Sommerinterview: Detlef Ehlert

von Ria Garcia

Detlef Ehlert / Foto: Tanja Bamme

Die Kommunalpolitik hat Sommerpause. Wir haben die Gelegenheit genutzt und einige Fragen an die Politiker gerichtet. Heute im Interview: Detlef Ehlert, Fraktionsvorsitzender der SPD.

Baustellen auf Erkraths Straßen, Baustellen bei der Bahn:
Während der kompletten Sommerferien fahren weder die S 8 noch die S 28. Gleichzeitig erschweren Baustellen während der Ferienzeit Pendlern den Weg zur Arbeit.

Redaktion: Was sagen Sie in dieser Situation frustrierten Pendlern zur Mobilitätswende?

Detlef Ehlert: Es ist ärgerlich, dass sich offenbar die verschiedenen ‘Baulastträger’, also die für die verschiedenen Straßen- und Schienenwege verantwortlichen Behörden und Stellen, nicht oder nicht im Ergebnis besser für die auf ihre Leistungen angewiesenen Bürgerinnen und Bürger abstimmen. Auch wenn es richtig ist, derartig umfassende Arbeiten in die Ferienzeit zu verlegen, häuft sich das in unserem Falle schon sehr heftig. Vor allem aber bewundere ich das Geschick der Pendlerinnen und Pendler und der anderen Fahrgäste der Bahn, mit dem sie ihre Wege zur Arbeit oder zum Einkaufen usw. auch so ‘hinkriegen’.

Steigende Mieten:
Bezahlbarer Wohnraum ist knapp und wird mit dem weiteren Wegfall von Sozialwohnungen noch knapper. Aber nicht nur Kaltmieten sind ein Problem. Steigende Energiekosten treiben auch die Nebenkosten in die Höhe.

Redaktion: Mit welchen Maßnahmen würden Sie kurz bis mittelfristig dafür sorgen, dass mehr bezahlbarer Wohnraum entsteht?

Detlef Ehlert: DAS Instrument der Stadt dafür ist das Bereitstellen von Bauland. Wie schwierig das politisch ist, jedenfalls in Erkrath, zeigt sich an dem Hickhack um den Wimmersberg. Alle reden von der Förderung des Wohnungsbaus, aber hier wurden aus der Politik ständig neue Forderungen gestellt, die das Verfahren hinauszögerten, schließlich wurden die Baupläne von Corona- und Ukraine-Krise eingeholt. Wir wünschen uns, dass die ca. 700 Wohneinheiten dort, davon mindestens 20 % als Sozialwohnungsbauten und weitere preisreduzierte Wohnungen, bald als Klima-Vorzeigeprojekt gebaut werden können. Ohne die von der SPD geforderte Weiterentwicklung des Stadtentwicklungskonzepts und eine damit verbundene Gesamtbetrachtung etwaiger neuer Bauflächen hat der Stadtrat praktisch alle Weiterentwicklungsmöglichkeiten in Erkrath eingestellt, indem alle potentiellen künftigen Siedlungsflächen eingestampft wurden. Eine Ausnahme ist Alt-Erkrath-Nord zwischen dem Neubau des Gymnasiums dort und dem Nordbahnhof. Das Gelände hat die Stadt kürzlich zwar zu Baulandpreisen gekauft, aber jetzt wird eine Bebaubarkeit auch an der Stelle wieder grundsätzlich in Frage gestellt.

Im Übrigen unterstützt die SPD, dass die Stadt selbst in Unterfeldhaus Am Maiblümchen 12 Sozialbauwohnungen errichtet und wir unterstützen das Mehrgenerationenwohnprojekt der Initiative in Millrath, die neben der Schule ebenfalls auch sozial geförderte Wohnungen bauen will. Und wir begrüßen die Vorhaben zum Beispiel der Wohnungsbaugenossenschaft Erkrath, die in Alt- Erkrath ihre Wohnungsbestände auf bebauten Grundstücken erweitern und verdichten will.

Grundsteuer:
Erkrath hat aufgrund einer Mehrheitsentscheidung auf eine Grundsteuererhöhung verzichtet, die Nachbarstädte – wie etwa Mettmann – bereits vorgenommen haben. Statt dessen wurde ein freiwilliges Haushaltssicherungskonzept beschlossen, für dessen Realisierung eine Beratungsgesellschaft ein Gutachten erstellen soll, das Sparpotentiale aufzeigt.

Redaktion: Wo sehen Sie die meisten Sparpotentiale in der Stadt?

Detlef Ehlert: Die Frage würde ich zunächst gern ‘umdrehen’, denn Sparen ist kein Selbstzweck. Die Stadt hat Aufgaben der Daseinsvorsorge zu erfüllen, um für die Menschen wie für die Wirtschaft ein lebenswerter Lebens-, Wohn-, Bildungs-, Sozial-, Arbeits- und Erholungsraum zu sein und zugleich klimafreundlich zu agieren und das alles zu bezahlen und auch finanzierbar zu gestalten.

Erkrath – Rat und Verwaltung – versuchen dem Anspruch zu genügen, schaffen es aber nicht, die kommunale Infrastruktur kann nicht ausreichend erhalten oder gar schnell genug erneuert werden – Feuerwehr, Schulen, Straßen, Brücken als Beweis – und zusätzlich sind immer neue Aufgaben zu erfüllen, wie z.B. Betreuungsplätze für alle Kinder und neu demnächst Ganztagsanspruch für alle Kinder in der Schule.

Die Standards dieser Leistungserfüllung, also die Art und Weise, wie wir Betreuung und Erhaltung all der Belange sicherstellen, können wir nicht senken, sondern allenfalls die Leistungen, wenn denn überhaupt gesetzlich erlaubt, streichen. Wollen wir die Jugendmusikschule abschaffen, wollen wir die Erkrather Klimaschutzbeauftragten kündigen, wollen wir die Angebote der Ganztagsgrundschule oder der Verlässlichen Schule einfrieren oder zurückfahren und die Angestellten dafür entlassen?

Objektiv ist es so, dass die Stadt nennenswert nur beim Personal sparen könnte – um den Preis der Leistungserstellung und der Kündigung von Arbeitsverhältnissen. Das lehnen wir von der SPD grundsätzlich ab.

Redaktion: Kann die Stadt ohne Grundsteuererhöhung in den nächsten Jahren einen ausgeglichenen Haushalt erreichen?

Detlef Ehlert: Nein. Wir müssen und wir wollen die Leistungen erbringen, also müssen wir sie auch bezahlen. Wer eine lebens- und liebenswerte Stadt will, muss sich an der Finanzierung beteiligen. So schmerzlich das insbesondere für unsere Bürgerinnen und Bürger mit niedrigeren Einkommen ist, die Grundsteuererhöhungen über ihre Mieten mitbezahlen zu müssen, kommen wir da nicht herum. Deshalb war es ein schwerer Fehler des Bürgermeisters, gegen seinen eigenen Vorschlag im Haushaltsentwurf die Grundsteueranhebung abzulehnen und ein Fehler der anderen Ratsfraktionen, bereits in diesem Jahr 2022 für eine Einnahmesteigerung zu sorgen.

Das erhöht im Übrigen den Druck darauf, dass die Stadt viel früher in die Haushaltssicherung gerät und dann wirklich alle ‘freiwilligen Leistungen’ wie kostenfreie Bereitstellung von Turnhallen, Jugendmusikschule usw., eingestellt werden müssen.

Steigende Energiepreise, Engpass beim Gas:
Gas wird knapp und möglicher Weise zum ‚Druckmittel‘ im Ukrainekrieg. Laut Medienberichten werden Zweidrittel der Haushalte in Deutschland mit Gas beheizt.

Redaktion: Wie kann Erkrath in Zukunft unabhängiger von steigenden Energiepreisen werden?

Detlef Ehlert: Gar nicht, denn die Energiepreise für die Primärenergieträger können wir nicht beeinflussen. Selbst wenn wir, was wir intensiv untersuchen und wollen, den Ausstieg der Energieversorgung etwa für die Fernwärme in Hochdahl aus Gas prüfen, hilft uns das bei den Preisen nicht weiter.

Fachkräftemangel:
Seit Jahren ist der ‚Fachkräftemangel‘ Thema. Aktuell auch in der Stadtverwaltung. Unbesetzte Ingenieurstellen erfordern möglicher Weise eine Prioritätensetzung bei geplanten Baumaßnahmen. Aber auch in vielen anderen Bereichen der Verwaltung oder bei Erziehenden und Mitarbeitern in der Sozialarbeit könnte es künftig kritisch werden.

Redaktion: Was schlagen Sie vor, damit die Stadt als Arbeitgeber attraktiver wird? Welche Maßnahmen sollte die Stadt kurz- und mittelfristig ergreifen, um offene Stellen besetzen zu können?

Detlef Ehlert:  Ja, das ist bereits kritisch und es wird auch nicht besser werden. Erkrath im Speckgürtel der Großstädte um uns herum und insbesondere in der Nachbarschaft der Landeshauptstadt kann mit dem Gehaltsgefüge der größeren Einheiten nicht mithalten. Wir müssen also eine familienfreundliche, homeoffice-offene, jedenfalls mitarbeiter:innenorientierte Arbeitswelt anbieten und möglichst viele attraktive Ausbildungsplätze schaffen.

Redaktion: Welche Maßnahmen sollte die Stadt kurz- und mittelfristig ergreifen, um offene Stellen besetzen zu können?

Detlef Ehlert: Über die vorgenannten Maßnahmen hinaus: Stellen befristet auszuschreiben, ist Quatsch, das bringt nichts. 

Stadtweiher:
Der Anstauversuch ist bis November verlängert worden.

Redaktion: Wie soll es Ihrer Meinung nach mit dem Stadtweiher weitergehen?

Detlef Ehlert: Wie geplant. Erfreulich ist, dass der Weiher jetzt – zu wenig – aber immerhin Wasser ‘behält’. Die Überprüfung des vorhanden Gutachtens soll ergeben, was an Maßnahmen ergriffen werden kann (und zu welchen Kosten…), um den Wasserspiegel wieder wie vor Jahren herzustellen.

Persönliches Anliegen:

Redaktion: Welches Thema liegt Ihnen persönlich in Bezug auf die Stadt aktuell am meisten ‚auf dem Herzen‘? (Erklären Sie warum.)

Detlef Ehlert: Das Leben in der Kommunalpolitik ist kein Wunschkonzert, aber ich freue mich über die Frage. Wir haben große Aufgaben bei der Integration von Menschen, die als Geflüchtete neu zu uns gekommen sind, und weiter Menschen aus der Stadt, die aus eigener Kraft es schwer haben, sich hier in die Gesellschaft einzubringen. Da möchte ich helfen.

Ich will eine Stadtentwicklung, die wie oben beschrieben, den Menschen hilft, dass Erkrath vorankommt.

Diese Stadt ist meine Heimat und das ist mir Aufgabe und Verpflichtung zugleich.

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