Revision zur CO-Pipeline durch das Bundesverwaltungsgericht verweigert

Stopp Bayer-COvestro-Pipeline Initiativen Monheim, Hilden, Langenfeld, Erkrath, Ratingen, Solingen, Düsseldorf

Rostige Rohre an der Pipeline-Trasse in Erkrath. Archivfoto: Dieter Donner

Gerichte machen zu und wollen CO-Pannen-Pipeline an den Start lassen

Hat es schon einmal ein solch „krummes“ Verfahren gegeben? Das Hickhack um die seltsame CO-Pipeline könnte als Lehrbuch für die „Verschiebung von Verantwortlichkeiten“ durch Poltitik, Verwaltung und Gerichte in die Geschichte
eingehen.

Das OVG hat in seiner denkwürdigen Entscheidung von August 2021 dem Bau von Giftgas-Pipelines mitten durch Wohngebiete grünes Licht gegeben und nun verweigert das Bundesverwaltungsgericht einen gründlichen prüfenden Blick. Es hätte zum Rechtsfrieden vor Ort beitragen können, die Entscheidung noch mal an höherer Stelle zu prüfen. Leider hat das Gericht die Chance verstreichen lassen.

So müssen nicht nur 110.000 Einwohner in der betroffenen Region darauf einstellen, demnächst tagtäglich mit der neuen Bedrohung leben: eine Giftgas-Leitung, deren Pannen sie beim Bau jahrelang vor Augen hatten.

Für Covestro und andere Konzerne wurde mit der Entscheidung eine Tür aufgestoßen, ihre gefährlichen Substanzen nicht mehr auf dem Werksgelände sichern zu müssen, sondern öffentlichen und privaten Grund dafür zu nutzen – mit höchstem richterlichen Segen.

Die jüngsten Ereignisse rund um die Explosion bei Currenta in Leverkusen haben gezeigt, wie weit es im Ernstfall um die Sicherheitsversprechen von Unternehmen bestellt ist – wenn Politik und Verwaltung Verantwortlichkeiten hin und her schieben.

Wir werden uns die letzte Begründung des Bundesverwaltungsgerichtes noch genau ansehen. Und wir werden als Initiative weiter für bürgernahe und demokratiegerechte Verfahren kämpfen und notfalls auch die Europäische Gerichtsbarkeit bemühen.

Zur Auffrischung der Erinnerung in dem langen Verfahren nachstehend eine Darstellung der bisherigen Stationen und einige der wesentlichen Fragen, die in dem Gerichtsverfahren bisher nicht behandelt wurden.

Der gerichtliche (Irr-) Weg durch das „Verwaltungs- und Verantwortungsdickicht“

Foto: D. Donner
  • Der Genehmigung des Planes am 14.02.2007 folgten Vielzahl von Klagen gegen die Enteignungen und angeordnete sofortige Vollziehung.
  • Der erste Erfolg der Klagenden war der Beschluss des OVG Münster von Dezember 2007 gegen eine Inbetriebnahme; allerdings mit der Zustimmung zum Weiterbau.
  • Im Mai 2009 wurde der Antrag von Bayer auf Freigabe der Inbetriebnahme vom Verwaltungsgericht Düsseldorf wegen “Absenkung des Sicherheitsniveaus“ abgelehnt
  • Im Mai 2011 wurde der Plan für rechtswidrig aber “nachbesserungsfähig“ beurteilt. Eine Planänderungsgenehmigung zur GEO-Grid-Matte musste von der Bezirksregierung mit Zustimmung von Bayer zurückgenommen werden, weil sonst eine Aufhebung der gesamten Planfeststellung gedroht hätte.
  • Im Jahr 2012 stellte Bayer einen umfangreichen Planänderungsantrag, zu dem aus den betroffenen Städten mehr als 24.000 Einwendungen von Bürger*innen, Kommunen und dem BUND NRW die Bezirksregierung Düsseldorf erreichten. Diese Wucht der Einwendungen führte dazu, dass die Erörterung an 3 Tagen in der Grugahalle in Essen stattfand.
  • Im August 2014 kam es zur Berufungsverhandlung beim OVG Münster in der sicherheits-technische Probleme nicht wesentlich behandelt wurden. Stattdessen kam zu der Beschlussvorlage zum Bundesverfassungsgericht (BVG) . Nach Auffassung des OVG wurde das NRW –Rohrleitungsgesetz zur CO-Pipeline für verfassungswidrig gehalten.
  • Ende 2017 kam die Nachricht von einer Kammer des BVG, dass die Vorlage nicht hinreichend begründet sei. Diese Entscheidung der Kammer wurde in der juristischen Fachwelt heftig kritisiert. Dennoch unternahm das OVG keine weiteren Schritte dagegen.
  • Die Bezirksregierung Düsseldorf nahm dies zum Anlass im August 2018 das Planänderungsverfahren im Sinne von Bayer zu genehmigen und auch die „sofortige Vollziehung“ zu gestatten.
  • Zu dieser Entscheidung wurden bis Ende 2018 mehrere Klagen beim zuständigen Verwaltungsgericht Düsseldorf eingereicht, zu den bis heute kein “rechtliches Gehör” gegeben wurde.
  • Im August 2020 kam es zur erneuten Berufungsverhandlung beim OVG in Münster.
    Letztlich wurden alle ( fast 200) Prüfanträge der Kägeranwälte zu grundsätzlichen Rechts- und Sicherheitsfragen sehr pauschal abgelehnt und die 24.000 Einwendungen zum Planänderungsverfahren blieben unbehandelt.
  • Daraufhin haben die Kläger bei dem Bundesverwaltungsgericht die Revisionsbeschwerde eingereicht, die nunmehr von dort verworfen wurde.

Die wesentlichen Kritikpunkte zu dem Planänderungsverfahren
(Aus unserer PM vom 14.September 2018)

Offenbarung im Planänderungsbeschluss
Schutz der CO-Pipeline durch zusätzliche Matten unmöglich

In dem letzten von 18 Ordnern zur aktuellen Planänderung wurden wir fündig. Dort wird der TÜV-Gutachter Engel zitiert:

“Die durchgeführten Versuche mit verschiedenen Geo-Grid-Matten haben gezeigt, dass ein umfassender Schutz der Rohrfernleitung vor großen Baggern durch die verwendeten Materialien nicht erreicht werden kann. Ein vollständiger Schutz der Rohrleitung kann nur durch Abdeckung mit Betonplatten oder Stahlgewebe erfolgen, was aber auch die Zugänglichkeit zur Leitung bei Reparaturen erschwert.”

Trotzdem sollen nun 20 Tonnen schwere Maschinen Felder, Wälder, Gärten der Anwohner und weitere Strecken über mehr als 60 km durchpflügen oder aufgebaggern, um eine weitere Geo-Grid-Matte zu verlegen.

Reparaturbaustelle in Hilden an der Güterbahnstrecke. Archivfoto: Dieter Donner

Das Vergiftungsrisiko wird weiter vernachlässigt. So wird im Beschluss ein darauf zielender Einwand in dem Änderungsbeschluss so abgehandelt:

8.2.3.14. Hinzuziehung eines Toxikologen

Im Erörterungstermin wird danach gefragt, wann bei der Projektierung erstmals ein Toxikologe hinzugezogen worden sei. Die Einwendung wird zurückgewiesen. Bei TRFL-konformer Planung, Errichtung und Betrieb der Rohrfernleitungsanlage ist sichergestellt, dass Freisetzungen des transportierten Mediums nicht auftreten. Die Hinzuziehung von Toxikologen ist nicht gefordert.”

Das Tötungsrisiko soll nicht untersucht und in einem Klageverfahren möglichst nicht verhandelt werden. Wollen Regierungspräsidentin Birgitta Radermacher und ihr oberster Chef Ministerpräsident Armin Laschet tatsächlich ein solches Unglück mit hunderten oder tausenden Toten verantworten? Oder hoffen sie darauf, sich wie der Oberbürgermeister von Duisburg bei der Love-Parade aus der Verantwortung zu stehlen?

Die Städte entlang der Pipeline müssen nun dafür sorgen, dass ihre Bürgerinnen und Bürger von solchen sinnlosen Aktionen verschont bleiben und nicht diesen Risiken ausgesetzt werden. Jetzt sollten sie Klage gegen den Planänderungsbeschluss einreichen und die neuerliche Fremdnutzung der eigenen Grundstücke untersagen.

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