit von 26 der insgesamt 49 Stimmen im Rat. Mit diesen 26 Stimmen wurde der Doppelhaushalt beschlossen. Eine überwältigende Mehrheit für einen städtischen Haushalt sieht anders aus.

Für Uli Schimschock, Einzelratsmitglied, war es der letzte Haushalt, über den er mitabgestimmt hat. Nach dieser Wahlperiode wird er nicht mehr für den Rat antreten. “In den letzten 20 Jahren war es oft nicht leicht zuzustimmen. So lange ich mich erinnere, war der Haushalt defizitär”, erinnerte er sich. Er habe immer auf die drohenden Klimaveränderungen hingewiesen und dennoch dem Haushalt oft zugestimmt. “Dieser Haushalt ist nicht nachhaltig und deshalb stimme ich, wie schon im vergangenen Jahr nicht zu”, äußerte er vor der Abstimmung am Donnerstag. Der Äußerung waren längere Diskussionen, das Ringen um einzelne Änderungsanträge und die Haushaltsreden vorangegangen.

Als nicht ‘nachhaltig’ empfanden die Fraktionen, die gegen den Haushalt stimmten, teilweise auch weitere Ausgaben in Millionenhöhe, wie etwa 5 Mio. für die Erschließung der Neanderhöhe, für die es aktuell noch keine ansiedlungswilligen Unternehmen gibt. Oder die 100 Tsd. Euro Planungskosten für einen Kunstrasenplatz an der Rankestraße für den bei späterer Umsetzung mit Flutlicht und Kabinen möglicher Weise bis zu 3 Mio. Euro gebraucht würden, während der Antrag des Freundeskreis für Flüchtlinge auf einen Personalkostenzuschuss von 50 Tsd. Euro pro Jahr, um 50 % gekürzt wurde. Immerhin wurden am Ende 25 Tsd. Euro pro Jahr für die kommenden zwei Jahre bewilligt.

Die Beschleunigung der Umrüstung alter Laternen mit LED und ggfs. smarter Technologie als Sparpotential wurde noch einmal diskutiert und schließlich als für den Haushalt nicht relevant eingestuft. Diese soll als Empfehlung an den Aufsichtsrat der Stadtwerke adressiert werden. Dem Antrag der Grünen eine halbe Stelle für die Annahme von Einbürgerungsanträgen wurde mehrheitlich nicht entsprochen. Zwar wäre auch die FDP für eine Beschleunigung der Antragsverfahren, diese würde das aber lieber mit vorhandenem Personal und der Schaffung von Synergien durch einen zentralen Bürgerservice erreichen. Der Antrag der Grünen die Mittel für die Erschließung der Neanderhöhe (5 Mio. Euro) zu streichen fand keine Mehrheit. Beschlossen wurde indes ein Antrag der Grünen, der eine Entlastung kleinerer Einkommensgruppen bei der geplanten Erhöhung von Elternbeiträgen für die Inanspruchnahme von Tageseinrichtungen von Kindern und Tagespflege in der Stadt Erkrath vorsieht.

Kritik am globalen Minderaufwand

Im Ergebnis führe der im HFA beschlossene globale Minderaufwand dazu, dass 1,6 Mio. Euro weniger ausgegeben werden können, ohne dass gesagt würde, wo diese eingespart werden sollen. “Bei Umsetzung müsste ein erheblicher Teil in den freiwilligen Bereichen gestrichen werden und das würde nicht der Rat beschließen, die Verwaltung müsste kürzen”, malte er das mögliche Zukunftsszenario, das daraus entstehen könnte. “Das ist keine Art und Weise. Das ist unseriös.” (Anm. d. Red.: Beschlossen wurde im HFA für das Jahr 2026 einen globalen Minderaufwand von 1 Prozent zu berücksichtigen und ab dem Jahr 2027 einen globalen Minderaufwand von 2 Prozent.)

Hintergründe zum globalen Minderaufwand: Die NRW Landesregierung plant eine Reformierung NKF (Neues Kommunales Finanzmanagement). Im 3. NKF Weiterentwicklungsgesetz ist unter anderem die Verdopplung des globalen Minderaufwanddes vorgesehen. Verankert ist der globale Minderaufwand in der Gemeindeordnung NRW unter § 75 Allgemeine Haushaltsgrundsätze. Dort heißt es in Absatz (2): Der Haushalt muss in jedem Jahr in Planung und Rechnung ausgeglichen sein. Er ist ausgeglichen, wenn der Gesamtbetrag der Erträge die Höhe des Gesamtbetrages der Aufwendungen erreicht oder übersteigt. Die Verpflichtung des Satzes 1 gilt als erfüllt, wenn der Fehlbedarf im Ergebnisplan und der Fehlbetrag in der Ergebnisrechnung durch Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage gedeckt werden können. Anstelle einer bestehenden oder fehlenden Ausgleichsrücklage oder zusätzlich zur Verwendung der Ausgleichsrücklage kann im Ergebnisplan auch eine pauschale Kürzung von Aufwendungen bis zu einem Betrag von 1 Prozent der Summe der ordentlichen Aufwendungen unter Angabe der zu kürzenden Teilpläne veranschlagt werden (globaler Minderaufwand).

Kritisiert wird der globale Minderaufwand und dessen Erhöhung auf vom Institut der Rechnungsprüfer in einer Stellungnahme zum 3. NKF Weiterentwicklungsgesetz:Die Anhebung des bereits kritisch betrachteten globalen Minderaufwands von 1 % auf 2 % dürfte weiterhin nicht den Grundsätzen der Haushaltswahrheit und Klarheit entsprechen. Es verleitet nach wie vor zu „Puffern“ in den Budgets und falls diese nicht reichen, bleibt der Verbrauch der Ausgleichsrücklage und wenn diese verbraucht ist, kann eine bereits überschuldete Kommune durch das Vortragen von Jahresfehlbeträgen eine Haushaltssicherung herauszögern. Eine nachhaltige und der weiteren Verschuldung entgegenwirkende Finanzpolitik wird dadurch nicht gewährleistet. Im Gegenteil wird weiterhin noch vorhandenes Kommunalvermögen aufgezehrt.

Eine Stellungnahme zum Gesetzesentwurf von Niklas Luhmann, Beigeordneter und Stadtkämmerer der Stadt Schwerte, beschreibt indes das Dilemma, in dem sich Kommunen befinden. Auf Seite 3 seiner Stellungnahme erinnert er an das verfassungsrechtliche Konnexitätsprinzip („wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen“) gemäß Art. 78 Abs. 3 LVerf NRW, das gegenüber den Kommunen seit Jahren nicht eingehalten wird.

Bürgermeister Christoph Schultz erinnerte Peter Knitsch daran, dass das Vorgehen vom Land empfohlen sei und die Grünen Teil der Landesregierung sind. “Ich bin froh, dass wir nicht so handeln müssen, weil das im jetzigen Haushalt nicht nötig ist”, äußerte er sich zum Doppelhaushalt 2024/2025. Detlef Ehlert (SPD) verteidigte den Beschluss zum globalen Minderaufwand: “Ohne den Beschluss müssten wir jetzt schon vieles streichen.” Ralf Lenger (FDP) äußerte, dass die Verwaltung nicht in der Lage sei zu sparen. “Wir gehen auf jeden Fall in die Haushaltssicherung”, prognostizierte er. Peter Knitsch zeigte auf, dass der globale Minderaufwand nicht nötig gewesen sei, wenn man auf die 5 Mio. Euro für die Erschließung der Neanderhöhe verzichtet hätte. Es sei alles eine Frage der politischen Prioritäten.

Unsichere Zukunft

Das die immensen Investitionen für Bauprojekte und konsumtiven Ausgaben für notwendige Sanierungen in den kommenden Haushalten Risiken bergen, ist sicher nicht von der Hand zu weisen. Wenn von Bund und Land keine Verbesserung der Gemeindefinanzierung erfolgt, könnte es in Zukunft eng werden und dann wäre auch die Streichung vieler freiwilliger Leistungen nicht ausgeschlossen. Wie viele Risiken sollte oder darf eine Kommune wie Erkrath derzeit eingehen?

In der Präsentation des Kämmerers zum Doppelhaushalt 2024/2025 zeigt sich ein Verzehr der Eigenkapitals der Stadt um mehr als 50 Prozent von 2008 bis 2028. Darin prognostiziert er bis 2028 einen deutlichen Anstieg der Gewerbesteuereinnahmen, eine Steigerung des Gemeindeanteils an der Einkommenssteuer, während für die Jahre 2026 bis einschließlich 2028 keine Steigerung für die Personalaufwendungen berechnet wurde und auch die Kreisumlage – entgegen der letzten Jahre – nur eine sehr moderate Steigerung beinhaltet. Das nahm Dennis Saueressig zum Anlass in seiner Haushaltsrede darauf einzugehen, dass Zinssteigerungen von bis auf 6 Prozent nicht ausgeschlossen seien, die hätte es in der Vergangenheit auch schon gegeben. Den prognostizierten Anstieg der Gewerbesteuereinnahmen bezweifelte er. Selbst Habeck hätte ein Sinken des Wirtschaftswachstums prognostiziert. Außerdem sei die Arbeitslosigkeit in Erkrath gestiegen, was ihn an einer Steigerung der Einnahmen aus Einkommenssteuer zweifeln ließ. “Am Ende wird der Haushalt schon irgendwie durchgehoben”, sinnierte er. Seine Fraktion lehne diesen Haushalt ab.

Ralf Lenger prognostizierte, dass es – wenn die Stadt in die Haushaltssicherung rutsche – keine Frage mehr wäre, ob man ein oder zwei Büchereien hätte, dann gäbe es gar keine mehr. “Das ist das Vermächtnis, mit dem Sie in die Wahl gehen”, richtete er seine Worte an den Bürgermeister. Markus Lenk benannte in seiner Rede die Ehrenamtler als eigentliche Haushaltsretter, denn diese würden viele Aufgaben übernehmen, die die Kommune ansonsten übernehmen müsste. Für die Kommunen wünschte er sich insgesamt die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer. Zum Schmunzeln der Ratsmitglieder trug er mit dem Zitat von Mark Twain bei: “Von jetzt an werde ich nur soviel ausgeben, wie ich einnehme – und wenn ich mir Geld dafür borgen muss.

Der Haushaltsplan ist beschlossen und wird nun der Aufsichtsbehörde zur Kenntnisnahme und Genehmigung vorgelegt. Mit der öffentlichen Bekanntmachung der Haushaltssatzung rechnet die Verwaltung voraussichtlich Mitte April 2024. Welche Prognosen der Fraktionen und Ratsmitglieder künftig eintreffen, muss die Zukunft zeigen.

Die von den Fraktionen zur Verfügung gestellten Haushaltsreden als PDF:

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