Spatz und Engel – Einfach nur genial

von Timo Kremerius

Spatz und Engel. Foto: © Helmut Seuffert

Nachdem im April 2020 das Schauspiel mit Musik ‘Spatz und Engel’ wegen Corona ausgefallen war konnte sich das Erkrather Publikum glücklich schätzen, dass es am Mittwoch endlich nachgeholt wurde.

Aus der offiziellen Ankündigung des Kulturbüros der Stadt Hamm: Die Eine stammt aus einer angesehenen preußischen Offiziersfamilie, die Andere ist das Kind eines Zirkusakrobaten und einer Kaffeehaus-Sängerin. Die Eine wächst in gutbürgerlichen Verhältnissen auf und genießt die beste Erziehung, die Andere wird vernachlässigt und muss schon als Siebenjährige auf der Straße auftreten. Beide waren auf der Suche nach der großen Liebe und hatten Affären, die Eine heiratete einmal, die Andere zweimal. Beide hatten eine Tochter, doch nur ein Mädchen überlebte.
Die eine stirbt mit 91 Jahren und ist der größte Star, den Deutschland je hervorgebracht hat. Die Andere wird gerade einmal 47. 40.000 Menschen folgen ihrem Sarg – Frankreich in Staatstrauer.
Zwei ganz Große des Showbusiness – und zwei enge Freundinnen. 1948 begegnen sich Édith Piaf, der „Spatz von Paris“ und Marlene Dietrich, der „blaue Engel“, erstmals in New York. Und obwohl scheinbar so gegensätzlich, verbindet die beiden mehr, als es auf den ersten Blick scheint. Bis zu Piafs frühem Tod pflegen sie eine intensive Freundschaft – weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit.
Die wunderbaren Songs von Marlene und Édith, darunter die populären Hits wie „La vie en rose“, „Frag nicht, warum ich gehe“, „Milord“, „Sag mir, wo die Blumen sind“ oder „Non, je ne regrette rien“ sind ebenso zu hören wie weniger bekannte Kostbarkeiten. Sie bilden den roten Faden und machen diesen Theaterabend zu einem eindrücklichen Erlebnis. 
Susanne Rader erweckt überzeugend die kühle Blondine Dietrich zu neuem Leben, Heleen Joor den zierlichen emotionalen Wirbelwind Piaf. Regisseur Daniel Große Boymann inszeniert die Zeitreise mit viel Fingerspitzengefühl und zeigt das Gegensatzpaar fein chargierend zwischen Lebenslust und Lebensschmerz.

Mit freundlicher Genehmigung des Kulturbüros der Stadt Hamm.

Voller Spannung erwartete das Publikum am Mittwoch das Schauspiel mit Musik ‘Spatz und Engel‘ in der Erkrather Stadthalle. Nachdem beide Künstlerinnen ihren ersten Song zusammen sangen, wusste das Publikum, dieser Abend wird ihnen noch lange im Gedächtnis haften bleiben. Nicht nur, dass die Zuschauer mit den Ohrwürmern der Beiden verzaubert wurden, auch schauspielerisch glänzten die beiden Hauptdarstellerinnen des Stückes. Wenn man bei den Liedern die Augen schloss, hatte man sogar einen hohen Wiedererkennungswert.

Susanne Rader als Marlene und Heleen Joor als Edith waren einfach genial. Marlene mit ihrem lockeren Berliner Mundwerk und die immer aufgekratzte, überschäumende Edith rockten die Stadthalle. Hier müsste man fast „chansonierten“ die Halle sagen. Bei einer kleinen Befragung der Zuschauer nach ihrem Eindruck wurden nur Superlative genannt. Von genial über Gänsehaut erzeugend und ergreifend fehlte keine Einordnung. Zu Recht. Die Zuschauer erlebten den Beginn einer langen Freundschaft, aber auch erotischen Beziehung zwischen Marlene und Edith. Zwei Frauen die unterschiedlicher nicht sein konnten. Marlene strukturiert und gradlinig und Edith, wenn man es locker sieht, ein wenig durchgeknallt. Man muss natürlich auch feststellen, dass Edith eine ganze Reihe Schicksalsschläge verkraften musste. Dazu gehörte ihre große Liebe die bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, ein Verkehrsunfall mit bleibenden Schäden. Die Folge davon war eine Alkohol- und Tablettenabhängigkeit. Dadurch wurde das liebevolle Verhältnis von Marlene und Edith doch massiv gestört.

Marlene und Edith in der Krise ihrer Freundschaft. Foto: © Helmut Seuffert

Beide Schauspielerinnen spielten ihren Part hervorragend überzeugend und sehr ergreifend. Bei Marlenes Lied „Sag mir, wo die Blumen sind“ stockte einem der Atem, wie aktuell es war. Besonders ans Herz ging, als Edith auf Ihrem Krankenbett das Lied „Non, je ne regrette rien“ sang. Man musste sich schon zusammenreißen, um kein Tränchen zu vergießen. Wobei man merkte, dass Edith mit ihrer kraftvollen und temperamentvollen Stimme in der Beliebtheitsskala Marlene mit ihrer ruhigen und besonnenen Art ein klein wenig toppte. Trotzdem waren beide Chansonetten Susanne Rader (Marlene) und Heleen Joor (Edith) spitze, halt sehr unterschiedlich und der Zuhörer hätte vor Begeisterung fast vergessen, dass hier nicht die Originale sangen.

Marlene und Edith als Geist im Zwiegespräch in Marlenes Pariser Wohnung.
Foto: © Helmut Seuffert

Man muss feststellen, dass das Schauspiel mit Musik ‘Spatz und Engel’ das Beste war, was die Zuschauer in der Stadthalle seit langem gesehen haben. Waren alle anderen Veranstaltungen gut oder sehr gut und alle auf jeden Fall unterhaltsam, so war ‘Spatz und Engel‘ doch im Bereich von großartig anzusiedeln. Dafür kann man dem Kulturamt nur danken. Alle 250 Zuschauer waren begeistert und dankten es den Darstellern mit Klatschmarsch,  Standing Ovations und was man nicht allzu oft hört Bravorufen. Verdienterweise. Die Hartnäckigkeit der Zuschauer sensibilisierten die Chansonetten jeweils zu einer musikalischen Zugabe, die vom Publikum dankbar angenommen wurden. Ein denkwürdiger Abend der noch lange im Gedächtnis haften bleiben wird ging zu Ende.

Demnächst: Am Donnerstag, dem 13.04.23 präsentiert das Kulturamt Erkrath den Kabarettisten Wolfgang Trepper mit seinem neuesten Programm. Die Abteilung Kultur der Stadt verschickt die Karten auch kostenfrei nach Hause. Telefon 0211 240740 09.

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