Wie klappt es eigentlich mit den Strabs in Erkrath?

Stefan Kämmerling (MdL, kommunalpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW) während des Bürgerdialogs in Hochdahl. Foto: Ria Garcia

Am Montag hatte die SPD in Erkrath zu einem Vortrag “Straße saniert, Existenz ruiniert” Interessierte zum Thema Straßenbaubeiträge (Strabs) eingeladen. Die Resonanz sprengte den gewählten Raum.

Eng gedrängt standen die Tische und Stühle in einem Raum des Ambiente im Neandertal. Schnell füllten sich die vorhandenen Plätze und zusätzliche Stühle wurden herbei geschafft. Waren es erst etwa 30 Gäste, zählte man zu Beginn des Vortrags von Stefan Kämmerling (MdL und kommunalpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion) schon 50 Menschen und damit war der Raum dann auch schon an seiner Kapazitätsgrenze angelangt.

Unter den Gästen waren auch Otto Grochtdreis und Ernst Ksoll von der Mettmanner Bürgerinitiave gegen Straßenbaubeiträge. “Guten Abend Herr Grochtdreis. Ich habe sie zuerst gar nicht gesehen”, begrüßte Kämmerling den Gast und erklärte den Anwesenden, dass Grochtdreis schon zahlreiche Mahnwachen vor dem Landtag abgehalten hat. Einige dürften ihn sicher auch aus dem Fernsehen kennen, denn seine Aktionen haben auch die Medien aufmerksam gemacht. Neben Stefan Kämmerling waren auch Paul Söhnchen und Detlef Ehlert von der Erkrather SPD und Landtagsabgeordnete Elisabeth Müller-Witt anwesend, die sich lachend mit “Ich bin der Manfred Krick für Erkath”, als zuständige für den Wahlkreis vorstellte.

Stefan Kämmerling erläutert Hintergründe zum Antrag der SPD-Landtagsfraktion

Im folgenden Vortrag stellte Kämmerling dann noch einmal die Geschichte und Entwicklung der Straßenbaubeiträge, die vielen Rechtsunsicherheiten und Härten, sowie die Beweggründe des SPD-Antrags im Landtag und den aktuellen Stand des Verfahrens vor.

“In NRW gibt es 396 Gemeinden und 396 verschiedene Satzungen zu Straßenbaubeiträgen”, verdeutlichte er, warum das Thema auch rechtlich kompliziert ist, denn jede Gemeinde verfasst ihre eigenen Satzung, in der zur Zeit die Beitragshöhe für Anwohner zwischen 50 und 80 Prozent an den Gesamtkosten liegen kann. Berechnet wird nach Breite des Hauses und nach Tiefe des Grundstückes. Auch die Geschossigkeit kann in die Berechnung einfließen und selbst da gibt es noch Unterschiede. Während die eine Gemeinde die tatsächliche Geschossigkeit in die Berechnung einfließen lässt, berechnet die nächste Gemeinde die mögliche Geschossigkeit nach Bebauungsplan, egal ob auf dem Grundstück nur ein eingeschossiger Bungalow steht.

Die Gäste hörten Kämmerling aufmerksam zu. Spannung lag in der Luft. Wer hier saß, hat schon eigene Erfahrungen mit Straßenbaubeiträgen gemacht oder sie kommen aufgrund anstehender Straßenbaumaßnahmen gerade auf ihn zu. “Warum wird die SPD gerade jetzt aktiv und nicht schon zu Krafts Zeiten, als sie noch in der Regierung saß?”, wollte ein Gast wissen. Kämmerling erklärte, dass sich das Thema Straßenbaubeiträge in dieser Zeit noch nicht so dramatisch präsentiert hätte, dass es erst mit zunehmender Sanierung von alten Straßen nach oben geploppt sei und dass schließlich die Zunahme der Bürgerinitiativen den Blick mehr auf dieses Thema gelenkt habe. “Hinzu kommt, dass es seit 2015 einen enormen Anstieg der Kosten, vor allem im Tiefbau, gegeben hat. Die Preissteigerung beträgt hier bis in dieses Jahr 18,6 Prozent”, ließ er den Fragenden wissen.

Bund der Steuerzahler initiierte NRWs größte Volksinitiative

Die Volksinitiative zur Abschaffung der Straßenbaubeiträge, die der Bund der Steuerzahler ins Leben rief, tat ihr Übriges. Sie hat sich mit mehr als 490.000 Unterschriften zu NRWs größter Volksinitiative überhaupt entwickelt. Nach Prüfung der Unterschriften durch die Einwohnermeldeämter konnten dem Landtag 430.000 gültige Stimmen übergeben werden.

Inzwischen hat die Landesregierung einen Entwurf zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes (KAG) vorgelegt. Eine Abschaffung, wie vom Bund der Steuerzahler, vielen Initiativen und im SPD-Antrag gefordert, lehnen CDU und FDP ab. Der Entwurf sieht unter anderem vor, dass Ratenzahlung und Stundung vereinfacht und der Zinssatz angepasst wird. Außerdem können die Beiträge von derzeit 50 bis 80 Prozent künftig auf 25 bis 40 Prozent halbiert werden, wenn die Kommunen eine Förderung der Maßnahme beantragen. Dafür stellt das Land künftig 65 Millionen jährlich in den Landeshaushalt. Kommunen sollen außerdem ein Straßen- und Wegekonzept für jeweils fünf Jahre erstellen und vor den geplanten Maßnahmen zu einer Anliegerversammlung verpflichtet werden.

“Die Senkung um 50 Prozent ist schon einmal ein guter Schritt”, kommentierte Stefan Kämmerling den nun vorliegenden Entwurf, wies aber darauf hin, dass Bürger ihre Kommune nicht zur Beantragung der Förderung und zur Absenkung des Anliegerbeitrags verpflichten können. Er erwartet nicht, dass die Landesregierung dem SPD-Antrag noch zustimmt, auch wenn der Entwurf der Landesregierung weder dem Bund der Steuerzahler, noch den vielen Initiativen im Land weit genug geht. Sie fordern weiterhin die Abschaffung. Viele Fachleute kritisieren darüber hinaus der Entwurf schaffe ein Bürokratie-Monster. Schon jetzt fließt ein großer Teil der erhobenen Anliegerbeiträge nicht in die Finanzierung der Straßen, sondern in den Verwaltungsaufwand. Das könnte sich künftig noch ausweiten.

Bürger mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf nicht zufrieden

Auch die anwesenden Erkrather und Gäste von auswärts zeigten sich mit den geplanten Änderungen nicht zufrieden. “Wir beschäftigen uns hier in Hochdahl schon seit 25 Jahren mit dem Thema Anliegerbeiträge”, war zu vernehmen. “Warum wird hier nicht einfach eine Bestandssanierung vorgenommen, statt der Planung einer Flaniermeile mit viel Chichi?”, fragte eine andere Besucherin. Die Frage, ob eine Straße grundsätzlich “kaputt” ist oder ohne komplette Erneuerung des Unterbaus saniert werden kann, bewegt in Erkrath wie auch in anderen Städten immer wieder die Gemüter. Daran wird auch die Anpassung des bestehenden Gesetzes künftig wenig ändern können.

In ganz Deutschland schaffen mehr und mehr Bundesländer die verpflichtende Erhebung der Anliegerbeiträge ab. Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf könnte NRW eines der letzten Bundesländer sein, das auch weiterhin zur Erhebung der Beiträge verpflichtet. Und so wird Otto Grochtdreis von der Mettmanner Bürgerinitiave zur Abschaffung wohl auch am Freitag, den 13. Dezember wieder seine Mahnwache vor dem NRW Landtag abhalten, denn dann stimmen die Fraktionen im Ausschuss für Kommunales über die von der Koalition eingebrachte Novellierung des § 8 KAG NRW ab. Vielleicht hat er ja diesmal Gesellschaft aus Erkrath und wird hin und wieder abgelöst.

1 Kommentar

  1. In Niedersachsen ist es gerade die sPD, die sich weigert, an eine landesweite Abschaffung der Strabs auch nur in Erwägung zu ziehen. Auch das ein Grund, die Strabs bundesweit abzuschaffen. Anders wird es keine gleichen Verhältnisse mehr geben

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