Sommerinterview: Uli Schimschock

von Ria Garcia

Uli Schimschock. Foto: privat

Die Kommunalpolitik hat Sommerpause. Wir haben die Gelegenheit genutzt und einige Fragen an die Politiker gerichtet. Heute im Interview: Uli Schimschock, fraktionsloses Ratsmitglied.

Baustellen auf Erkraths Straßen, Baustellen bei der Bahn:
Während der kompletten Sommerferien fahren weder die S 8 noch die S 28. Gleichzeitig erschweren Baustellen während der Ferienzeit Pendlern den Weg zur Arbeit.

Redaktion: Was sagen Sie in dieser Situation frustrierten Pendlern zur Mobilitätswende?

Uli Schimschock: Die Bauarbeiten sind nötig und finden glücklicherweise während der Ferienzeit statt. Der Umbau des Bahnhofs Gerresheim wurde schon vor 15 Jahren geplant und ist für die S28 die Beseitigung eines Nadelöhrs, da bald zwei Gleise im Bahnhof Gerresheim zur Verfügung stehen. Ich empfehle derzeit den Pendlern, die mit dem Auto fahren, möglichst viele Wege mit dem Rad zurückzulegen. Das Wetter ist gut und bis 5 Kilometer Entfernung ist der Zeitverlust kaum spürbar. Außerdem gibt es für den Radverkehr mehr Fahrmöglichkeiten, insbesondere auch über Feldwege im Grünen.

Steigende Mieten:
Bezahlbarer Wohnraum ist knapp und wird mit dem weiteren Wegfall von Sozialwohnungen noch knapper. Aber nicht nur Kaltmieten sind ein Problem. Steigende Energiekosten treiben auch die Nebenkosten in die Höhe.

Redaktion: Mit welchen Maßnahmen würden Sie kurz bis mittelfristig dafür sorgen, dass mehr bezahlbarer Wohnraum entsteht?

Uli Schimschock: Wohnraum wird immer teurer weil damit auch spekuliert wird. Er ist sehr ungleich verteilt, es gibt vierköpfige Familien, die mit 70 qm auskommen müssen und Alleinstehende, die auf 120 qm wohnen. Diese Ungleichheit zu mindern müßte auch Aufgabe staatlicher Stellen sein. Die vermeindliche Lösung zusätzlichen Wohnraum durch Neubauten auf der grünen Wiese zu beschaffen ist nicht nachhaltig und deswegen lehne ich dies ab. 

Grundsteuer:
Erkrath hat aufgrund einer Mehrheitsentscheidung auf eine Grundsteuererhöhung verzichtet, die Nachbarstädte – wie etwa Mettmann – bereits vorgenommen haben. Statt dessen wurde ein freiwilliges Haushaltssicherungskonzept beschlossen, für dessen Realisierung eine Beratungsgesellschaft ein Gutachten erstellen soll, das Sparpotentiale aufzeigt.

Redaktion: Wo sehen Sie die meisten Sparpotentiale in der Stadt?

Uli Schimschock: Verzicht auf den Neubau des Gymnasiums und der Feuer- und Rettungswache Cleverfeld. Wir können uns diese Leuchtturmprojekte weder finanziell noch ökologisch leisten.

Redaktion: Kann die Stadt ohne Grundsteuererhöhung in den nächsten Jahren einen ausgeglichenen Haushalt erreichen?

Uli Schimschock: Nein, kann sie nicht. Ich habe bei den Haushaltsberatungen dazu Stellung genommen und bin für eine Erhöhung der Grundsteuer B. Diese Steuer, schaut man sie sich genauer an, enthält soziale und ökologische Komponenten. Wer in einem Mehrfamilienhaus lebt zahlt weniger und nutzt weniger versiegelte Fläche als derjenige in einem Einfamilienhaus. 

Steigende Energiepreise, Engpass beim Gas:
Gas wird knapp und möglicher Weise zum ‚Druckmittel‘ im Ukrainekrieg. Laut Medienberichten werden Zweidrittel der Haushalte in Deutschland mit Gas beheizt.

Redaktion: Wie kann Erkrath in Zukunft unabhängiger von steigenden Energiepreisen werden?

Uli Schimschock: Der Weg ist klar, nur durch schnellen und massiven Ausbau regenerativer Energie wird sich die Preisfrage entspannen. Wir haben in Erkrath jede Menge freie Dachflächen für PV-Anlagen, wieso sind die noch nicht bestückt? Hier haben die vergangenen Bundesregierungen mit ihrer Energiepolitik total versagt, nun wird es schwer diese Versäumnisse aufzuholen. Darüber hinaus ist die Einsparung von Energie sehr wichtig und dabei spielt natürlich der Preis eine Rolle, ist er niedrig wird kaum gespart, insofern ist ein hoher Energiepreis Anreiz das Verhalten zu ändern.

Fachkräftemangel:
Seit Jahren ist der ‚Fachkräftemangel‘ Thema. Aktuell auch in der Stadtverwaltung. Unbesetzte Ingenieurstellen erfordern möglicher Weise eine Prioritätensetzung bei geplanten Baumaßnahmen. Aber auch in vielen anderen Bereichen der Verwaltung oder bei Erziehenden und Mitarbeitern in der Sozialarbeit könnte es künftig kritisch werden.

Redaktion: Was schlagen Sie vor, damit die Stadt als Arbeitgeber attraktiver wird?

Uli Schimschock: Anhebung der entsprechenden Stellen im Stellenplan, für gute Arbeit muss gutes Geld fließen.

Redaktion: Welche Maßnahmen sollte die Stadt kurz- und mittelfristig ergreifen, um offene Stellen besetzen zu können?

Uli Schimschock: Die Stadt Erkrath ist eigentlich sehr attraktiv, sie müßte damit mehr als bisher werben. Es müßte auch möglich sein unbesetzte Stellen ggf in einer Viertagewoche zu besetzen. Gerade junge Leute wünschen sich etwas mehr Freizeit, ein Dreitagewochenende könnte hier die Attraktivität steigern. Flexiblere Arbeitszeiten mit höherem Anteil digitaler Tätigkeit von Zuhause wäre ebenfalls ein mögliches Angebot.

Stadtweiher:
Der Anstauversuch ist bis November verlängert worden.

Redaktion: Wie soll es Ihrer Meinung nach mit dem Stadtweiher weitergehen?

Uli Schimschock: Der Stadtweiher sollte, wenn möglich, die alte Wasserfläche wieder erreichen. Allerdings nicht um jeden Preis. Wichtig ist eine Abschätzung der ökologischen Bedingungen. Es kann durchaus sein, das eine kleinere Wasserfläche einen ökologischen Mehrwert darstellt, dann wäre diese Variante anzustreben.

Persönliches Anliegen:

Redaktion: Welches Thema liegt Ihnen persönlich in Bezug auf die Stadt aktuell am meisten ‚auf dem Herzen‘? (Erklären Sie warum.)

Uli Schimschock: Mir liegt die “nachhaltige Stadt” sehr am Herzen. Betrachtet man diese Welt aus den Augen der nächsten Generationen sieht es übel aus. Meine Generation, ich bin jetzt 67 Jahre alt, hat in Saus und Braus gelebt. Anstatt frühzeitig die Ressourcen nachhaltig zu nutzen haben wir konsumiert “auf Teufel komm raus”. Jetzt entdecken wir langsam die Versäumnisse der Vergangenheit und sehen uns gezwungen massiv “auf die Bremse zu treten”. Das müssen wir auch, ansonsten wird es für unsere Kinder und Enkel mehr als ungemütlich. Deshalb setze ich auf die Bereitschaft vieler Menschen endlich andere Wege zu gehen, darin liegen m.E. mehr Chancen als Risiken.

1 Kommentar

  1. Danke für das sehr interessante Interview. Er hat recht. Die Stadt Erkrath tut gut daran, ihre Ressourcen auf die Daseinsvorsorge zu focussieren.
    Das wären:
    1.Die Energie Versorgung durch die Stadtwerke vom Gas zu lösen.
    2.Den Hochwasser Schutz massiv verbessern.
    3.Die Wasser Versorgung durch eigene Speicher (z. B. Kalkstein Tagebau Neandertal) auch für längere Dürren sicherstellen.
    4. Das Stromnetz in Tallagen gegen Hochwasser härten. Das das Umspannwerk von Alt Erkrath direkt neben der Düssel steht, ist extrem riskant. Direkt an Nordbahnhof/A3 unterhalb der Hochspannungsleitung ist eine Freiflächen, wohin diese verlegt werden könnte.

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