Glücksrad drehen und gewinnen, mit dem Lila Lindwurm Mitmachtheater zu kleinen Musikern werden oder selbst den großen Auftritt auf dem Europaplatz haben, neben internationalen Köstlichkeiten für das leibliche Wohl gab es viel Programm.
Am vergangenen Sonntag verwandelte sich der Europaplatz für das internationale Fest wieder in einen Festplatz. Die Zahl der Besucher war insgesamt überschaubau. Man könnte das nun den hochsommerlichen Temperaturen zurechnen, aber die Autorin dieses Artikels war auch 2018 an gleicher Stelle beim Internationalen Fest, das bei vergleichbaren Temperaturen deutlich besser besucht war. Woran lag es also? An zu wenig Werbung im Vorfeld? An einem Stand erfuhren wir, dass nicht einmal die Besitzer der Eisdiele auf der gegenüberliegenden Seite mitbekommen hatten, dass das Fest stattfindet. Vielleicht war es auch ein wenig Sorge wegen des Vorfalls in Solingen oder eine Mischung aus beidem? Die Besucher, die vom Fest wussten und vor Ort waren, durften sich jedenfalls über ein ausgewogenes Programm, internationale Leckereien und Mitmachangebote an vielen Ständen freuen. Es herrschte eine entspannte Atmosphäre, in der es nur am Rande verbale Entgleisungen eines Passanten gab. Verstärkte Sicherheitsmaßnahmen, wie Security und Polizeipräsenz waren nicht festzustellen.
Eine bunte Auswahl von Ständen und Programmpunkten
Schlange standen die Kids, manchmal auch die Eltern, am Glücksrad der Begegnungsstätten. Dort hatten Gabriela Wolpers (Caritas Begegnungsstätte Gerberstraße), Silke Dietz (AWO Treff Hochdahl) sowie Gabi Gründkers und Eva Fladers von der Johanniter Begegnungsstätte Alt und Jung jede Menge kleine und etwas größere Preise ausgelegt. Leer ging beim Glücksraddrehen niemand aus. Wen das Glück verlassen hatte, der durfte sich einen Trostpreis, wie etwa eine kleine Tüte Gummi Bärchen mitnehmen. Ein echter Hingucker waren die handgestrickten Spültücher, die Silke Dietz aus reiner Baumwolle gefertigt hatte. Außerdem gab es viele kleine Kinderspielzeuge.
Am Stand der Tafel Erkrath konnten Kinder spielerisch etwas über Lebensmittel und die Rettung selbiger lernen. Auch über die Arbeit der Tafel konnte man sich hier informieren. Die Tafel sucht immer wieder engagierte Menschen, die ehrenamtlich unterstützen. Möglichkeiten dazu gibt es als Fahrer, Beifahrer, in der Lebensmittelausgabe oder bei der Kundenregistrierung. (Kontaktdaten auf der Homepage der Tafel.)
Mitstreiter ganz anderer Art sucht der Frauenchor Erkrath, der mit einem Stand vor Ort war und hoffte interessierte, die gerne Singen, zu gewinnen. Seit August haben die Damen, die in Projekten auch von Herren gesanglich unterstützt werden, einen neuen Chorleiter. Nachdem die langjährige Chorleiterin in den Ruhestand gegangen ist, hat Eugen Momot die Leitung übernommen. „Im Moment sind wir ein wenig im Umbruch. Ältere scheiden aus dem Chor aus“, sagte uns Monika Krüger, Vorsitzende des Vereins. Der reisefreudige Verein, der alle drei Jahre auch mehrtägige Chorreisen unternimmt, hat von seinen Reisen auch Erfahrung im gemeinsamen Singen mit Jugendchören. „Wir würden uns freuen, wenn wir junge Leute gewinnen, deren Ideen und Inspiration wir gerne aufnehmen.“ Auch wer nur zeitweise dabei sein möchte, darf sich gerne melden. Chorerfahrung wäre schön, ist aber keine Voraussetzung. (Kontaktdaten auf der Homepage.)
Gebastelt wurde fleißig am Stand des Naturschutzzentrums Bruchhausen. Aus kleinen Holzlöffeln entstanden zauberhafte Blumen und Schmetterlinge. Am Stand des Jugendrats der Stadt Erkrath lag ein Banner mit den Umrissen der Stadt Erkrath aus, auf dem sich Groß und Klein mit einem bunten Fingerabdruck verewigen konnten. „Wenn das Banner für jeden Stadtteil genügend bunte Fingerabdrücke gesammelt hat, wollen wir Arme und Beine daran malen und so darstellen, wie bunt und vielfältig die Erkrather Gesellschaft ist. Das fertige Banner soll dann an wechselnden öffentlichen Orten, wie beispielsweise in der Stadtbücherei, ausgestellt werden“, erklärt Mark Walsleben, Vorsitzender des Jugendrats, den Sinn der Aktion.
Glücklich, wer ein schattiges Plätzchen hatte
An der überwiegenden Zahl der Stände hingen große Acrylglasplaketten mit der Aufschrift „Wir sind Mitglied Erkrath für Vielfalt Demokratie verteidigen“. Das ist das Logo des Bündnis, das sich in Erkrath nach Veröffentlichung der Correctiv Recherche gegründet hatte. „Wir haben uns entschlossen im Gedenken an die Opfer von Solingen die Plakette mit einem schwarzen Trauerband zu befestigen“, erklärte uns Sonja Maria Thompson vom Bündnis. Der Stand des Nachrichtenclubs, den sie und ihre Mutter als Konversationsclub betreiben, lud mit einem Schattenplatz, aufblasbarem Sofa, Tisch, Sitzwürfeln und -Säcken zum Verweilen ein zu Gesprächen ein. Irene und Sonja Maria Thompson haben in den letzten Jahren mit ihrem Nachrichtenclub schon vielen Migranten geholfen, ihre Deutschkenntnisse praktisch zu vertiefen.
Über Schatten, wie am Stand des Nachrichtenclubs, konnte sich – zumindest ab Mittag – nur eine überschaubare Anzahl von Ständen freuen. Die restlichen mussten sich mit dem bisschen Schatten begnügen, dass der eigene Pavillon hergab. Umso beliebter waren Erfrischungsgetänke. Am Stand des Afrikanisch-Deutschen Freundeskreis kam Petra Heuwind kaum mit dem Zapfen von Ingwer-Ananassaft hinterher. Auch kalter, ungesüßter Hibuskustee, sorgte für Erfrischung. Neben einigen afrikanischen Tüchern, die man dort bekommen konnte, gab es vor allem Gespräche, denn Petra Heuwind ist nicht nur Vertreterin des Vereins, sie ist auch im Integrationsrat der Stadt Erkrath aktiv.
Teile der Erkrather Kommunalpolitik hatten es sich nicht nehmen lassen mit einem Stand am Fest teilzunehmen. Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke, SPD und CDU waren mit von der Partie. Die SPD lockte mit Popkorn und die CDU mit der Verlosung eines Fußballs und mit der Stimme von Syla Zabeli, der die Besucher mit einigen Liedern unterhielt. Auch einige Tanzdarbietungen gab es im Laufe des Tages von Großen und Kleinen Tänzern und die Festbesucher waren auch schon einmal gefordert mitzutanzen. Der Lila Lindwurm versammelte dann mittags Eltern und kleinere Kinder vor der Bühne, die ausgestattet mit verschiedenen Musikgeräten, zum Mitmachen aufgefordert waren. Die Hitze sorgte dafür, dass sich die Bänke vor der Bühne schon wieder etwas leerten, bevor der Programmpunkt beendet war. Eine noch recht junge, kleine Dame beeindruckte ganz allein auf der Bühne am Mikro mit beachtlicher Stimmstärke. Voicekid in Hochdahl.
Vertreten waren auch die Omas gegen Rechts, die Muslimas im Dialog, die IG Erkrath und die Damen von Heimat:Erde mit ihren Brotbeuteln, die an diesem Tag für den guten Zweck reißenden Absatz fanden. „Wir müssen dringen Nachschub produzieren“, sagte uns Petra Selle. Stoffspenden (Baumwolle, Leinen) für die nachhaltigen Brotbeutel, die aus ehemaligen Tischtüchern, Hemden, Bettlaken und ähnlichem entstehen, sind immer willkommen. Mit Ständen teilgenommen haben auch der Integrationsrat, die internationalen Frauen rund um Fatima Assila und ein ukrainischer Stand, dessen Erlös für die vom Krieg betroffenen Menschen gespendet werden soll. Auch einige Vertreter des iransichen Vereins Derafsh Kaviani waren an einem Stand zu treffen, die eine Theatergruppe aus Erkrath unterstützten. Am Stand der evangelischen Kirchengemeinde gab es Zuckerwatte für kleine Naschkatzen und auch die Diakonie war mit einem Stand vertreten.
Nachdenkliche Worte von Brecht, verlesen von Elke Nussbaum
Moderiert wurden die Programmpunkte, zum Teil abwechselnd, von Mohammed Assila und dem Integrationsratsvorsitzenden Azim Abromand. Neben vielen fröhlichen Programmpunkten gab es auch Nachdenkliches. So verlas etwa Elke Nussbaum ‚An die Nachgeborenen‘ von Berthold Brecht.
Bertolt Brecht ( 1898-1956), An die Nachgeborenen
I.
Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!
Das arglose Wort ist töricht. Eine glatte Stirn
Deutet auf Unempfindlichkeit hin. Der Lachende
Hat die furchtbare Nachricht
Nur noch nicht empfangen.
Was sind das für Zeiten, wo
Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist.
Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!
Der dort ruhig über die Straße geht
Ist wohl nicht mehr erreichbar für seine Freunde
Die in Not sind?
Es ist wahr: ich verdiene noch meinen Unterhalt
Aber glaubt mir: das ist nur ein Zufall. Nichts
Von dem, was ich tue, berechtigt mich dazu, mich sattzuessen.
Zufällig bin ich verschont. (Wenn mein Glück aussetzt, bin ich verloren.)
Man sagt mir: iß und trink du! Sei froh, daß du hast!
Aber wie kann ich essen und trinken, wenn
Ich dem Hungernden entreiße, was ich esse, und
Mein Glas Wasser einem Verdurstenden fehlt?
Und doch esse und trinke ich.
Ich wäre gerne auch weise.
In den alten Büchern steht, was weise ist:
Sich aus dem Streit der Welt halten und die kurze Zeit
Ohne Furcht verbringen
Auch ohne Gewalt auskommen
Böses mit Gutem vergelten
Seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen
Gilt für weise.
Alles das kann ich nicht:
Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!
II.
In die Städte kam ich zur Zeit der Unordnung
Als da Hunger herrschte.
Unter die Menschen kam ich zu der Zeit des Aufruhrs
Und ich empörte mich mit ihnen.
So verging meine Zeit
Die auf Erden mir gegeben war.
Mein Essen aß ich zwischen den Schlachten
Schlafen legte ich mich unter die Mörder
Der Liebe pflegte ich achtlos
Und die Natur sah ich ohne Geduld.
So verging meine Zeit
Die auf Erden mir gegeben war.
Die Straßen führten in den Sumpf zu meiner Zeit.
Die Sprache verriet mich dem Schlächter.
Ich vermochte nur wenig. Aber die Herrschenden
Saßen ohne mich sicherer, das hoffte ich.
So verging meine Zeit
Die auf Erden mir gegeben war.
Die Kräfte waren gering. Das Ziel
Lag in großer Ferne
Es war deutlich sichtbar, wenn auch für mich
Kaum zu erreichen.
So verging meine Zeit
Die auf Erden mir gegeben war.
III.
Ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut
In der wir untergegangen sind
Gedenkt
Wenn ihr von unseren Schwächen sprecht
Auch der finsteren Zeit
Der ihr entronnen seid.
Gingen wir doch, öfter als die Schuhe die Länder wechselnd
Durch die Kriege der Klassen, verzweifelt
Wenn da nur Unrecht war und keine Empörung.
Dabei wissen wir doch:
Auch der Haß gegen die Niedrigkeit
verzerrt die Züge.
Auch der Zorn über das Unrecht
Macht die Stimme heiser. Ach, wir
Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit
Konnten selber nicht freundlich sein.
Ihr aber, wenn es so weit sein wird
Daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist
Gedenkt unserer
Mit Nachsicht.
Alles in allem war es ein Tag, an dem die bunte Vielfalt sichtbar war und Gemeinsamkeit im Vordergrund stand.
Ich habe leider auch im Vorfeld nichts mitbekommen. Werbung für das Sommerfest am Hochdahler Markt das Wochenende darauf gab es reichlich.
Gegen 16:45 wunderte ich mich über Musik und Lautsprecher (Fenster zum lüften geöffnet) da war grade die Verabschiedung.
Sehr Schade ich wäre gerne gekommen, so mal es wirklich nur einmal mit dem Aufzug runter und über die Straße gewesen wäre.