BmU sieht Erkraths Finanzierungssystem vor dem Kollaps

von Ria Garcia mit Originalstellungnahme der BmU

Bernhard Osterwind. Foto: Privat

In ihrer Stellungnahme zum Haushalt 2024/25 kritisiert die BmU die Haushaltsplanung deutlich und sieht die städtische Finanzierung vor dem Kollaps.

Warum die BmU die Lage so einschätzt, führt der Fraktionsvorsitzende Bernhard Osterwind in einer Stellungnahme zum Haushalt aus, die wir unterhalb ungekürzt einfügen:

Bild: BmU

Das Schaubild zeigt, wie sich die bisherige Finanzpolitik der Mehrheit im Rathaus gemäß aktueller Planung auswirkt. Das Vermögen der Stadt, das über 60 Jahre trotz massiver ökonomischer Krisen aufgebaut wurde, wird sich innerhalb von 20 Jahren halbieren. Das Vermögen schwindet dabei innerhalb der letzten 10 Jahre immer schneller. Dabei wurde noch nicht mal die Substanz der Infrastruktur bewahrt.

Das Foto im Hintergrund des Schaubildes visualisiert einen aktuellen Abschnitt der Schildsheider Straße.Die wachsenden Infrastrukturprobleme in Erkrath, insbesondere auf Straßen und Radwegen (Anfrage der BmU ist seit 2018 unbeantwortet), sind noch nicht in diese Berechnungen eingeflossen, werden aber zwangsläufig zu erheblichem Investitionsbedarf führen.

Die BmU (19.3.2018) erkundigte sich ebenfalls nach der geplanten Sanierung der Kitas, woraufhin folgende Antwort kam: “Aufgrund der Überalterung des Gebäudebestands und der damit einhergehenden kurzfristigen Sanierungsaufgaben kann derzeit keine planmäßige Sanierung im Rahmen eines Sanierungsplans durchgeführt werden…”

Die Rathausmehrheit investiert 200 Millionen in drei Großprojekte: Hauptwache Feuerwehr, Neubau GymNeander und Campus Sandheide. Trotz des Mangels an Fachkräften, der Steigerung der Baukosten und des Zinsrisikos. Eine jährliche Belastung von 5 Millionen entsteht durch die Abschreibung über 40 Jahre. Noch schlimmer: Die Zinslast belastet zusätzlich. Schon eine Verzinsung von nur 2,5 % generiert jährlich zusätzliche 5 Millionen Belastung des Haushalts.
Als Vergleich: Nach 2017 erfolgte erneut 2023 eine Steuererhöhung. Die Grundsteuer A stieg um 285 Prozent und die Grundsteuer B um 132 Prozent auf 652 Punkte. Das bringt jährlich ca. 3 Mio. Euro Mehreinnahmen aus der Kasse der Bürgerschaft direkt in die Stadtkasse. Das pwc-Gutachten legt nahe, dass eine Anhebung der Grundsteuer um 1000 % bis 2024 notwendig wäre, um den Haushaltsausgleich zu schaffen. In den kommenden Jahren wird die Steuererhöhung von 2023 also bei Weitem nicht ausreichen. Wir Mitbürger sind zu weiteren Belastungen in dieser Dimension jedenfalls nicht in der Lage.
Die nachstehende Tabelle zeigt, wie drastisch sich die Prognosen im Finanzplanungszeitraum verschlechtern. Im Finanzplanungszeitraum sind folgende Jahresergebnisse (ohne „globaler Minderaufwand“) im Doppelhaushalt 24/25 ausgewiesen:

Und als wäre das nicht schon grausam genug, hat eine Mehrheit von CDU und SPD zusätzlich für 2024 100.000 Euro Planungskosten für einen Kunstrasenplatz an der Schulsportanlage Hochdahl aufgenommen. Die Gesamtinvestition beläuft sich auf etwa 2,5 Million Euro. Diese 2,5 Millionen Euro sind in der mittelfristigen Finanzplanung (Ergebnis siehe Schaubild) noch nicht mal enthalten. Dies alles, obwohl der Platz aufgrund baurechtlicher Auflagen nur sehr eingeschränkt dem Vereinssport zur Verfügung steht.

Selbst der Plan, ein neues Rathaus zu bauen, ist noch nicht völlig aufgegeben. Der Kämmerer, der eigentlich die Zukunftsfähigkeit der Erkrather Kasse sichern sollte, konstatierte bei der Einbringung des Haushalts: “Das Finanzierungssystem wird ohne grundlegende Änderungen kollabieren.”

Es ist offensichtlich, dass wir nicht ohne ein Gewerbegebiet wie die Neanderhöhe auskommen können. Keine Kommune im Kreis hat pro Kopf so wenig Gewerbefläche wie Erkrath, und die Neanderhöhe gleicht den Verlust an Gewerbeflächen an anderer Stelle (Wimmersberg) noch nicht mal aus. Ohne konkreten Investor ist es nicht verantwortbar, 5 Millionen Euro in die Erschließung der Neanderhöhe zu stecken. Die BmU arbeitet an weiteren Impulsen, um Erkrath wirtschaftlich zu beleben, auch im Bestand.

Die Bezieher von Fernwärme sind zusätzlich zu den steigenden Kosten durch Steuern und Abgaben stark betroffen. Die Stadtwerke übernehmen die drastische Preissteigerungsformel von e.on, obwohl rechtliche Bedenken bestehen und ein Verfahren vor dem OLG Hamm läuft. Die BmU kämpft seit Jahren für faire Fernwärmepreise. Über die Landeskartellbehörde erlangte die BmU eine kleine Preiserstattung für die Jahre 2017 bis 2019. Im Aufsichtsrat der Stadtwerke werden die Initiativen der BmU von CDU und SPD abgeblockt. Jetzt wurden sogar von CDU und SPD noch größere Blockheizkraftwerke (Wasserstoff ready) bestellt, die der Dekarbonisierung entgegenstehen.

Im März wird die BmU sich an einer bundesweiten Kampagne des Umweltinstituts München, die darauf hinweist, dass Wasserstoff eine zu teure Lösung für das Raumwärmeproblem ist, beteiligen. Die BmU schlägt seit Jahren vor, Geothermie rechtzeitig und ernsthaft zu planen, doch die Umsetzung erfolgt nur halbherzig. Wer die Fernwärmekunden als Melkkuh der Stadt betrachtet, wird weiterhin auf den Widerstand der BmU stoßen. Gerechtigkeit muss sich auch in der Verteilung finanzieller Lasten zeigen. Die Stadt muss neue Maßstäbe setzen, nachdem sie die Fernwärmekunden Jahrzehnte großen Konzernen ausgeliefert hat. Bei CDU und SPD fehlt bisher der Wille dazu.

Die BmU ist absolut gegen diese Art der Haushaltsplanung.
Bernhard Osterwind 07.03.2024

Mit den Stimmen von CDU und SPD sowie der des Bürgermeister könnte der vorliegende Haushalts- und Stellenplan in der Ratssitzung, die gerade begonnen hat, beschlossen werden. Wie sich die übrigen Fraktionen zum vorliegenden Haushalt positionieren, ob sie dafür oder dagegen stimmen oder sich enthalten, bleibt abzuwarten.

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