
Ende Juni wartete auf die Besucher des Theater Anderswo eine ganz besondere Vorstellung. Zur Aufführung „Diese unterschiedlichen Gesichter“ hatte sich Gastkünstler Ikutaro Igarashi und seiner Traversflöte einfunden.
Es war ein besonderer Abend am Nahe Weg im Wohnzimmertheater von Beate Sarrazin, deren Aufführungen den intellektuellen ihrer Besucher mehr als erfüllen. Das ist auch der Anspruch, den Beate Sarrazin an sich selbst hat.
Wie immer ist der Besucher schon automatisch darauf eingestellt ein wenig früher zu kommen. Über die vielen Jahre hat sich eine Community gebildet, die sich kennt und die immer gerne vor der Veranstaltung ein wenig Small Talk hält. Man kann die Besucher schon fast als Familie bezeichnen. Leider hielt sich die Anzahl der Besucher bei drückender Hitze in Grenzen. Trotzdem hatten die, die gekommen waren eine unbeschreibliche Vorfreude und waren neugierig auf das, was kommt.
Der Abend begann mit einem Flötenstück von Ikutaro Igarashi, sehr einfühlsam und liebevoll vorgetragen. Ikutaro und seine Traversflöte verschmolzen zu einer Einheit. Es war eine angenehme Musik, die einen fast schon in das Land der Träume führte, aber dann kam der erst Auftritt von Beate Sarrazin im von ihr inszenierten Stück „Ein Scher“ von Anton Tschechow und das Publikum war wieder ganz im hier und jetzt.
In dieser wunderbaren Liebesgeschichte im Schnee geht es um ein Wagnis und um verpasste Chancen. Obwohl der „Erzähler“ Nadenka liebte, hat er es nicht gewagt, zu dieser Liebe zu stehen, sie auf sich zu nehmen und Jahre später bereut er es bitter. Er hat diese Liebe verpasst, und sie hatte somit auch nicht die Chance… – Diese sensible Geschichte mit vielen feinen Nuancen wurde einfühlsam und anspruchsvoll gespielt. Man muss nicht extra erwähnen, dass Beate den Part mit Inbrunst darbot und alle Register ihres schauspielerischen Könnens darbot. Ein Zuckerstück für Augen und Ohren. Nadenka bedeutet Hoffnung und wird im weiteren Verlauf der Geschichte zu einer Art Leitmotiv.
In der Spielpause entführte Ikutaro die Besucher wieder in die Welt des Flötenspiels bevor Beate Sarrazin im zweiten Teil die von ihr inszenierte satirisch-humorvolle Szene „Die Hundenase“ von Michail Sostschenko darbot. Hierin entpuppen sich ehrbare Vorkämpfer einer idealen Gesellschaft als kleinkarierte Betrüger. Die Handlung spielt zur Zeit der russischen Revolution. Es gab viel Armut und etliche Menschen gingen krumme Wege, um zu überleben. Nach außen aber musste ein Bild gespielt werden, das die Revolution allen Gerechtigkeit verschaffe und jeder sich in ehrenwerter Weise an die Gesetze hält. Der Zuschauer erfuhr was sich im Verborgenen abspielte.
Den Abschluss bildeten dann vorgetragene Gedichte. Im Gedicht An den Mond, wir schreiben das Jahr 1778, geht ein junger Mann, 26 Jahre alt, einen Fluss in wunderschöner Natur, entlang. Der Mond scheint. Und der junge Mann hat, was heute auch öfter vorkommt, großen Liebeskummer. Und es entsteht das Gedicht An den Mond. „Im Trennungsschmerz entstehen oft die schönsten Gedichte. Der junge Mann hofft auf die heilende Wirkung der Natur und bittet, fast flehend, um Befreiung von seiner Qual“, beschreibt Beate Sarrazin das Gedicht.
Die Gedichte Ich danke dem Leben und Das kann doch nicht alles gewesen sein stellen, so führte Beate Sarrazin aus, einen Dank dar an dieses wunderbare Leben. „Wir sollten dankbar sein für alles Schöne, das Beste daraus machen. Diese Dankbarkeit für das Leben, das ist für mich auch ein ganz entscheidendes Motiv für das Theater. Und unausgesprochen ist es auch eine Anklage gegen all die schrecklichen Kriege. Ganz im Sinne des Liedes What a wonderful world, welches im Gegensatz zu den Gräueln des Vietnam Krieges stand und steht und damit seinerzeit auch eine Anklage gegen den Krieg darstellte“, erklärte Beate Sarrazin.
Vorankündigung: Am 12.09.2025 und am 13.09.2025, Beginn: 19:00 Uhr, findet im Theater Anderswo die Uraufführung eines von der Autorin Beate Sarrazin inszenierten Theaterstücks statt: „Tanzende – Blick durch ein offenes Fenster. Willkommen Brasilien!“. Im zweiten Teil des Abends präsentiert das legendäre Tänzerpaar Didi und Patricia aus Porto Seguro Bahia Brasilien eine Tanz-Performance. Weiterhin spielt Beate Sarrazin ihr Brasilienstück noch einmal im Theater Anderswo am 04.10.2025, Beginn: 19:00 Uhr.
Hinterlasse jetzt einen Kommentar