Von Erkrath ins Ahrtal die Dritte

von Susann Krüll

Die Helfer aus Erkrath mit ihrem 'Chauffeur' Bernd Herrmann. Foto: Susann Krüll

Eine Busladung Helfer und ein vollbepackter Lkw aus Erkrath waren im erneuten Hilfseinsatz im Ahrtal.

20 motivierte Frauen und Männer brachte am vergangenen Sonntag Reiseveranstalter Bernd Herrmann mit seinem Reisebus zum Pflanz- und Sortiereinsatz ins Ahrtal und zurück. Voller Tatendrang ging es cirka 8.30 Uhr zunächst ins Zentrale Verteilzentrum in Gelsdorf. Hier stiegen vier der Mitfahrenden aus, um die Ehrenamtler beim Sortieren und Auffüllen der dort an die Hochwassergeschädigten ausgegebenen Sachspenden zu unterstützen. Außerdem wanderten die Sachspenden, die bei Marten Wirtz, dem Organisator der ‘Erkrather Ahrtal-Hilfe’, abgegeben worden waren, direkt in die große Lagerhalle. Diese sollte mittags noch einer LKW-Ladung ergänzt werden, die von den ‘Transportbotschaftern’ der Firma Timocom geliefert wurden.

Weiter ging es dann in das gut 10 Minuten entfernte Helfer-Shuttle-Zentrum im Gewerbegebiet in Ringen. Hier unterzogen sich diejenigen, die von hier aus ins Tal zum Verlegen von Rollrasen fahren sollten, einen Corona-Test. Dieser muss nach wie vor tagesaktuell vorlegt werden, um sich im Helfer-Zelt mit kostenlosen, Getränken, Snacks und warmen Mahlzeiten zu versorgen.

Test am Helfer-Shuttle, um ins
Veroflegungszelt zu dürfen. © SK

Zwei Teams – drei Einsätze in privaten Gärten

Nachdem Marten Wirtz von den Organisatoren vor Ort die Adressen für die Arbeitseinsätze erhalten hatte, bildeten sich schnell zwei Gruppen, die Bernd Herrmann einmal nach Dernau und einmal nach Rech an ihren Wirkstätten brachte.

„Wir haben harte Erde über und über mit Steinen bedeckt vorgefunden“, berichtet Angéla später, als sie bei einem über 70-Jährigren in Rech angekommen war per WhatsApp. Dieser versorgte seine ehrenamtlichen Helfer mit selbst gebackenem Kuchen und war der Gruppe unendlich dankbar. „Es war so bewegend, was er uns von seinen Erlebnissen während der Hochwassernacht und der Zeit danach erzählt hat. Das Untergeschoss seines Hauses ist immer noch ein Rohbau, nachdem der Putz und der Estrich abgeschlagen sind. Oben renoviert er fleißig, wohnt aber noch bei seiner Tochter außerhalb des Orts.“ Nicht nur Angéla hat die Freude des alten Herren, als der Rollrasen vor und hinter dem Haus verlegt war, zu Tränen gerührt.

Auch in Dernau, wo die zweite Truppe ihren Auftrag ausführte, hatte sich ein Privatgarten nach ihrem Einsatz wieder in einen grünen Ort verwandelt. „Wir haben auch noch schnell eine Steinmauer wieder aufgebaut und im Beet mit dem Bepflanzen begonnen“, berichtete Marten Wirtz für seine Gruppe: Auch hier waren alle gerührt, wie viel Freude und Dankbarkeit diejenigen darüber empfanden, dass sich ‘wildfremde Menschen Zeit nehmen, um uns zu helfen’. Diese Worte hörten die beide Gruppen mehrfach während ihres rund sechsstündigen Einsatzes.

Im Verteilerzentrum wurde fleißig sortiert

Während der größere Teil der angereisten Erkratherinnen und Erkrather im Tal als Gärtner im Einsatz war, gab es für die vier, im Verteilzentrum Verbliebenen nach einem kurzen Rundgang durch die beeindruckende Halle jede Menge Kleidung zu sortieren. „Die Container draußen sind immer noch gut gefüllt mit Frauen-, Männer- und Kinderkleidung sowie Bett- und Tischwäsche und auch Wolldecken. Denn die Hilfsbereitschaft war in ganz Deutschland so riesig direkt nach dem Hochwasser-Ereignis“, erzählte Brigitte, eine der zahlreichen Ehrenamtlichen, die schon seit Monaten fast ununterbrochen hier arbeiten.

Kleidung für Flüchtlinge aus der Ukraine

Da die Bewohner des Ahrtals kaum noch Kleidung benötigen, wurde beschlossen, diese stattdessen zu sortieren und den in Deutschland ankommenden Flüchtlingen aus der Ukraine zukommen zu lassen. „Nachher holen Helfer Baby- und Kleinkinder-Bekleidung für ein Erstaufnahmezentrum in Bonn ab. Wir brauchen Freiwillige, die die Kartons und Säcke durchschauen und Kisten packen“, so Brigitte. Eine Aufgabe, die Julia und Sylvain gern übernahmen. Da die Sonne von einem tiefblauen Himmel strahlte, stellten sie sich einen Tisch vor die Halle und legten los. Jonas, ein ehrenamtlicher Helfer mit Staplerschein, hatte ihnen die Palette mit zahlreichen durchzuschauenden Kartons hingestellt und Günter, ein weiterer Ehrenamtler, der auch nicht zum ersten Mal mitanpackte, sorgte später für Nachschub. Konzentriert, aber nicht ohne das eine oder andere Teil extra hochzuheben, waren die beiden bei der Sache. „Schau mal ein Star Wars-T-Shirt“, outete sich Sylvain als Fan. Julia stimmte zu, fand aber auch Kapuzen-Pullis mit Ohren oder ein Longsleeves mit aufgenähtem Frosch entzückend. Als die Helfer aus Bonn kamen, waren die beiden gerade mit dem Packen der Kartons fertig. So konnte der Sprinter beladen werden und auch einige Flaschen Wasser, die die Haaner Felsenquelle gespendet hatte, fanden noch Platz.

LKW der „Transportbotschafter“ bringt 10 Tonnen Spenden

Parallel zur Helferaktion, die Marten Wirtz über seine private WhatsApp-Gruppe motiviert hatte, hatten sich auch der Seniorchef von Timocom mit seinem Sohn, der das Erkrather Logistik-Unternehmens leitet, ins Zentrale Verteilerzentrum aufgemacht. Im Laderaum die Paletten mit Mineralwasser, die die ‘Haaner Felsenquelle’ gespendet hatte. Die Verantwortlichen in Haan hatten von der ersten Spenden-Transportaktion von Marten Wirtz und der Hochwasserhilfe Erkrath gehört und sich zu dieser Wasser-Spende entschlossen. Deren Transport führte die Timocom-Herren auf eigene Kosten durch. Auch weitere Sachspenden wie eine Waschmaschine, Geschirr und Elektro-Kleingeräte sowie haltbare Lebensmittel waren aufgeladen worden. Letztere hatte Wirtz mit den bei ihm eingegangenen Spendengeldern bei REWE Stockhausen eingekauft. Norman Lingen, Geschäftsführer der Filiale in Unterfeldhaus, hatte wieder großzügig aufgestockt, so dass insgesamt 10 Tonnen (10.000 Kilogramm) in dem imposanten Truck mit amerikanischem Führerhaus Platz gefunden hatten. Als er auf den Hof rollte, erregte der speziell designte Truck direkt das Aufsehen und die Bewunderung bei den Ehrenamtlern, allen voran bei Sabine: „Das ist ja ein Mega-Geschoss. Das hätte ich gern für unsere Auslieferungsfahrten hier im Tal“, so der begeisterter Kommentar der verantwortlichen Leiterin des Verteilzentrums. Doch der Truck wird weiterhin seine ehrenamtliche Arbeit an Schulen in ganz Deutschland verrichten. „Wir erklären Schulkindern, den toten Winkel bei Lkws oder auch Bussen. Wir üben mit den Kindern, was sie beim Überqueren einer Straße zu beachten haben, wenn ein Lkw dabei ist, gerade in diese Straße abzubiegen, obwohl die Kids Vorfahrt hätten“, so die Erklärung, warum der Truck nach Erkrath zurückkehrte, nachdem gerade keine Transporte ins Tal anstanden. Denn Vater und Sohn hatten sich für eventuelle Anschluss-Aufträge den Tag freigehalten.

Gemeinsamer Ausklang im Helferzelt in Ringen

Gegen 18 Uhr waren alle, aus Erkrath angereisten, Helfenden wieder zurück am ‘Helfer-Shuttle’-Gelände in Ringen. Dort erwarteten sie die Ehrenamtlichen mit zwei Gerichten, um sich von den Anstrengungen zu stären: Backfisch mit gekochten Kartoffeln oder wahlweise Kartoffelsalat oder veganer Linseneintopf mit Reis standen auf dem täglich wechselnden Speiseplan. Hungrig, erschöpft und müde, aber auch euphorisiert von den Erlebnissen des Tages, ließ sich die Truppe an Biertisch-Garnituren nieder. Hin und her schwirrten die Berichte über die Tische, was die Einzelnen erlebt hatten. Allen gemeinsam war die Erkenntnis: Wer hilft, bekommt immer etwas zurück. Dankbarkeit, von denen, die die Hilfe erfahren, aber auch das gute Gefühl, für andere da zu sein. Auch wenn man die Menschen, denen man diesen ehrenamtlichen Dienst erwiesen hat, vorher nicht gekannt hat.

Abends im Zeit des Helfer Shuttle in Ringen. Abendbrot für die fleißigen Helfer. © SK

Vielleicht kennen Julia und Sylvain das Gefühl auf beiden Seiten: „Mein Friseurgeschäft war vom Hochwasser auch völlig verwüstet worden“, so die Friseurmeisterin. „Mir haben neben Freuden und Bekannten auch wildfremde Menschen geholfen. Das hat mich sehr berührt.“ Weil sie wissen, wie das ist, wenn man eine solche Katastrophe erlebt, sind beide im vergangenen Jahr schon einmal mit dem Wohnmobil angereist und haben eine Woche lang bei den Aufräumarbeiten im Ahrtal angepackt. Da sie wissen, dass noch sehr viel zu tun ist, werden sie wiederkommen. Wie die anderen der Erkrather Truppe auch. Verabreden werden sie sich wieder über die WhatsApp-Gruppe.

Wer auch im Ahrtal helfen möchte, wo noch jede Menge zu tun ist, damit die Betroffenen endlich wieder in ihre Häuser zurückkehren können, kann sich per Mail an Marten Wirtz wenden und in die WhatsApp-Gruppe aufnehmen lassen: martenwi@aol.com.

Wer individuell fahren möchte, meldet sich am besten bei den Organisatoren des „Helfer-Shuttle“ an: www.helfer-shuttle.de

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