Zwischen Hoffnung und Wehmut

Symbolbild: Alexandra Koch / Pixabay

Fast zwei Jahre Pandemie in Deutschland und ein Ende scheint nicht in Sicht. Rückblick und Ausblick zur Corona-Pandemie.

Als wir im November 2019 erkrath.jetzt online schalteten, ahnten wir genauso wenig, wie alle anderen Menschen in Deutschland, was da auf uns zu rollt. Einen Lockdown, der Wirtschaft und Privatleben größtenteils lahmlegte, hatte niemand von uns vorher erlebt. Mit unsere ersten Presseeinsätze für erkrath.jetzt waren natürlich Karnevalsveranstaltungen und ausgerechnet eine solche brachte in Deutschland den ‘Stein ins Rollen’. Der erste Lockdown im Frühjahr 2020, ein zweiter im Winter. Ende 2020 schöpften wir alle Hoffnung. Die Impfung sollte das Blatt wenden, aber erst einmal ging es damit dann gefühlt viel zu langsam vorwärts.

Und dann kam Delta

Die Impfquote, die alles hätte verändern können, war noch nicht erreicht, da kam die Delta-Variante ins Spiel. Ende Mai 2021 gab es 27 Fälle in Velbert und rasant breitete sich die neue Variante weiter aus. Immer mehr Menschen, auch im Kreis waren inzwischen geimpft, aber es blieb auch ein guter Teil Impfgegner erhalten, die sich in Demonstrationen Luft machten.

Deutschlandweit stiegen die Inzidenzen schon im Sommer wieder an. Aber die Inzidenz, so hatte man so inzwischen beschlossen, sollte nicht mehr der ausschlaggebende oder alleinige Faktor zur Beurteilung der Pandemie seien. Und dann kam die Bundestagswahl und ein gefühltes Vakuum zwischen alter und neuer Regierung in Sachen Pandemiebekämpfung. Immer öfter gab es auch Impfdurchbrüche. Bei nachlassender Antikörperzahl infizierte sich ein Teil der Geimpften, war aber in der überwiegenden Zahl der Fälle vor schweren Verläufen geschützt.

Die Inzidenz stieg weiter und Virologen warnten vor der vierten Welle. Mitte November stieg die Inzidenz dannn in einigen Landkreisen in Deutschland in bis dahin nicht dagewesene, schwindelerregende Höhen von bis zu 1320 an.

Impfen, impfen, impfen und Omikron

Während die Impfzentren zum 30. September 2021 geschlossen wurden, war im November die wichtigste Botschaft: Impfen was das Zeug hält. Inzwischen sind einige dezentrale Impfstellen eingerichtet und auch mobile Impfteams sind weiterhin unterwegs.

Und Mitten im Impfmarathon erreichte uns am 24. November die nächste Hiobsbotschaft: Die Omikron-Variante wurde in Südafrika erstmals sequenziert und macht Virologen weltweit Sorgen. Sie weist Besonderheiten auf, die sie extrem ansteckend macht. Noch viel ansteckender, als wir es bei der Delta-Variante erlebt hatten. Wie gefährlich sie ist, ist bis heute nicht so wirklich klar. Zu schnell ist die Ausbreitung, zu kurz der Zeitraum, die Infektionsfälle zu beurteilen. In der sehr viel jüngeren Bevölkerung Südafrikas waren bisher viele Kinder betroffen, von denen ein Teil – bedingt durch die Infektion – auch im Krankenhaus behandelt werden muss. (Einem Bericht der RP zufolge sollen auch zwei Kinder im Kreis Kleve einen schweren Verlauf mit der neuen Variante und müssen im Krankenhaus behandelt werden.)

Die ‘Ruhe vor dem Sturm’?

Es vergingen gerade einmal zwei Tage von der Entdeckung der Variante, bis ein erster Fall in Sachsen festgestellt wurde. Derweil fanden bei uns viele Weihnachtsmärkte und Veranstaltungen überwiegend unter Einhaltung der 2G-Regelung statt. Aufatmen, denn keiner wusste, ob uns noch einmal ein harter Lockdown ereilen würde. Am 6. Dezember 2021 berichteten die Kollegen von der RP dann von einem ersten Fall im Kreis Mettmann. Als wir am 15. Dezember nach dem Stand fragten, waren es bereits fünf Fälle, die bis dahin in den Städten, Ratingen, Velbert und Langenfeld festgestellt wurden. Die aktuelle Fallzahl, so ist bis hierher festzustellen, erfährt auch die Presse immer nur auf Nachfrage.

Während sich die Nachrichten über die Entwicklung und Verbreitung der Omikron-Variante für andere Länder überschlagen, scheinen wir uns wieder ‘in einem Vakuum’ zu bewegen. Aktuelle Fallzahlen muss man suchen, während Virologen weiter warnen und die Presse gefühlt mehr über sinkende Inzidenzen, als über die Verbreitung Omikron-Variante berichtet.

In England macht die Omikron-Variante inzwischen 60 Prozent aller Corona-Infektionen aus, berichtet Tagesschau.de. London hat gar wegen der Infektionswelle den Katastrophenfall ausgerufen. Auch in Dänemark steigen die Zahlen rasant an, wie man einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland entnehmen kann, ebenso in den Niederlanden.

Und wie ist die Lage nun hier bei uns in Deutschland?

Den ersten bestätigten Fall gab es am 26. November in Sachsen, wie der MDR berichtete. Uns hat interessiert, wie die Lage nun etwas mehr als drei Wochen später ist, denn Weihnachten steht vor der Tür und während die einen vielleicht mit einem Familienurlaub liebäugeln, planen die anderen das Fest im Kreise ihrer Familie, ihrer Eltern, ihrer Großeltern. Einen Lockdown über Weihnachten schließt Gesundheitsminister Karl Lauterbach aus, berichtet Tagesschau.de.

Am 19. Dezember 2021 tagte der Expertenrat. Der geht von einer Verdopplung der Fallzahlen in Deutschland alle 2-4 Tage aus. “In Deutschland ist jedoch aufgrund der vergleichsweise großen Impflücke, die insbesondere bei Erwachsenen besteht, mit einer sehr hohen Krankheitslast durch Omikron zu rechnen”, heißt es in dem veröffentlichten Papier. Zwar breite sich die Variante aufgrund der derzeit geltenden Corona-Schutzmaßnahmen etwas langsamer aus, als etwa in England, aber – so heißt es weiter “Sollte sich die Ausbreitung der Omikron-Variante in Deutschland so fortsetzen, wäre ein relevanter Teil der Bevölkerung zeitgleich erkrankt und/oder in Quarantäne”. Das Gesundheitssystem würde noch mehr belastet, als das in den letzten Wochen schon der Fall war. “Eine qualitativ angemessene Versorgung aller Erkrankten wird nicht mehr möglich sein”, heißt es aus dem Expertenrat. Auch die Bedienung weiterer kritischer Infrastrukturen (Rettungsdienste, Feuerwehren, Polizei, Telekommunikation, Strom- und Wasserversorgung und die entsprechende Logistik) könnte an ihre Grenzen geraten. “Eine massive Ausweitung der Boosterkampagne kann die Dynamik verlangsamen und damit das Ausmaß mindern, aber nicht verhindern. Laut der mathematischen Modelle kann eine Überlastung des Gesundheitssystems und die Einschränkung der kritischen Infrastruktur nur zusammen mit starken Kontaktreduktionen eingedämmt werden.”

Christian Endt, Datenjournalist bei ‘Die Zeit’, teilte über Twitter bereits am 17. Dezember ein Grafik, die in einem Rechenmodell mit den derzeit verfügbaren Daten darstellt, wie die Entwicklung laufen könnte. “Da kommt keine Welle, da kommt eine Wand”, schrieb er dazu.

Liest man bei den Kollegen vom WDR Fernsehen am 17. Dezember nach, ist zu erfahren, dass es um den 10. Dezember in NRW 23 Fälle gab. Am 17. Dezember seien es, laut NRW Gesundheitsminister Laumann bereits 607 Fälle gewesen, die bereits nachgewiesen oder bei denen ein Verdacht durch den PCR Test bestünde.

Nur einen Tag zuvor war auf dem Nachrichtenportal NTV zu lesen, dass es deutschlandweit wohl 434 bestätigte Omikron-Infektionen und 196 Verdachtsfälle, insgesamt also 630 Fälle gäbe. Valide Fallzahlen zur Omikron-Variante sind in Deutschland wohl weiter Fehlanzeige. Warum das so ist, können wir an dieser Stelle nicht beantworten.

Und was tun wir nun? (Redaktionskommentar)

Wir sind müde. Müde und erschöpft von fast zwei Jahren im Ausnahmezustand. Wir alle ahnen, dass dieser Ausnahmezustand vielleicht noch einmal so lange dauern könnte, wie er schon anhält. Aber wir alle hoffen, hoffen, dass es nicht mehr so lange dauert, hoffen, dass wir aufatmen können. Wir tanken ein bisschen Kraft, erfreuen uns an jeder kleinen Möglichkeit wenigstens ein kleines Stückchen Normalität zu erleben. Besuchen Weihnachtsmärkte und gehen ‘2G-Shoppen’, um Geschenke für unsere Lieben zu erstehen und fragen uns: “Wie können wir das Fest der Liebe feiern, ohne unsere Liebsten in Gefahr zu bringen?”

Eine klare Antwort darauf wird es wohl für niemanden von uns geben. Doppelt geimpft und geboostert bietet mehr Schutz als nicht geimpft. Einen garantierten Schutz gibt es dennoch nicht und so werden die Testzentren an Heilig Abend und Weihnachten gut zu tun haben. Ein negatives Testergebnis gibt uns zumindest für den einen Besuch ein wenig Sicherheit.

Oder nicht? Einem Bericht der Frankfurter Rundschau zufolgte, hatten sich zweifach geimpfte Gäste einer Weihnachtsfeier in einem Restaurant in Oslo vorab einem Schnelltest unterzogen und dennoch kam es zu einem Ausbruch mit der Omikron-Variante. 66 Teilnehmer der Weihnachtsfeier und 53 Restaurantbesucher infizierten sich.

Raten kann man wohl nur: Geimpft, geboostert und getestet, aber dennoch vorsichtig. AHA-Regeln, FFP2-Masken und zwischendurch gut lüften. Auch wenn es seelisch weh tut: Vielleicht auf die Umarmung bei der Begrüßung und zum Abschied verzichten. Boostern schützt offensichtlich vor schweren Verläufen, nicht aber vor einer Infektion mit Omikron. Also warten wir alle hoffnungsvoll auf einen angepassten Impfstoff. Bleibt gesund.

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