Bürgerbegehren gegen die Bebauung der Hasenwiese

von Susann Krüll

Infoveranstaltung Bürgerbegehren Hasenwiese. Foto: Susann Krüll

Am Dienstagabend hatten sich rund 50 Personen in einem der Nebenräume des Bürgerhauses auf Einladung der Initiatoren Bernhard Osterwind und Dr. Spiritus von der BmU (Bürger mit Umweltbewusstsein) sowie Peter Knitsch, Bündnis 90/Die Grünen, eingefunden.

Ziel des Abends war, ein Bürgerbegehren gegen die am 6. September in der Ratssitzung mehrheitlich beschlossenen Aufstellung des Bebauungsplans der Hasenwiese zu gründen, auf den Weg zu bringen. Auch die Bildung eines Koordinationsteams, das die künftigen Aktionen organisiert und koordiniert, war Ziel der Veranstaltung. Denn viel Zeit bleibt den Befürwortern nicht, die rund 2.500 Unterschriften von wahlberechtigten Erkratherinnen und Erkrathern ab 16 Jahren zusammenzubekommen, die es bedarf, um ein Bürgerbegehren nach §26 der Gemeindeordnung (GO) NRW zu starten. Am 27. Oktober tritt der Rat bereits zusammen, um darüber zu entscheiden, ob dieses rechtens ist.

Mitglieder der Genossenschaft Dependance-Erkrath im Publikum

Mehrfach unterbrachen die Initiatoren Beiträge aus dem Plenum, die für das Projekt positive Stimmung machen wollten, indem sie auf die Vorteile, wie die ökologische Holzbauweise hinwiesen. Mit der Nachfrage, welche Kosten für die Allgemeinheit durch einen mögliches Klageverfahren verursacht würden, wollten sie offensichtlich ein mögliches Bürgerbegehren ausbremsen. Nachweislich gehörten diese neben Initiator und Architekt der Genossenschaft Dependance-Erkrath, Wolfgang E. Teiwes, der auch im Publikum saß, zu den Mitgliedern der Genossenschaft, die ihre Interessen hier artikulieren wollten. Peter Knitsch wies mehrfach darauf hin, dass nicht das Bauprojekts und seine Vor- oder Nachteile Gegenstand der Veranstaltung seien. Die eingeplante Zeit solle vielmehr für die Gründung der Bürgerinitiative genutzt werden. „Wie es in der Einladung zu dieser Veranstaltung zu lesen ist. Ich stehe Ihnen jederzeit bei einer anderen Gelegenheit für die Diskussion des Pro und Contra des Bauprojekts zur Verfügung. Heute ist da nicht die Zeit und der Raum dafür“, unterbrach er den mehrfachen Einwürfe von Mitgliedern der Dependance.

Aus der Historie

Der ursprüngliche Plan der Genossenschaft, ein nachhaltiges, seniorengerechtes Bauprojekt im bestehenden Gebäude der ehemaligen Realschule an der Schmiedestraße zu realisieren, war im Stadtrat auf eine parteiübergreifende Mehrheit gestoßen, wie Peter Knitsch stellvertretend für die anderen beiden Initiatoren referierte, als es um die Historie des Projekts ging. Da durch den Brand der GGS Sandheide das Gebäude an der Schmiedestraße auf absehbare Zeit für die Umsetzung des Ursprungsplans nicht mehr zur Verfügung stehe, sei der Genossenschaft daraufhin von der Verwaltung stattdessen einen Teil der bisher unbebauten „Hasenwiese“ überlassen wurde. Und dies, ohne dass der Rat zu dieser Vereinbarung befragt worden sei. Gegen diese neue Bebauungssituation wende sich die Bürgerinitiative ausdrücklich, so Knitsch. Die durch den Brand eingetretene Situation, dass die Verwaltung das Gebäude als Ausweichquartier für die Grundschule mindestens bis zum Beginn des Schuljahrs 2024/25 benötigt, rechtfertige aus seiner sowie Osterwinds und Spiritus‘ Sicht aber nicht die Umsetzung der aktuellen Neubau-Pläne. Den nun vorliegenden Entwurf auf der Freifläche zu realisieren, lehnen die Veranstalter der Info-Veranstaltung ausdrücklich ab. Der so genannten Hasenwiese komme eine große Bedeutung als „Frischluftschneise für das Mikroklima in dem schon stark bebauten Stadtteil Millrath“ zu, wie Bernhard Osterwind in seinem Vortrag ausführte, siehe folgender Abschnitt. Auch sei die Bedeutung als sozialer Treffpunkt für die Menschen, die in den an die Freifläche angrenzenden Mehrfamilienhäuser lebten, nicht zu unterschätzen. „Es handelt sich nicht, wie es die Genossenschaftsmitglieder, allen voran von Wolfgang Teiwes, gern darstellen, nur um eine Hundewiese, die man der Hinterlassenschaften der Vierbeiner wegen, überhaupt nicht als Spiel- und Freizeitfläche nutzen kann“, so Bernhard Osterwind, der ebenfalls bedaure, dass das Schulgebäude der Genossenschaft für die Umsetzung der ursprünglichen Planung, es für Senioren-gerechtes Wohnen umzubauen, auf absehbare Zeit nun nicht mehr zur Verfügung stehe.

Informationen zum Neubau-Projekt der Genossenschaft auf der „Hasenwiese“

Peter Knitsch hatte zu Beginn des Abends den Ablauf der Veranstaltung skizziert. Zunächst informierte Bernhard Osterwind mit einer von ihm erstellten und per Beamer an die Wand projizierten Präsentation, wie sich der geplante Baukörpers von den verschiedenen Himmelsrichtungen aus gesehen, auf der Fläche darstellt. Da das Gelände von Süden aus gesehen zum Spielplatz hin stark abschüssig ist, wirke der viergeschossige Baukörper von dieser Seite aus sehr wuchtig. Diesen Eindruck mindere auch der sich zwischen den Gebäudeteilen befindliche Treppen- und Aufzugsturm nicht, von dem aus die Erschließung der 21 geplanten Wohnungen, darunter auch sieben öffentlich geförderte, erfolge. Weiterhin widersprach Osterwind der Aussage der Dependance, dass „nur 10% der Freifläche, wie es uns der Planer glauben machen möchte, bebaut wird.“ Laut Osterwind sei damit nur die Grundfläche des Gebäudes beschrieben, nicht aber dessen Erschließung sowie die, den Bewohnern vorgesehene Freifläche und die für deren Parkplätze. „Auch wird immer betont, dass keine Bäume für die Bebauung gefällt werden müssen. Wenn ich mir ansehe, dass im Bereich der geplanten Zuwegung jetzt gesunde Bäume stehen, habe ich starke Befürchtungen, dass die im Verlauf des Verfahrens plötzlich krank werden.“ Er versprach, dies im Blick zu behalten und den Gesundheitszustand der Bäume regelmäßig zu dokumentieren. Als letzten Punkt sprach Bernhard Osterwind an, dass das Gelände mit einem Zaun zum Fußweg hinter dem Gelände hin abgeschottet werde, und so besonders für Frauen und Ältere, die dort entlang gehen, sich ein unangenehmes Gefühl einstelle. Er gab den Anwesenden dann noch den Hinweis, dass sich die ausführlichen Pläne im öffentlich einsehbaren Ratsinformationssystem der Stadt Erkrath finden ließen. Die Nummer der Vorlage laute 141/2020. Aus dieser habe er die Vorlagen für seine Präsentation entnommen.

Rechtliche und zeitliche Vorgaben

Zu diesem Teil der Veranstaltung ergriff Peter Knitsch das Wort. „Bereits am Tag nach der Beschlussfassung des Rats am 6.9. haben wir Drei als Initiatoren der Verwaltung mitgeteilt, dass wir ein Bürgerbegehren gegen die Beschlussfassung einreichen“, so Knitsch zu dem ersten, rechtlich notwendigen Schritt. Er berichtete, dass die Verwaltung nach der internen Prüfung durch die Rechtsstelle die Begründung für das Bürgerbegehren „für nicht rechtens“ halte. Sollte der Rat, der darüber am 27.10. in seiner Sitzung abstimmen wird, dieser Einschätzung folgen, dann erwägen die Initiatoren, den Klageweg einzuschlagen. Wird das Bürgerbegehren vom Rat für rechtens befunden, dann gilt es die besagten 2.500 Unterschriften innerhalb von sechs Wochen nach dem Zulässigkeitsbescheid zu sammeln. „Es gelten aber nur die Stimmen von Bürgerinnen und Bürger, die mindestens 16 Jahre alt und wahlberechtigt sind. Dies sind Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft und solche aus EU-Ländern. Alle müssen ihren Wohnsitz in Erkrath haben. Die Zahl von 2.500 Unterschriften entspricht den gesetzlich geforderten 7 Prozent der Wahlberechtigen in Erkrath“, erklärte der Jurist weiter. Er empfahl, schon jetzt mit deren Sammeln zu beginnen, da es keine leichte Aufgabe sei, diese Personen-Anzahl von dem Vorhaben zu überzeugen. „Denn nicht alle Menschen in Erkrath kennen die ‚Hasenwiese‘ und deren Bedeutung. Wir müssen ja nicht nur Hochdahler*innen überzeugen, sondern auch die Menschen in den anderen Stadtteilen“, zeigte auch Bernhard Osterwind auf, dass es nun gelte „schnell loszulegen“. Sollten innerhalb der sechswöchigen Frist die Zahl von 2.500 – gültigen – Unterschriften erreicht werden, dann müsse der Rat erneut zusammentreten. Sollte sich bei der Abstimmung eine Mehrheit dem Bürgerbegehren anschließen, würde die Genehmigung zur Aufstellung eines Bebauungsplans aufgehoben. Fiele der Beschluss dagegen aus, müsse innerhalb von drei Monaten ein Bürgerentscheid für oder gegen die Bebauungspläne organisiert werden. Nur wenn die Wahlbeteiligung dann bei mindestens bei 20 Prozent der wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger liege, sei das Bürgerbegehren gültig, führte Peter Knitsch aus. Und dann müsse sich ja auch noch eine Mehrheit der Wahlberechtigten für das Bürgerbegehren aussprechen, so der Jurist weiter. Sollte es dazu kommen, dass ein Bürgerentscheid anstehe, dann käme es aus seiner Sicht zu einer Art ‚Wahlkampf‘, denn: „Natürlich ist es das gute Recht der ‚Dependance‘ ihre Argumente für den Bau ihres Projekts öffentlich zu machen“, so Knitsch. Auf die Frage aus dem Plenum, was denn bei einer Ablehnung geschehe, antwortete er: „Wenn keine neuen Argumente kommen, dann werden wir per Eilentscheid klagen.“ Auf die Frage danach, welche Kosten so eine Vorgehen verursache, erklärte Knitsch: „Der Streitwert eines solchen Bürgerbegehrens ist auf 10.000 Euro begrenzt, daraus ergeben sich Kosten von ca. 2.000 bis 3.000 Euro.“ Der Fragende stellte fest, dass dies auch Geld sei. Ein Dame wollte wissen, was im Falle der Nichtdurchführung des Bauvorhabens denn mit den bereits geschlossenen Mietverträgen mit der Dependance geschehe. Knitsch antwortete darauf, dass er sich nicht vorstellen könne, dass die Verantwortlichen bei der Genossenschaft vor Erteilung der eigentlichen Baugenehmigung bereits Mietverträge geschlossen hätten. „Aber es ist nicht an uns, solche Fragen zu beantworten, da müssen Sie sich bitte an die Verantwortlichen dort wenden“, riet er der Dame, die darauf bestand, bereits einen Mietvertrag geschlossen und ihre alte Wohnung bereits gekündigt zu haben.

Auch nach der Höhe der im Erbau-rechtlichen Vertrag, den die Verwaltung mit der Genossenschaft Dependance-Erkrath geschlossen habe, wurde gefragt. „Dieser Vertrag ist ebenfalls nicht durch die Gremien gegangen“, schickte Knitsch voraus, warum den Wortlaut nicht kenne. „Es steht aber eine Summe von 24.000 Euro jährlich im Raum, mit einer Laufzeit von 99 Jahren“, fügte er dann hinzu, was mit einem empörten Murmeln zahlreicher Anwesender quittiert wurde.

Infostände und Unterschriftenlisten

Am Ende der Veranstaltung stand die Frage nach weiteren Personen, die sich aus der Bürgerschaft heraus daran beteiligen, Aktionen zu organisieren, um die benötigten 2.500 Unterschriften bis spätestens zum 1.12.22 zu sammeln. Dazu erklärten sich drei Frauen bereit, die nach dem Ende der Versammlung gegen 21h blieben, um mit den bisherigen Organisatoren, Knitsch, Osterwind und Spiritus, das weitere Vorgehen zu besprechen. Während der Versammlung waren bereits Unterschriftenlisten, die nach den Vorgaben, die die GO vorsieht, auf einer DIN A4-Seite die Erklärungen des Sachverhaltes zu dokumentieren, bereits von den drei Herren ausgearbeitet worden war, herumgereicht. Mit ihrer Unterschrift stimmten die Anwesenden dem Vernehmen nach zu, für Aktionen angefragt zu werden. Da doch einige Anwesenden Bedenken geäußert hatten, öffentlich auf Passanten zuzugehen und um deren Unterschrift zu bitten, wurde zwei Vorschläge aus dem Publikum aufgegriffen: Es sollte immer eine Person mit Erfahrung mit solchen Veranstaltungen ein Team mit solchen bilden, die zum ersten Mal mitmachen. Auch solle ein kurzer Argumentations-Leitfaden erstellt werden, um als Argumentationshilfe zu dienen. Die Teilnehmer wurden ebenfalls gebeten nach dem Ende der Veranstaltung Unterschriftenlisten mitzunehmen und in ihrem privaten Umfeld für deren Unterzeichnung zu werben. Bereits am Donnerstag hatte Bernhard Osterwind mit einem Stand an der Bergstraße mit dem Unterschriftensammeln begonnen. Er teilte außerdem über verschiedene FaceBook-Seiten mit, dass diese auch im Blumengeschäft Holzkamm an der Bergstraße ausliegen.

3 Kommentare

  1. Sehr geehrte Frau Krüll,
    in Ihrem Artikel steht wörtlich: „..die Veranstalter der Info-Veranstaltung…“. Und auch in der Einladung in der Zeitung stand … interessierte Bürger…“ . Also war es keine reine Gründungsveranstaltung. Daher waren auch Nicht-Mitglieder der Wohnungsgenossenschaft dabei, die sich weiter dort weiter informieren wollten, weil sie sich ja vielleicht durchaus mit einer CO2-neutralen, ökologischen und sozialen Bebauung eines Teils der Hasenwiese anfreunden könnten. Dass es nach dem BMU-Vortrag, der neben Richtigem auch mit Weglassen von Fakten bis hin zu teilweisen Falschinformationen noch Frage- und Informationsbedarf gab, ist verständlich. Dass das dann regelrecht abgewürgt wurde (auch bei NICHT-Mitgliedern der Wohnungsgenossenschaft ) aber nicht. Neben mir saßen zwei Damen im Rentenalter, die mich fragten: „ Stimmt es, daß dort Wohnungen für Alte und Behinderte Menschen entstehen sollen ?“ Das meine ich mit Weglassen von Fakten. Ich bin mir sicher, daß bei objektiver und kompletter Information der Anwesenden vermutlich 1/3 keine Unterschriftenzettel mitgenommen hätten. Es gibt viel zu wenig ökologisch-sozialen Wohnungsbau in Erkrath. Warum ausgerechnet zwei Umweltparteien diesen bekämpfen und dabei auch auf Desinformation setzen ist unverständlich. Ich bin Nicht-Mitglied der Wohnungsgenossenschaft und seit 24 Jahren Millrather Bürger in Nachbarschaft zur Hasenwiese.

    • Sehr geehrter Herr Esch,
      Danke für Ihre E-Mail

      Anbei die Folie mit dem Wortlaut der Enladung. Die Zielsetzung geht daraus hervor.
      Daher bezieht sic „Info-Veranstaltung“ sich in dem Fall auf den Grund der Zusammenkunft, eben der Gründung einer Bürgerinitiative.

      Mit freundlichen Grüßen
      Susann Krüll

      PS: Meine persönliche Meinung spielt in dem Bericht zu der Veranstaltung keine Rolle.
      Folie mit dem Einladungstext

  2. Herr Esch, da wäre doch mehr Sachlichkeit angebracht.

    Ich wohne nicht erst, wie Sie betonen, seit 24 Jahren in diesem Viertel, meine Familie ist dort seit dem 19. Jahrhundert ohne Unterbrechung ansässig.

    Ich habe ausdrücklich zusätzlich zu meinem Vortrag auf die umfängliche Vorlage im Ratsinformationssystem hingewiesen und lückenhaft muss jede Schilderung bleiben, wenn sie sich zusammenfassend mit dem Planungsrecht und erst Recht dem Klimaschutzkonzept der Stadt hätte befassen wollen. Eine vertiefende Debatte hätte die schriftlich erklärte Absicht der Einladenden wie der ganz überwiegenden Zahl der Teilnehmer, eine Bürgerinitiative zur Rettung der Hasenwiese zu gründen, unmöglich gemacht.

    Für wen da gebaut wird und was da gebaut wird habe ich wörtlich (!) aus der Vorlage zum Aufstellungsbeschluss des Rates entnommen. Keinem Verkaufsprospekt und nicht den Parolen, die da Mehrgenerationenwohnungen, Wohnungen für Senioren, Wohnungen für Behinderte, Wohnungen für sozial Bedürftige, Wohnungen für Studenten usw… errichtet sehen wollen. Das habe ich alles weggelassen: es sind nur 21 Wohnungen die man genausogut zB auf der Gink hätte planen können. Die benutzte Quelle habe ich genannt.

    Kein Neubau wird heute genehmigt, der nicht 65 % regenerative Energie bei der Raumwärme und Warmwasser einsetzt.

    Dieses Objekt dagegen wird angabegemäß im Stadtrat mit 100% Gas via Fernwärme betrieben (der Gesetzgeber hat Fernwärme von der 65% Regelung ausgenommen). Zunächst mal versuchen SWE Förderung u.a. für ein BHKW einzuwerben (=Gas). Alle genannten Merkmale hätte man auch an der Gink realisieren können, hätte aber die 65% regenerative Energie nachweisen müssen.

    Und für die 7 preisgeminderten Wohnungen gibt es die Zuschüsse des Landes.

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