Stürmischer Neujahrsempfang

Christian Untrieser beim Neujahrsempfang der Erkrather CDU. Foto: RG

Am vergangenen Sonntag hatte die CDU zum Neujahrsempfang geladen. Trotz nahendem Sturmtief ‘Sabine’ fanden sich rund 90 Gäste ein.

Die Reden des Tages waren dann doch eher nachdenklich, als stürmisch. Christian Untrieser begrüßte die Gäste aus Politik, Verwaltung und Organisationen im Rosenhof Hochdahl und erklärte, dass es zum diesjährigen Neujahrsempfang drei Änderungen gegeben habe. Die erste Änderung betraf die Räumlichkeit. ‘Am Zault’, dem Veranstaltungsort der vergangenen Jahre, war kein ausreichend großer Raum verfügbar, sodass man sich entschlossen habe ‘in die Mitte Erkraths’ zurückzukehren. Die zweite Änderung war eine Einladung an Vereine. “Ich freue mich, dass Sie dieser Einladung so zahlreich gefolgt sind”, blickt er sich um und es waren viele bekannte Gesichter aus dem Vereinsleben, vom Naturschutz bis hin zur Kunstszene und sozialen Organisationen. “Ihr Engagement macht das Leben in unserer Stadt so lebenswert.” Auf die dritte Neuerung wollte er dann später zurückkommen.

Gedanken zu den 20er Jahren

Es sei ein wenig spät für einen Neujahrsempfang, aber nicht zu spät allen ein gutes neues Jahrzehnt zu wünschen. Untrieser kommt auf die ‘goldenen 20er’ vor 100 Jahren zu sprechen, darauf, dass sie im Grunde nicht so ‘golden’ waren. Spätestens an dieser Stelle wurden die Worte nachdenklicher, erinnerten an die Demokratie vor der Weltwirtschaftskrise, daran dass das ‘Klima’ rauer wurde und die Nationalsozialisten stärker. Er sprach von der Verwilderung des politischen Lebens und den Kämpfen zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten.

Geschickt lenkte Untrieser den Blick wieder auf die Gegenwart, auf Bürgermeister, die den großen Waffenschein beantragen oder gar nicht erst wieder zu Wahl antreten, weil sie sich und ihren Familien bedroht sehen. Er sprach die rauher gewordene Sprache in der Gesellschaft an, die vor allem im Internet, in Facebook spürbar sei, wie man vor nicht allzu langer Zeit auch im Forum Erkrath bemerken konnte. Es läge in unserer Verantwortung, wie wir uns austauschen. Es sei unsere Demokratie. “Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf Deine Worte, denn sie werden Taten. Achte auf Deine Taten, denn sie werden Dein Schicksal”, zitiert er frei.

Die Herausforderungen einer Stadt

Auch die Rede von Christoph Schultz enthielt Nachdenkliches. Wenn er auch nach einem kurzen Ausflug zu politischen Themen im In- und Ausland- wie die Tatsache, dass Trump den Prozess gewonnen habe und was gerade in Thüringen geschehen sei- den Blick auf die Stadt Erkrath richtete. “Ich bewege mich als Bürgermeister im engen Spannungsfeld zwischen Bürger, Stadtrat, Kommunalaufsicht und Kämmerer”, erklärt er und ergänzte, dass seine Situation glücklicher Weise nicht mit den Bürgermeistern zu vergleichen sei, die Christian Untrieser erwähnte. Er spricht davon, wie er versuche mehr Spielraum zu schaffen, während gleichzeitig desolate Schultoiletten, die Schaffung von Kindertagesplätzen oder Straßensanierungen gefordert seien. “Wir haben in den vergangenen vier Jahren 27 Millionen Euro investiert und werden in den kommenden vier Jahren die dreifache Summe investieren”, spricht er von den Aufgaben der Stadt. Zu den anstehenden Projekten gehören etwa der Kita Neubau, die Grundschule im Campus Sandheide oder das Forum Sandheide. Er erinnert an abgeschlossene Projekte, wie das neue Jugendcafé oder das Feuerwehrgerätehaus. “Bürger wünschen sich zuerst einmal etwas direkt vor ihrer Türe, aber die Stadt besteht aus uns allen”, beschreibt er die Herausforderung, allem gerecht zu werden. “Eine Stadt lebt davon Konflikte überparteilich zu lösen. Auch hier in Erkrath”, spricht er auch das nötige Zusammenspiel von Rat und Verwaltung an. Schultz spricht auch von der Gefahr des Populismus, davon dass der Kompromiss entwertet werde, den eine Stadt aber dringend benötige.

Alle guten Dinge sind Drei

Nach so vielen nachdenklichen Worten wartete Christian Untrieser dann schließlich mit der dritten Neuerung auf. Zum Neujahrsempfang hatte die CDU auch zwei junge Erkrather Talente eingeladen, die in diesem Jahr bei ‘Jugend musiziert’ gepunktet hatten. Jessica Siying Li und Sophia Amelingmeyer entführten an diesem stürmischen Sonntagmorgen mit ihrem wundervollen Klavierspiel die Gäste für kurze Zeit wieder auf die schönen und positiven Seiten unserer Gesellschaft. Den Anfang machte Jessica Siying Li, bevor die dritte Rede folgte. Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bauen und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen war zu Gast beim Neujahrsempfang.

“Heute morgen um halb zehn habe ich Christian Untrieser angerufen und gefragt, ob er den Neujahrsempfang absagt oder ob er stattfindet. Er sagte er lässt es darauf ankommen und jetzt finde ich hier einen so wunderbar vollen Saal vor”, begrüßte sie die Gäste, bevor auch sie viele nachdenklich stimmende Worte fand. ‘Einigkeit und Recht und Freiheit’ beginnt sie mit Fallersleben, der diesen Text einst auf Helgoland schrieb und sich damals nichts mehr als Rechtsstaatlichkeit und Freiheit wünschte. Fallersleben ist in Corvey im Kreis Höxter begraben. Dort war er zuletzt Bibliothekar, führte sie weiter aus.

Scharrenberg sprach auch über Thüringen und das dortige Geschehen um die Wahl des Ministerpräsidenten, stellte Sinnfragen, wie “Warum finden es die Menschen spannend zu trennen, wo wir doch eigentlich nur in der Verbindung stark seien können?” Damit knüpfte sie an das Kompromissthema von Christoph Schultz an und auch griff den rauer gewordenen Ton auf, den schon Untrieser in seiner Rede zum Thema machte. “Wir konzipieren gerade eine Respekt-Kampagne”, berichtete sie aus dem Land. Geschickt sprang sie von Zitaten aus Goethes Faust zu dem, was die Landesregierung aus CDU und FDP während dieser Amtszeit bereits umgesetzt hat oder plant. “Gesetze machen frei in einem schützenden Rahmen”, kam sie auf die Gesetzgebung im Land zu sprechen und versuchte einige unpopuläre Entscheidungen, wie die verabschiedete Änderung zu Straßenbaubeiträgen oder den Ausstieg aus der Braunkohle zu erklären. Sie verband es mit der Frage nach dem Allgemeinwohl und wie man diesem in der Politik gerecht werden müsse. Sie betonte, dass die Landesregierung das Allgemeinwohl und auch die Interessen von Minderheiten im Blick haben müsse. Den Begriff Klimanotstand lehne sie ab und erklärt, dass viele ältere Menschen eben noch wissen, was ein echter Notstand sei.

Die Ministerin war gut vorbereitet und machte die Zuhörer darauf aufmerksam, das die ‘Digitale Welt’ keine Rauchwolken auslöse, aber das eine einzige Suchanfrage bei Google 7g CO2 produzieren würde und eine Kanne Tee zu kochen 14g CO2. Das menschliche Gehirn benötige indes 20 Watt.

Nichts ist umweltfreundlicher als das eigene Denken

“Nichts ist umweltfreundlicher als das eigene Denken”, gab sie den wichtigen Denkanstoß nicht alles zu glauben, was einem in den sozialen Medien vorgesetzt wird. “Wie viele von Ihnen lesen noch eine Zeitung?”, fragte sie die Gäste. Kurz zählte sie durch und kommentierte, dass sei noch ein guter Schnitt. Es sei wichtig zu fragen ‘kann das stimmen’ und sich aus verschiedenen Quellen eine Meinung zu bilden. Und dann lobte sie noch das Engagement der Vereine, der Menschen die sich engagieren und merkt an, dass es immer auch die gäbe, die auf dem Sofa säßen und denen ‘auf der Bühne’ sagen wollten, was sie zu tun hätten.

Nach einem kurzen Ausflug zur Verkehrswende und dem, was die Landesregierung dazu noch auf den Weg bringen will, wünschte sie den Gästen ein gutes, gesundes und gesegnetes Jahr 2020 und vor allem viel ‘kreative Gelassenheit’.

Kommentar:

Bei all den nachdenklich gestimmten Worten während des Neujahrsempfangs der Erkrather CDU ahnte noch niemand, dass Annegret Kramp-Karrenbauer am Folgetag ihren Rückzug als Parteivorsitzende bekannt geben würde. Man kann der CDU nur ein ‘glückliches Händchen’ bei der Bestimmung ihrer Nachfolge wünschen, denn nichts wäre fataler, als ein Kandidat der nicht in der Lage ist ‘zu vereinen’, der weder in der Bevölkerung noch in der eigenen Partei die Akzeptanz findet, die nötig wäre, um in stürmischen Zeiten Stabilität zu signalisieren.

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