Wo Kinder ‚unsichtbar‘ sind

Polizeihauptkommissar Karsten Ingenhoven erklärt Grundschülern, dass sie auf der orange markierten Fläche im toten Winkel stehen. Dominik Adolphy (hinten Mitte) und Bernd Herrmann (hinten r.) stehen im vom Busfahrer einsehbaren Bereich. Foto: Agnes Schmid

Viele Kinder haben ihn in den vergangenen Tagen erstmals Beschritten: ihren Schulweg. Wichtig, dass Kinder verstehen, warum LKW- und Busfahrer sie manchmal nicht sehen können.

Pünktlich zum Schuljahresbeginn hat der Erkrather Verein Du-Ich-Wir e.V. gemeinsam mit dem Polizeidezernat Verkehrsprävention und Opferschutz ein Verkehrssicherheitstraining mit dem Schwerpunktthema „Toter Winkel“ für Grundschulkinder organisiert.

Laut Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) sterben in Deutschland jährlich schätzungsweise 135 Fußgänger und Radfahrer, weil Lkw- oder Busfahrer sie beim Rechtsabbiegen im toten Winkel nicht sehen konnten. Diese uneinsehbaren Bereiche rechts und links des Fahrzeugs hat Karsten Ingenhoven, Polizeihauptkommissar und Leiter Verkehrsprävention und Opferschutz, auf dem Hochdahler Markt mit orangen Folien am Boden auffällig gekennzeichnet. „Jedes Kind darf gleich mal auf dem Fahrersitz Platz nehmen. Die anderen stellen sich auf die orange markierten Bereiche. Das Kind auf dem Fahrersitz sagt dann, wie viele Kinder es im toten Winkel sieht“, erklärt Ingenhoven, wie er den Kindern ganz praktisch zeigt, was Bus- und Lkw-Fahrer neben ihrem Fahrzeug sehen und insbesondere auch, was sie nicht sehen können.

Zu Fuß, mit dem Fahrrad oder auch mit dem Bus sind Kinder und Jugendliche jetzt wieder auf dem Weg zur Schule und zurück unterwegs. Pünktlich zum Schulstart hat der Erkrather Verein Du-Ich-Wir e.V. daher zusammen mit dem Polizeidezernat Verkehrsprävention und eine Aktion zur Verkehrserziehung mit dem Schwerpunkt „Toter Winkel“ durchgeführt. Rund 30 Kinder, die das Nachmittagsprogramm der Vereine Du-Ich-Wir und Füreinander e.V. besuchen, nahmen daran teil. „Wir möchten Kinder im Grundschulalter über diese und weitere Gefahren im Straßenverkehr aufklären“, sagt Dominik Adolphy, Vorsitzender von Du-Ich-Wir e.V., „damit sie lernen, dass auch sie in der Pflicht sind, aufzupassen.“ Organisiert haben er und seine Vereinsmitglieder die Aktion hauptsächlich für Erst- und Zweitklässler, da für die Jüngsten der Schulweg etwas ganz neues ist, aber auch die schon Größeren im zurückliegenden Schuljahr durch Corona noch nicht allzu viele Erfahrungen im Straßenverkehr sammeln konnten. Dass die Polizei das Verkehrssicherheitstraining für die Kids übernimmt, findet Adolphy sehr wichtig. Da sind Aufmerksamkeit und Lerneffekt gleich nochmal so hoch.

„Durch die neue Gesetzgebung dürfen wir mit großen Fahrzeugen wie Bus und Lkw nur noch in Schrittgeschwindigkeit abbiegen. Trotzdem wird es weiterhin Unfälle geben, da im Straßenverkehr der menschliche Faktor immer eine Rolle spielt“, ergänzt Bernd Herrmann die Problematik aus Busfahrersicht. Der Erkrather Reisebusunternehmer hatte seinen Bus für die Aktion kostenfrei zur Verfügung gestellt. Vor den Sommerferien war der Reisebus bereits an einer Langenfelder Schule zur Veranschaulichung des toten Winkels im Einsatz. Aufzuklären und das Verständnis der verschiedenen Verkehrsteilnehmer untereinander zu fördern, liegt Herrmann sehr am Herzen.

Ein Unfallrisiko seien immer auch Gespanne, während der Hänger um die Kurve biegt, weiß Bernd Herrmann. „Fahrzeuge, die neu zugelassen werden, müssen eine Kamera am Spiegel haben. Damit sehen die Fahrer die Seiten ihres Busses oder Lkws komplett“, erklärt er eine sinnvolle Neureglung, „doch der Großteil der Fahrzeuge auf den Straßen sind noch Altbestand.“ Eine goldene Regel, die helfen kann, Unfälle im toten Winkel zu vermeiden: Durch die Scheibe oder den Spiegel Blickkontakt mit dem Fahrer aufnehmen! Nur wenn der Fußgänger bzw. Fahrradfahrer den Fahrer sehen kann, kann der Bus- oder Lkw-Fahrer auch den Fußgänger oder Fahrradfahrer sehen. Und im Zweifel sollte der schwächere Verkehrsteilnehmer – seinem eigenen Leben zuliebe – nicht auf seine Vorfahrt bestehen, sondern den Bus oder Brummi lieber erst abbiegen lassen.

Einen entscheidenden Rat zur Verkehrserziehung gibt hier Polizeihauptkommissar Karsten Ingelhoven allen Eltern noch mit auf den Weg: Wichtig sei, dass Eltern mit ihren Kindern richtiges Verhalten im Straßenverkehr immer wieder üben: „Hier sind die Eltern gefordert. Sie haben 365 Tage im Jahr Kontakt zu ihren Kindern, wir von der Polizei meistens nur einen.“

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