Überschreiten wir 2024 bereits 1,5 Grad?

von Ria Garcia

Bild: Gerd Altmann / Pixabay

2023 war das wärmste Jahr seit Wetteraufzeichnung. 2024 soll, so warnt die Weltorganisation für Meterologie (WMO), noch heißer werden. Was bedeutet das für die Menschen in Erkrath. Wo sind die Hitzeinseln, die im Sommer unerträglich scheinen?

Im Planungsausschuss gab es am Dienstag einen Sachstand ‚Klimaschutzmanagement 2023‘. Auf neun DIN A4 Seiten sind der Tätigkeitsbericht zum Klimaschutz- und Klimaanpassungsmanagement 2023 sowie das Handlungsprogramm Klimaschutz für das Jahr 2024 aufgeführt. Es passiert also einiges, aber passiert genug in Sachen Hitzeschutz und vor allem: passiert es schnell genug? Auch der Hochwasserschutz scheint weniger schnell voranzukommen, als es für Erkrather, die 2021 von der Flut betroffen waren, wünschenswert wäre. Hier setzt die Stadt aktuell durch geänderte Gebühren beim Abwasser und Möglichkeiten diese durch eigene Maßnahmen zu reduzieren (siehe Seite 6 Punt 15 der Vorlage) vor allem auf die Initiative von Bürgern, damit mehr Regenwasser aufgenommen wird und nicht direkt in die Kanalisation fließt. Zuende behandelt wurde der Tagesordnungspunkt nicht. Aufgrund des spät (19 Uhr) angesetzten Ausschusses wird das Theme im nächsten oder übernächsten Ausschuss erneut auf die Tagesordnung gesetzt. Aber schauen wir vielleicht erst einmal auf das, was das Klima uns gerade beschert:

2023 war das wärmste Jahr seit Wetteraufzeichnung

Ganz aktuell wissen wir, dass die 1,5 Grad-Markte 2023 fast ‚gerissen‘ wurde. Der EU-Klimadienst Copernicus aus seinen Daten 1,48 Grad über dem Niveau vor der Industrialisierung (1850 bis 1900) für 2023 ermittelt. Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) geht von 1,45 Grad aus. Damit ist die 1,5 Grad-Marke in 2023 fast erreicht worden, aber – so warnt die WMO – 2024 könnte noch wärmer werden. Das sagt uns erst einmal nur, dass die 1,5 Grad Erwärmung im Jahresmittel erreicht oder überschritten werden könnte. Das sagt uns noch nicht wie viele Hitzetage es im Sommer geben wird, ob einmal mehr auch die 40 Grad erreicht werden könnten und ob uns weitere Starkregenereignisse bevorstehen. Der Leipziger Klimaforscher Haustein prognostiziert einem dpa Bericht zufolge, der bereits 2022 bei Geo.de veröffentlicht wurde: „In Europa wird die Anzahl der Hitzewellen in den kommenden Jahrzehnten weiter drastisch zunehmen.“

Bei Tagesschau.de titelt ein Bericht mit „Deutschland kann Klimaziel für 2030 erreichen“. Das sei die Prognose der Regierung. Habeck sieht das Land auf Kurs. Nun ist damit in erster Linie die Senkung der Treibhausgasemissionen gemeint. Inzwischen mag sich der eine oder andere fragen, wie schnell sich die Senkung dann tatsächlich auswirkt und wie hoch die Temperaturen im Jahresmittel bis dahin noch ansteigen werden.

Nun erwartet die WMO, dass 2024 möglicher Weise noch wärmer als 2023 wird. Die schon mehrmals deutlich über den für die Jahreszeit üblichen Temperaturen in diesem Jahr scheinen dafür zu sprechen. Vorsorge und Anpassung dürften künftig also noch wichtiger werden. Welche Auswirkungen Hitzperioden auf die Gesundheit haben, ist der Seite des Bundesgesundheitsministeriums zu entnehmen. „Die Anpassung an Klimaveränderungen ist zur Daueraufgabe geworden. Hitzeschutz ist Gesundheitsschutz„, wird Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach auf der Seite zitiert.

Was passiert in Erkrath zum Hitzeschutz?

Mit Klimaanpassungskonzepten versuchen Städte und Gemeinden den klimatischen Entwicklungen etwas entgegenzusetzen. Auch in Erkrath gibt es seit 2021 ein solches Klimaanpassungskonzept. Ein Klimaschutzkonzept gibt es für die Stadt bereits seit 2015. Im Tätigkeitsbericht der Verwaltung, der in der Vorlage 70/2024 im Ausschuss für Planung und Umwelt enthalten ist, widmen sich zwei DIN A4 Seiten der Klimaanpassung. Unter Punkt 12) heißt es darin:

Mikroskalige Simulationen bei größeren Bauvorhaben (KlAK 1.1)
Diese Maßnahme sieht neben Starkregensimulationen auch mikroskalige Analysen zur Hitzevorsorge
vor.
Im ergänzenden Ratsbeschluss vom 22.02.2022 (Vorlage 20/2022) wurde die Umsetzung der Maßnahme in Bezug auf Hitzevorsorge konkretisiert. Demnach sind bei allen Bauleitplanungen für Flächen, die in der Planungshinweiskarte Stadtklima Nacht oder Tag als solche mit „Sehr hoher“ oder „Hoher“ bioklimatischer Bedeutung gekennzeichnet sind, modellgestützte Detailgutachten zu erstellen. Diese sollen die Auswirkungen von Planungen auf das Kleinklima bzw. gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse in Erkrath darstellen und ggf. Hinweise zur Optimierung geben. Dies gilt dem Beschluss nach auch für bereits beschlossene Bebauungspläne und insbesondere für solche, bei denen die Stadt über eine mögliche Änderung des Bebauungsplanes bzw. als Grundstückseigentümerin noch Einfluss ausüben kann.
Für größere Bauvorhaben und bei der Erstellung oder Änderungen von Bebauungsplänen sollen die Auswirkungen eines Starkregenereignisses simuliert und überprüft, wie sich die Abflüsse im Planbereich ausbilden und welche Einflüsse es auf die umgebenden Bestandgebiete geben könnte. Die Überflutungsgefährdung wird für diese Bereiche durch geeignete Maßnahmen verringert bzw. verhindert.
Eine Gefährdung der umgebenden Bestandsgebebiete durch die Neuversiegelung ist zwingend zu vermeiden. Die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung sind, wie bei der Hitzevorsorge, zu gewährleisten. Die Modellierung potenzieller Auswirkungen bei Starkregenereignissen wurde bei den städtischen Bauvorhaben Campus Sandheide und Gymnasium Neandertal durchgeführt. Im Falle des Campus Sandheide führten die Ergebnisse zu einer Anpassung der Planung zur Verbesserung der Überflutungsvorsorge.
Nach verwaltungsinterner Absprache liegt nun seit August 2023 eine Handreichung für Bauvorhaben Dritter für die Erstellung modellgestützter Detailgutachten für die Bereiche Stadtklima und Starkregenvorsorge vor. Nach diesem wurden bei den Bauvorhaben H60 – Genossenschaftliches Wohnen Schmiedestraße und E39 – Steinhof-Süd von den Investoren beauftragte Modellierungen zur Starkregengefährdung durchgeführt. Anhand der Ergebnisse der Gutachten können Anpassungen der Planungen der Bebauung und der Gestaltung der Oberfläche sowie bauleitplanerische Festsetzungen erfolgen.

Auf Seite 41 des Klimaanpassungskonzepts findet sich eine Karte, der die Flächen mit ‚Sehr hoher‘ oder ‚Hoher‘ bioklimatischer Bedeutung zu entnehmen sind. Sowohl Erkrath-Nord samt der Fläche, auf der das neue Gymnasium gebaut werden soll, also auch die sogenannte Hasenwiese (Schmiedestraße) sind mit sehr hoher und die Neanderhöhe mit hoher bioklimatischer Bedeutung gekennzeichnet, weshalb Teile der Kommunalpolitik wie auch Bürger gegen die Bebauung waren. Im letzten Satz unter Punkt 11) der Vorlage 70/2024 heißt es: „Anhand der Ergebnisse der Gutachten können Anpassungen der Planungen der Bebauung und der Gestaltung der Oberfläche sowie bauleitplanerische Festsetzungen erfolgen.“ Ob auf ‚können‘ auch ‚werden‘ folgt, bleibt bleibt in dieser Formulierung unklar.

„Nach unserem Kenntnisstand ist die mikroskalige Simulationen für keines dieser Bauvorhaben gemacht worden. Der Einfluss der Bauvorhaben auf die Kaltluftschneisen ist damit nicht klar. Die Stadt verstößt hier permanent gegen gefasste Beschlüsse“, sagt uns Peter Knitsch von den Grünen dazu. Bei größeren Bauvorhaben hätten, so Knitsch, in wesentlichen Punkten wirtschaftliche Interessen Vorrang. Lobend erwähnt er hingegen das Engagement von Kristian Kuylaars (Fachbereichsleiter Umweltschutz · Klimaschutz) und Lena Brümmer aus dem Fachbereich Klimaschutz.

Kritik gab es im Ausschuss im Wesentlichen daran, dass es für den Bereich Klimaschutz und Klimaanpassung zu den Konzepten keinen wirklichen Maßnahmenplan „keinen Fahrplan“ gibt, nicht erfasst wird, wie hoch die Reduktion von CO2 der einzelnen Maßnahmen ist, so das niemand so genau weiß, was die einzelnen Maßnahmen bringen. Die weitere Diskussion in einem der nächsten beiden Ausschüsse dürfte also noch spannend werden.

Hitzevorsorge in Erkrath?

Zur Hitzevorsorge in den Innenstädten wird in der Vorlage das Aufstellen von Stadtbäumen in Kübeln benannt. 16 davon am Bavierplatz in Alt-Erkrath und vier am Neuenhausplatz in Unterfeldhaus. Viel Schatten können diese vergleichsweise kleinen Bäume wohl nicht spenden und sehr viel größer können sie in Kübeln wohl auch nicht werden. Das aufgeführte ‚Refill‘ Programm, an dem insgesamt 18 Händler und Büros teilnehmen und bei dem Bürger sich im Sommer kostenlos ihre Wasserflaschen auffüllen können, mag da bei Hitze nur ein kleiner Trost sein.

So richtig gut vorbereitet auf die weitere Erderwärmung und mehr Hitzeperioden scheint Erkrath nicht zu sein, auch wenn Celeste Saulo (Chefin der WMO) bei der Veröffentlichung des abschließenden Berichts über den Zustand des Weltklimas 2023 von ‚Alarmstufe Rot‘ sprach (Quelle: dw.com).

Was sind für Euch die heißesten Plätze in Erkrath?

Wir meinen natürlich nicht Clubs und Bars, sondern versiegelte Flächen, auf denen man es im Sommer kaum aushält. Schreibt uns unter Kommentare Eure heißesten Orte und wie ihr im Sommer mit der Hitze umgeht, wohin ihr Euch in den Schatten oder ins Kühle flüchtet.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*